Kalenderblatt für Juli 05

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Im Juli vor 30 Jahren:
Die 120 Tage von Sodom
Bevor Pier Paolo Pasolini am 2. November 1975 in Ostia (bei Rom) ermordet wurde, drehte er im Sommer vor 30 Jahren den bis heute umstrittenen Film "Die 120 Tage von Sodom" zu Ende. Die cineastischen 117 Minuten basieren auf Marquis de Sades gleichnamigen Buch. Auch wenn der Film 1944 in Hitlers faschistischer norditalienischen Marionettenrepublik Salò angesiedelt ist, war es doch ein Kommentar zum von ihm diagnostizirtem Hedonismus der damaligen Zeit, die Pasolini als apokalyptische Verfallsepoche begreift.

Junge Männer und Frauen werden als Lust- und Folterobjekt missbraucht und erniedrigt, müssen Scheiße fressen und werden an der Leine geführt, bevor sie schließlich in einer machtbesessenen Orgie der Mussolini-Nazis zu Tode gequält werden. "In seinem letzten Film entwirft Pasolini, jenseits spekulativer Intentionen und ästhetischer Gefälligkeit, eine schockierende Vision menschlicher Machtbesessenheit und barbarischer Zerstörungslust inmitten hochgeistiger kultureller Verfeinerung."(Filmdienst) Wegen seiner Darstellung von Folter, Vergewaltigung und Mord gilt der Film als eines der umstrittensten Filmwerke und ist in vielen Ländern indiziert. Hierzulande ist der Film seit 2003 ungekürzt zu sehen. In Zeiten, in den ein SM-Club vom CSD ausgeschlossen wird (etuxx berichtete), Folterdramen nicht nur aus den Abu-Ghraib-Gefängnisses nahe Bagdads bekannt wurden und Coesfelder Soldatentrainigs die Gerichte und die Medien nicht nur einmal beschäftigten, ist dieser Film immer noch ein interessanter – wenn auch heftiger und radikaler!- Film, um beim Thema Macht ins Streiten zu geraten. Ein Film, "den man gesehen haben muss, den man aber kein zweites Mal sehen möchte" (Ulrich Gregor).

   Sommerküche:
Zucchinisuppe
Zucchinis gehören zu den so genannten Sommerkürbissen. Dass sie dem Kürbis nicht nur ähnlich, sondern einander eng verwand sind, verrät das Italienische: Zucca heißt Kürbis, Zucchini ist somit die Verkleinerungsform. Es gibt sie in verschiedenen Sorten, am bekanntesten sind wohl die länglichen Grünen. Viel geeigneter zum Füllen sind runde Zucchinis (Bild: Rondinis der Sorte 'Tondo Chiaro di Nizza'). Gelbe Zucchinisorten sind geschmacklich oft etwas intensiver als grüne, aber eher selten auf dem Markt.

Zucchinisuppe à la Reichenow
2 Zwiebeln und
2 Knoblauchzehen in Würfel schneiden, beides in
etwas Olivenöl 5 Minuten anbraten
4 Zucchinis (kleine bis mittelgroße) in Würfel schneiden und zu den bratenden Zwiebeln geben und kurz mitschmoren lassen. Gelbe Zucchinis ergeben eine hellgelbe, grüne eine eher lindgrüne Suppenfarbe. Mit
Wasser bis zur knappen Abdeckung des Schmorguts auffüllen, 5 Minuten köcheln lassen, dabei
etwas Muskatnuss hineinreiben, das
Salz nicht vergessen. Den Topf "vom Feuer nehmen",
250g Quark und
150ml Sahne dazugeben. Alles mit einem Pürierstab sämig mixen.
1 Tomate und
1 Zucchini sehr fein würfeln, dazugeben und kurz aufkochen lassen, mit frischen
Kräutern abschmecken. Eine gute Mischung sind etwas Oregano, etwas Thymian und wenig Liebstöckel. Doch wenn der Supermarkt nur Petersilie hat, muss es die auch tun. Wer's mag, kann zum Schluß auch noch
Pfeffer auf die Suppe mahlen. Mit essbaren
Blüten garnieren; im Bild: sehr würzige Kapuzinerkresseblüten.

Empfehlung: Falls Sie sowohl Suppe als auch Film-Klassiker als Anregung des Kalenderblatts mitnehmen: Erst die Suppe, dann der Film ;-)) Ihr Robert M.

Enkel: Meine Großmutter sagte immer, Zwiebeln und Knoblauch sollen nie zusammen angebraten werden, sondern wenn überhaupt, immer getrennt. Wegen Geschmack und überhaupt.  
Robert M.: Da hatte die Oma komische Lehrbücher oder LehrerInnen ohne Ahnung oder ihre eigenen Kochdesaster falsch interpretiert. Grundsätzlich schmeckt Knoblauch bitter, wenn er zu heiß angebraten wird und dabei braun geworden ist. Das Mischen der beiden Zwiebelgewächse (Alliaceae) ist aber ganz gewiss nicht der Grund für ein Nichtgelingen des Rezepts. Genau aus diesem Grund den Knoblauch nur hacken, der mit angebraten werden soll, und nicht durch eine Knoblauch-Presse drücken, da er so matschgepresst beim Anbraten garantiert "verbittert".  
Brenda: gehören Papayas auch in die Kürbisfamilie? Meinst Du, die könnte man auch noch in die Suppe würfeln?  
Robert M.: Papayas gehören nicht in die Kürbisfamilie (Curcubitaceae), sondern zu den Melonenbaumgewächsen (Caricaceae). Mit unreifen Papayas, die noch kaum Zucker enthalten, kann man bestimmt variieren, z.B. die Tomate oder die Kräuter ersetzen. Süße (reife) Papayas hingegen kämen mir nicht in die Suppe, aber ich mag auch keine Rosinen im Curry oder Risotto.  
Kleine Anfrage: Robert, wenn du Kapuzinerkresse verwendest: entfernst du dann vorher die Blattläuse oder lässt Du sie dran?  
Robert M.: Die 3000 Arten der Unterordnung Aphidina (Blattläuse) gehören zur Ordnung der Sternorrhyncha (Pflanzenläuse) und sind in allen Morphen (unterschiedliche Erscheinungformen) essbar und ungiftig. Im hiesigen Kulturgebiet gehört das Essen von winzigen, lebenden, krabbelnden Insekten in den wenigsten Kreisen zum ansozialisierten Nahrungsaufnahmeverhalten. Für gewöhnlich löst das Essen von Insekten (Entomophagie) in der westlichen Industiewelt Ekel aus, anderswo werden damit bedeutende Mengen des menschlichen Eiweißbedarfs gedeckt. Ich selber schüttle die Blüten aus, soll heißen: esse Blattläuse auch nicht mit.  
Keine Anfrage (mehr): Vielen Dank, Robert. Man kann auf etuxx ja richtig 'was lernen. Die Zucchinisuppe werde ich nachkochen. Und die Garnitur hole ich mir von meiner Nachbarin. Die züchtet nämlich Blattläuse, pardon: Kapuzinerkresse.