Rein bevor's kommt!
von Undine Undulanz
spritze
Die Wortschöpfungen der HIV-Medizin sind doch immer wieder erstaunlich. Wenn wir uns durch Abkürzungswälder wie "HAART" (hochaktive antiretrovirale Therapie) gekämpft und auch die "Fettumverteilung" geschluckt haben (die es nicht gibt, da nichts von einem auf einen anderen Ort umverteilt wird) - ja wenn wir schliesslich Erfindungen wie "Viruslast" herunterwürgen und einmal alle Vorstellungen von Psychosomatik und Auswirkungen solcher Begriffe auf unser Selbstwertgefühl über den Haufen schmeissen, dann gibt es jetzt etwas Neues: die "Therapeutische Impfung".

Da glaubt doch nicht nur der medizinische Laie, eine Impfung sei ein Schutz vor der Infektion, wie das eben bei Impfungen gegen Hepatitis, Typhus, Tetanus etc. auch der Fall ist. Weit gefehlt! Die Pharmaindustrie hat mittlerweile längst die Benennungshoheit erobert, und Widerstand gegen diesen linguistischen und logischen Unsinn regt sich kaum. HIV-MedizinerInnen fühlen sich auch nur selten bemüssigt, dem Quatsch ein Ende zu bereiten. Immerhin die Deutsche Aids-Gesellschaft und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) weisen in einer gemeinsamen Erklärung darauf hin, dass die Begriffe „Impfstoff“ und „Impfung“ dem medizinischen Laien einen umfassenden Schutz vor einer HIV-Infektion suggerieren, der in der Realität nicht gegeben ist.

So soll denn die therapeutische "Impfung" nicht vor HIV schützen, sondern im Gegenteil bereits Infizierten erlauben, ihrem Immunsystem auf die Sprünge zu helfen und die HIV-spezifische Abwehr zu stärken (HIV-spezifische Abwehr, so etwas gibt es tatsächlich, nur soll sie in der Frühphase der Infektion verloren gehen, aber viel bekannt ist darüber nicht). Gemeint ist also eine Immuntherapie, ähnlich wie bei Interferon, als Ergänzung der antiviralen Chemotherapie.

Da die Erfolgsaussichten von "Impfungen" gegen HIV in letzter Zeit häufig sehr optimistisch in der Presse dargestellt werden, besteht nach Angaben der BZgA die große Gefahr, dass der in Deutschland erfolgreiche und wirksame Ansatz der Prävention durch Aufklärung mit dem Ziel der Verhaltensänderung beschädigt und somit auf die notwendigen Maßnahmen (insbesondere „Safer Sex“) verzichtet wird. Man stelle sich vor: das Kondom bleibt in Zukunft zuhause - wer in den Darkroom will, lässt sich an der Bar eine Spritze geben...

"Keiner der bisher beim Tier oder beim Menschen getesteten Impfstoffe scheint Infektionen mit den Immunschwächeviren wirklich verhindern zu können. Es ist deshalb fraglich, ob ein Immunschutz, der die HIV-Infektion vollkommen verhindert oder nach kurzer Zeit eliminiert, durch Vakzinierung überhaupt induziert werden kann." (Dt. Ärzteblatt)

Sämtliche Versuche am Menschen, eine echte Schutzimpfung - also für bislang Nicht-HIV-Infizierte - zu entwickeln, sind bislang fehlgeschlagen. Sie verfälschen höchtens die Testergebnisse, indem gegen HIV Geimpfte hinterher HIV-positiv sind, obwohl sie nicht wirklich infiziert sind. Im nächsten Jahr startet nun in Thailand ein 35-Mio-Euro-Gemeinschaftsprojekt des US Military AIDS Research Program, des thailändischen Gesundheitsmininsteriums und der Firma Aventis (ehemals Hoechst), in dem 16.000 Menschen den Versuchsimpfstoff bzw. ein Placebo gespritzt bekommen und über einen Zeitraum von 3 Jahren dahingehend beobachtet werden, ob es Unterschiede in den Infektionsraten gibt. Man wird sehen.
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