Afghanistan:
These Men Are Not Allright
von Sascha Berlinskij


Bisher zum Thema auf etuxx erschienen:
  • Sieben Thesen gegen einen Krieg von Christoph Spehr
  • Die Linke nach den Attentaten von Bodo Niendel
  • Terror in den USA von Revolutionary Association of the Women of Afghanistan
  • Schlachtfelder - Transnationale feministische Positionen gegen den Krieg




    Bei der diesjährigen Buchmesse in Frankfurt am Main, die etwa einen Monat nach den Anschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon stattfand, schob sich, durch diese Ereignisse befördert, eine Frage in den Vordergrund, die im Zeitalter des Internet angeblich längst schon entschieden war: Wie aktuell kann das Medium Buch sein? Können die Verleger mithalten in der Informationsbranche? Die Antwort: sie können. Wenn sie sich auf die Stärken ihres Mediums besinnen. Und wenn sie erkennen, dass wirkliche und gute Informationen längst nicht so schnell veralten, wie die Hektiker des Tagesjournalismus uns allen weismachen wollen.

    Das Buch, um das es hier (und mir) geht, wurde bereits im vergangenen Jahr in seiner englischsprachigen Originalversion (in London) veröffentlicht und liegt nun, um einiges Aktuelle ergänzt, in einer vertretbaren deutschen Übersetzung vor: Der pakistanische Journalist Ahmed Rashid hat einen umfassenden Bericht über die Geschichte der Taliban-Bewegung verfasst, der zugleich als eine Einführung in die ethnischen und religiösen und oft und banalerweise: die Macht-Konflikte in Afghanistan seit der sowjetischen Intervention gelesen werden kann. Es ist ein beschreibendes und erkärendes, aber kein theoretisches Buch.

    Und es ist eine zutiefst desillusionierende Lektüre, zumindest für alle, die Politik idealerweise, nein: in irgendeiner Weise noch mit Moral verbinden. Eine Geschichte über Warlords, Bereicherung, Heuchelei, Menschenverachtung, Folter und Mord. Mit dem Ergebnis, dass es keine, aber auch gar keine, Kriegspartei in Afghanistan gibt, der man das Schicksal des Landes und der Menschen dort überantworten möchte. Mit vielen "Teilergebnissen" auch, so etwa, dass das Taliban-Regime zu recht als "klerikalfaschistisch" bezeichnet werden kann, und am Ende vielleicht mit der ein oder anderen "kleinen" Erkenntnis: Osama bin Laden und die al-Quaida schrumpfen von der Rolle der "Antichristen" schlechthin, zu denen sie in der westlichen Welt so gerne stilisiert werden, auf das Niveau banaler Verbrecher.

    Das Buch von Ahmed Rashid ist auch eines über die gesamte islamische Welt und über die Aufklärung, die sie schon hinter sich zu haben schien, als die europäische Aufklärung einsetzte, darüber also, was die islamische Welt nun (hoffentlich) noch vor sich hat. Gegenwärtig aber scheint keine Verständigung zwischen den "westlichen Demokratien" und "dem Islam" möglich, d.h.: jede Verständigung wäre nur eine scheinbare, allenfalls an ökonomischen und an Macht-Kriterien orientiert. Dies zu akzeptieren (um es vielleicht einmal überwinden zu können), ist die grösste Herausforderung an die internationale Politik. Oder anders: Eher tritt China der NATO bei, als dass es eine Einigung zwischen theokratischen und säkularisierten Auffassungen über gemeinsame "non-negotiable standings" gibt.

    "Taliban" von Ahmed Rashid ist in der deutschen Übersetzung von Harald Riemann im Verlag Droemer erschienen und kostet bis zur Jahreswende 38,92 DM, ab 1.1.2002 dann 19,90 Euro.

  • Leo: Muß ich für die Taliban sein, wenn ich gegen die NATO bin? Die jungle World hat dazu  Sinnvolles zu sagen...
    Sascha B.: Du musst nicht mal für die Nordallianz sein, wenn Du gegen die Taliban bist! Es gibt sogar eine Perspektive, die Dir erlaubt, gleichermassen gegen die Taliban, die Nordallianz und die NATO zu sein! Man könnte sagen, dies wäre eine humanistische Perspektive :-)  
    Blöde Anmache: Ah ja: etuxx-Publikum verhält sich wie Medien-Mainstream-Publikum: Kaum ist der Krieg (fast) vorbei, kräht kein Hahn und keine Henne mehr nach den Verhältnissen. Ist ja auch schick, fundimässig gegen den Krieg zu sein und sich um die Details nicht weiter zu kümmern, sobald diese virulent werden...  
    von etuxx wird zurückgeschossen: an anmache: Du darfst gern wieder eine steile These formulieren, wir springen alle wieder auf den Zug auf ... ;-)  
    Professor Knoppers: Die steileste These ist IMHO, daß "Details virulent werden".  
    Sascha B.: Was heisst denn "IMHO", Professor? Ist das eine islamistische Organisation? Bedeutet es vielleicht: "In My Holy Opinion"? Bitte um Aufklärung!  
    Hahn und Henne (krähend): Nahost, Kaschmir, Sri Lanka, Turkmenien, Tadschikistan, Usbekistan, Georgien, Aserbeidschan, Kongo, Burundi, Sierra Leone, Eritrea, Äthiopien, Somalia, Indonesien! Watch out! Die Wunschzettel vom Werderschen Markt waren schon immer  lang!
    Sascha B.: Genau. Ich zitiere: "Reisewarnung: Das Auswärtige Amt warnt ausdrücklich vor Reisen nach oder durch Afghanistan, in dem seit Jahren ein Bürgerkrieg mit ständig wechselnden Fronten herrscht.". Als "virulente Details" in dieser Hinsicht gelten laut AA: US-Bomben, Minen, Malaria und fehlende Menschenrechte. Dabei könnte sich eine Reise durchaus lohnen: 25 Mio. Dollar gibt´s nicht mal bei Günter Jauch zu gewinnen...  
    Erneute Anmache: Hey, das war schon eine ernst gemeinte Kritik: Wenn es um "allgemeine" Fragen geht, die sich prima "moralisch aufladen" lassen, dann wird hier gestritten, was das Zeug hält. Sobald aber die Lage komplizierter wird und man sich auf etwas einlassen müsste, was der eigenen Kultur fern steht, machen sich Desinteresse und Sprachlosigkeit breit. Die Süffisanz à la Prof. Knoppers oder Sascha B. ist im Grunde ein Armutszeugnis.  
    Virulentes Detail: Eine Vakuumbombe ist eine konventionelle Waffe mit der Sprengkraft einer A-Waffe. Sie werden in diesem Krieg das erste Mal seit Vietnam wieder gegen feindliche Stellungen eingesetzt:  Daisy Cutter
    Virulentes Detail: Und so sieht das im Einsatz aus  Fotoserie 1
    Virulentes Detail: Noch mehr Fotos  Fotoserie 2
    Die dumme Glatze: und wer das bomben mal selbst probieren möchte:ACHTUNG, RECHNER KANN LEICHT ABSTÜRZEN, WENN SYSTEMANFORDERUNGEN NICHT ERFÜLLT!  Das Osama-Spiel
    Die dumme Glatze: @ glatzenkommentator: yepp, das iss so. osama schickt einen als passagierflugzeug getarnten schlümm-virus direkt auf den zum bomben-spielen zweckentfremdeten pc. aba wer bomben will, muss dazu eben auch eine super-(kompjuter)-macht sein.  
    oadma ben system: und beim absturz geht auch die extuxx-editier-funktion kaputt. es kann passieren, dass plötzlich die eigenen kommentare inmitten von beiträgen anderer user erscheinen.