PACS à trois
oder: die Homoehe für Riester


von Robert M.

Begannen letztes Jahr um diese Zeit die Medien damit, das Sommerloch mit der «Entdeckung des Rechtsradikalen» zu füllen, so wird man dieses Jahr wahrscheinlich auf die Homos kommen. Schliesslich hat "Wowi" den Startschuss dafür abgegeben... . Karlsruher Bundesverfassungsrichter werden am nächsten Mittwoch (18.7.) pünktlich zur parlamentarischen Sommerpause mit der Entscheidung zur Homoehe nachsetzen. Noch ein, zwei Focus- oder Sterntitel, und schon ist das Sommerloch gestopft.

Selbst wenn die linke Homowelt darüber meckern wird: ein wenig kann ich der Homoehe schon abgewinnen, ihrem Beitrag zum Verrücken des gesellschaftlichen Bewusstseins, dass es sie nämlich gibt die Homos und dass sie auch nur mit Wasser kochen. Im Jahr 1989 (Ein großes Jahr: Berliner Mauerfall, die erste Loveparade, der Autor dieses Textes wurde 20) gab Dänemark den Startschuss für die Homoehe, und scheibchenweise folgte Skandinavien mit Homo-Partnerschaftsgesetzen, in denen die gegenseitige gesetzliche Unterhaltspflicht, das Erben und sozial- und steuerrechtlich einiges füreinander geregelt wird. Die Oranje-Fahne der Liberalität, die Niederlande, überholten vor kurzem, indem sie die Sache mit der Kindesadoption dazugaben.

Eike Stedefeldt zur deutschen Homoehe, die dem skandinavischen Modell ähnelt, in einem Interview mit der Jungen Welt: "Dieses Gesetz will Sexualität der paarweisen, monogamen Partnerschaft zuordnen. Menschen sind aber nun mal promisk, haben Sex nicht nur mit einem Partner. Gerade in der Schwulen- und Lesbenszene wird Sexualität sehr frei gelebt. Plötzlich entsteht ein Normendruck für alle freigewählten Lebensweisen. Ich kann mich dieser Sache entziehen - gehe also nicht zum Standesamt -, bezahle das aber mit völliger Rechtlosigkeit. Gehe ich dorthin, bekomme ein Gesamtpaket übergeholfen, das meiner Lebensrealität nicht entspricht. Es ist das völlige Gegenteil von Wahlfreiheit der Lebensweise." Womit der Gute aber unrecht hat, bzw. nur teilweise recht. Das Gesetz orientiert sich zwar an der abendländischen Mann–Frau–Zweierkiste, sagt aber nichts zur monogamen Sexualität. Geschützt werden soll die "gemeinsame Bindung", und das finde ich sogar richtig. Wie das Sexualleben der Einzelnen gestaltet wird, entscheiden die beiden noch selber. Der rot-grüne Entwurf geht eben an der kirchlichen Oblaten- und Wein-Gebots-Mentalität des "Lass dich nicht gelüsten deines Nächsten Weibes, noch seines Knechtes noch seiner Magd" vorbei.

Und doch hat Stedefeldt darin Recht, dass eben ein europäisches Ehe-Modell sich immer eher am Christentum orientiert als an den aktuellen Lebensrealitäten vieler Homos. Es bleibt jetzt aber die Frage, was aktuell mehr Wirkung hat: Dass die Homo-Ehe diese "grundgesetzgeschützte kirchliche Ehemoral" aufweicht oder dass die Homos einen Schritt weiter an den konservativen Suppentopf geführt werden?

Die PDS zeigt Utopien, und Frankreich zeigt reale Alternativen auf. Der demokratisch-sozialistische Entwurf (eine Weiterentwicklung des BVH-Modells) (BVH = Bundesverband Homosexualität) spricht von geschlechts- und sexualitätsunabhängigen Wahlverwandtschaften. Unter der Trikolore hingegen gibt es PACS: Der so genannte "Zivile Solidaritätspakt" (PACS) sieht vor allem die gemeinsame steuerliche Veranlagung, Gütergemeinschaft und bevorzugte Erbbestimmungen vor. Die gemeinsame Kindesadoption ist nicht möglich. Nach französischem Recht ist aber die Adoption eines Kindes auch durch Einzelpersonen legal. Im Unterschied zu Ehen wird dieser Pakt nicht im Rathaus, sondern vor dem Amtsgericht geschlossen oder aufgelöst. Der PACS ist keine besonders auf Homosexuelle zugeschnittene Rechtsform, sondern steht grundsätzlich allen Paaren gleich welchen Geschlechts offen. In Paris wird der Anteil Homosexueller bei PACS-Paaren auf 75 Prozent geschätzt, in der Provinz seien dagegen heterosexuelle Paare beim PACS in der Mehrheit.

Alle Priester und Riester predigen seit einiger Zeit, dass die Bevölkerungspyramide sich umkehre, dass die Rente bald nicht mehr reiche; für die heute 20 bis 30-jährigen schon lange nicht . Die Moral sei am Untergehen, selbst die Heteros seien zu faul zum Kindergroßziehen. Wenn die regierenden Bundeshirne doch diese Sachen einfach miteinander verknüpfen würden, und nur einmal auf die Ehescheidungsraten schauten, kämen sie eventuell auf ganz neue Alternativen. Zum Beispiel, dass kinderlose Gemeinschaften (egal mit wie vielen Beteiligten und mit welchem Sex, oder auch ohne Sex) zwar gefördert werden müssten, z.B. im Mietrecht (ein PACS für WGs und "wilde Ehen" egal welcher Couleur); aber finanziell brauchen diese Beziehungsformen keine Erleichterung. Hingegen sollte man Nester, in denen Kinder aufgezogen werden, egal ob mit allein stehendem Vater oder in der Vierer-WG, viel mehr als über die Mütterregelungen und das Kindergeld fördern. Und wo wir schon beim Kinderkriegen sind: ein Adoptionsrecht für Nicht-Ehe-Gemeinschaften und Einzelpersonen wäre dazu erforderlich. Nach der Sturm- und Drangphase der meisten Homos kam bei vielen schon der Kinderwunsch.

Kritiker, und derer gibt es viele, behaupten, Kinder würden durch eventuelle "Bezugspersonenwechsel", was bei lockeren Gemeinschaften viel wahrscheinlicher ist, in ihrer sozialen Entwicklung gestört. Dem kann man entgegenhalten, dass der angebliche "Ehe-Kitt" auch nicht besser hält, denn immer mehr Kinder werden ausserhalb der Ehe geboren, immer mehr Ehen werden geschieden. (Nur weil die Fristen für die Scheidung so lang sind, heißt nicht, dass die permaneneten Ehekriege gut für die Kinder sind.

Doch solche Zukunftsmelodien lassen sich als Alternativen nur sehr schlecht verkaufen; besonders der Bundestag und der Bundesrat sind schlechte Märkte dafür. Vielleicht ist die Homoehe ein Schritt in die richtige Richtung, nicht im direkten Sinne, aber das Denken in Hetero-Zweierkisten kann mit der Homoehe gesetzlich aufgeweicht werden, damit es unwichtig wird - und das Kind in Vordergrund steht. Der Paragraph 175 wurde erst vor einem Jahrzehnt mit der DDR-BRD-Homohochzeit abgeschafft und jetzt soll "schon" die Homoehe angeschafft werden!

zum Thema bisher auf etuxx erschienen:
  • Bindungen - Will you ever love me, darling?

die entscheiden es
Gigi: Eure Beiträge zum Thema Homo-Ehe sind ja wahrlich mitreißend und radikal entschlossen in ihrer Formulierung eines Gegenprojekts zur bürgerlichen Ehe! Kein Wunder, dass die Linke keine Rolle in der Debatte mehr spielt, wenn sogar Ex-Autonome zu moderaten LSVD'lern mutiert sind. Ich bin ja mal gespannt, ob die Leute, die das Maul über die Destruktivität der Homo-Ehe-KritikerInnen so weit aufgerissen haben und nun das LPartG als einen ersten, vernünftigen Schritt in Richtung Aufweichung der Ehe feiern, nach Inkrafttreten des Gesetzes noch die Kraft für ihren angekündigten nächsten Schritt finden. Very amusing, indeed!  
Eule: es ist das alte Problem; wenn man keine Revolution macht, müssen alle Schritte langsam und nacheinander gemacht werden. Bis zu einem gewissen Maße ist auch fortschrittlich, dass Frauen jetzt an die Waffen dürfen. u.s.w.  
Gigi: Hallo Eule: Willst Du mich zum Lachen bringen? Mit der SPD zum Sozialismus!  
Gigi: Was heißt denn überhaupt die Phrase: "Bis zu einem gewissen Maße". Wahrscheinlich ein Fall für Karl Kraus.  
Gigi: Aber vielleicht kannst Du mir ja nochmal erklären, warum die Ausweitung der Ehe ein Schritt zu ihrer Abschaffung sein soll. Ein Irrglaube, auf den schon Jacques Lacan hinwies: dass Homosexualität pervers sei und Perversion subversiv.  
Eule: Marshmellows, Plateauschuhe - alles voll die perversen Sachen - und vor allem nicht subversiv. Einer Elfenbeinturmlogik mag sich Perversion als an sich subversiv "performieren". Mir aber nicht. Dem Autor Robert M. schien ja jetzt die Homoehe auch nicht zu begeistern, aber ich fasse seine frankophile PDS Ausschau durchaus als seine Vision auf. Noch klammern sich vor allem ältere Generationen an diesen Ehehalm, und auch ihr Bild muss aufgeweicht werden. Verbalradiakale mögen gern mehr fordern, doch was ist denn im Moment machbar?  
Eule: Direkt wird keine Homoehe die Ehe abschaffen. Aber auch Du darfst Deine "besseren" Ideen, den Menschen nicht einfach überstülpen, sie müssen es begreifen. Und dieses kollektive Begreifen ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, quasi die Homoehe als trojanisches Pferd für Omas befreite Sexualität.  
Gigi: Liebe Eule, das Argument, der Einschluss der Homosexuellen in die Ehe weiche diese auf, beruht eben auf dem Kinderglauben, dass Homosexualität irgendwie pervers und daher subversiv sei. Genau das habe ich zu bestreiten versucht. Meines Erachtens musst Du auch mehr auf die Bedeutung bestimmter Worte achten, um dich nicht in leerer Rhetorik zu verlieren: Man kann "Ideen" niemandem überstülpen, sondern nur: sie vertreten. Und das einigermaßen vehement, wenn man kein Opportunist ist.  
Gigi: Etwas Progressiveres als das LPartG (wie etwa der französische PACS) wäre allemal möglich gewesen, wenn Leute sich nicht permanent auf die momentane "Machbarkeit" berufen hätten, um ihre konservative Politik rhetorisch zu rechtfertigen. In Wirklichkeit ist die "Homoehe" ein Projekt, das in den letzten zehn Jahren in der Lesben- und Schwulenbewegung gegen fortschrittlichere Alternativen durchgesetzt wurde, die sogar wesentlich wahrscheinlicher waren.  
An Gigi:: Welche Alternativen waren wahrscheinlicher?  
Sascha B.: Ich sehe nach wie vor folgende Konfliktline: den "fortschrittlicheren Ansätzen" ging es immer um eine ENT-Privilegierung der Ehe, während die Reformisten weitere Lebensformen rechtlich etablieren woll(t)en. Diese Bevorzugung ist aber grundsätzlich ein Skandal, weil sie nämlich den Ausschluss anderer schon enthält. Der Gleichheitsgrundsatz steht als Menschenrecht über dem reaktionären Modell Familie.  
Eule: f.Gigi: schön, dass Du mich auf die nuancierte Ideenüberstülpbarkeit hingewiesen hast, aber ich schreibe hier dann schon immer drauf los, und mache das nicht professionell. Damit must Du bei mir leben. Anyway: Selbstverständlich betrachte ich die Homoehe nicht als Krönung, aber wie würdest du denn was machen, durchsetzen, anbringen? Du stellst Dich hin und schreist laut auf: Homoehe ne ne ne, hätte, wenn und aber. PS: Homoehe ist für viele genauso pervers wie 3 Elternteile oder ein Mix aus Miet- und Aussageverweigerungsrecht auf 3 Jahre angelegt.  
Gigi: "Welche Alternativen waren wahrscheinlicher" - Wenn man der Rhetorik der CSU Glauben schenken darf, dann waren jene Alternativen wahrscheinlicher, die Verwandtschaftsrechte zum Beispiel auch für zwei oder drei in einer Wohnung zusammenlebende katholische Lehrerinnen bedeutet hätten - unabhängig von deren sexueller Orientierung. Zugleich hätte dies auch eine Subversion des lesbisch-schwulen Identitätsmodells bedeutet und eine Alternative zum homosexuellen Sondergesetz, das jetzt von Rotgrün verabschiedet wurde.  
Gigi: Mit einem Wort: so etwas wie eine Mischung aus dem französischen PACS und der vom Bundesverband Homosexualität (BVH) 1986 als Gesetzesentwurf entwickelten "Beglaubigten Partnerschaft", welche die Zahl der Partner nicht auf zwei beschränkte und damit auch für Wohngemeinschaften oder ähnliche Lebensformen gedacht war.  
Robert: Nun da auch Gigi beim "PACS á trois et plus BVH" angekommen ist (Ich habe nicht umsonst gerade dem PACS einen Riesenabschnitt gewidmet.), können wir diskutieren, wie man hätte anders vorgehen müssen, um nicht die Homoehe auf dem Tisch zu haben. Der selbsternannte Alleinvertreter der Lesben und Schwulen (LSVD) hat es fast geschafft, seine Homo-Rama-Idylle durchzusetzen. Linke Strukturen (z.B. whk ) streiten separat ohne Lobby vor sich her. Wäre die Schaffung eines Gegen-LSVDs, der durchaus bereit sein müsste, Verhandlungen mit der jeweiligen Regierung zu führen, sinnvoll? Oder endet man mit jeder Art von Lobbypolitik im Anpassungs- und Kompromisssumpf?  
OnAn: Vielleicht können wir hier einmal grundsätzlich darüber nachdenken, warum überhaupt die eine gegenüber der anderen Lebensweise staatlich (bzw. gesellschaftliche) Anerkennung erfahren soll. Warum ist die Zweier-Beziehung (egal welcher sexuellen couleur auch immer) eigentlich "besser" und deshalb prädestiniert? Kann mir jemand mal ein einziges plausibles Argument liefern? Der Beitrag von Sascha B. trifft den Nagel auf den Kopf. In diesem Sinne lehne ich jeden Reform-Vorschlag ab. Es gibt nämlich nicht einmal ein taktisches Argument dafür.  
Kolja: Yepp, ich fände es auch schlauer, statt über das "wäre" und "hätte", nun über "was tun?" nachzudenken. wie kommt man aus dem strukturellen problem heraus, dass der lsvd zwar nicht die mehrheit der lesben, schwulen und sonstigen perversen vertritt, aber von der regierung einfach als vertretung akzeptiert wird?  
Kolja: Zudem erdreiste ich mich, darauf hinzuweisen, dass das LPartG nun wiederum ungeheur umständliche, weil bei einer anderen lösung wesentlich einfacher gewesene modifikationen am transsexuellengesetz (TSG) notwendig macht: die notwendige scheidung muss in scheidung oder umwandlung der ehe in eine ep umformuliert werden, ebenso ist der im TSG festgelegte zwang zur fortpflanzungsunfähigkeit wohl hauptsächlich zum schutz vor homosex in heteroehen bestimmt worden. so oder so ein problem, was auch bei entprivilegierung der ehe steht.  
Eule: Robert, das ist schwierig. Am liebsten definiert man sich über Abgrenzung, selbst in den "eigenen Reihen" scheint das wichtig. Das ist ähnlich wie bei CSD, hinter ein paar Großveranstaltungsorganisatoren läuft der Mob. Linke Splitter klopfen Grenzen fest und bellen laut. Stell Dir vor, das whk, die Aidshilfe, etuxx und die Rattenbar würden irgendwas zusammen wollen. Saufen und Ficken, wenn's hoch kommt - mehr wär nicht drin. Oder treten Teile dieser Splitter deswegen der Schenck-PDS bei, um Wahlverwandtschaften durchzusetzen.  
Eule: für OnAn: Kinder-, Kranken- und Seniorenbetreuung, finde ich, dürfen schon eine besondere gesellschaftliche Anerkennung erhalten. Und vor allem, wenn sie nicht vom Roboter oder am Fließband im Seniorenheim stattfindet, sondern im "Familienverbund". Bleibt nur zu klären, wie man den Familienbegriff definiert. Und dem Gesellschaftswesen Mensch sollten auch seine engen sozialen Bindungen geschützt werden. (Besuchsrecht im Hospital ...)  
Eule: und jetzt tschüss, ich fahr in Urlaub. bis in 14 Tagen  
OnAn: Das ist in meinen Augen noch kein Argument, die Zweier-Beziehung zu pushen, liebe Eule, im Gegenteil. Eine Familie oder familienähnliche Konstellation per Selbstdefinition ist noch kein Garant für solidarische Hilfe gegenüber Bedürftigen. Wenn dann müßte Solidarität gefördert werden, aber nicht so etwas Nebulöses, das auf dem Papier per Vertrag scheinbare Konkretion erhält. Es gibt viele einzelne Personen, die sehr viel solidarischer sind, als Partner untereinander.  
Beate: ich bin jetzt tot  
...und die Homos dürfen jetzt heiraten: Der  Eilantrag Bayerns und Sachsens abgelehnt
Robert: Homos sprechen gern von Familie, wenn sie ihre soziale Bezugsgruppe meinen, die einer "familienähnliche Konstellation" (OnAn) entsprechen. Eine Versicherung gegen alles mögliche ist das natürlich nicht. Ob nun "materiell oder emotional", die gegenseitige Hilfe in Familien (traditionell oder selbst zusammengestellt) ist aber größer als zum Rest der Welt. Das sollte ruhig staatlich gefördert werden, weil eine Versicherungspolice eben nur Geld bietet, aber keinen sozialen Halt. 2- oder mehrmenschig, auf Zeit oder auf "ewig"! Aber solche modernen Partner- und Freundschaftsgeflechte als Ehe(er- oder zu-)satz sind gesellschaftlich noch nicht mehrheitsfähig. Bleibt die Frage, wie werden sie das?  
die Dämmerung: Ehe als Grundlage für die klassische Familie mit Kindern. Die Trennung der Ehe von der Kirche war der Anfang vom ihrem Ende (heute = Standesamt). Die Ehe begann mit der Befreiung der Frauen vom Herd und der Einführung der Pille immer mehr zu bröckeln. Die dumme Homo-Ehe ist ein weiterer Schritt, sie moralisch zu degradieren. Inzwischen ist die "Rama-Familie" nur eine unter mehreren lebendigen, auch lebensfähigen Gemeinschaftsmodellen. Die Vater-Mutter-Kind-Struktur existiert bald nicht mehr als Mehrheitsmodell des Zusammenlebens. Langsam beginnt es auch auf staatlicher Gestaltungsebene zu dämmern, was gesellschaftlich längst Realität ist.  
Penny Budnikowsky: Die Homofamilie erbringt bei weitem nicht die Solidaritätsleistung einer klassischen Familienkonstellation. Die Verantwortung für einander endet mit der Sympathie. Man stelle sich das in klassischen Familien vor: die Rangen geben Widerworte, schrotten Papas Anlage, und so allmählich zieht sich der Papa aus der Verantwortung zurück.  
Penny Budnikowsky: Nönö, daß die Gesellschaft Kollektive fördert, ihre Leistung mit Steuervorteilen, Zuschlägen und Solidaritätsbekundungen honoriert, das ist schon ganz in Ordnung. Es ist vielmehr ein Skandal, daß als öffentliche Option gegen die Vereinzelung einzig die Heteroehe offengehalten wird.  
Penny Budnikowsky: Da ist die Homoehe ein wichtiges Zeichen, und es bräuchte diese Single-Gesellschaft noch viel mehr "Ehen"- und "Familien"-Modelle. Wer aber schon an der 6-Monats-Zweierbeziehung chronisch scheitert, der muss jedweden Versuch, sich über die reine Sympathie hinaus fest zusammen zu schliessen, natürlich als Weg der Anpassung verteufeln.  
Penny Budnikowsky: Das Unbehagen am LSVD ausgerechnet am Projekt Homoehe festzumachen war ein kapitaler politischer Fehler, das ist mal festzuhalten.  
Penny Budnikowsky: Wenn ich gross bin, heirate ich meine Genossen. Homoehe war gestern. Ich fordere als erste weltweit die GENOSSENSCHAFTSEHE.  
nu!c: ehe hin, ehe her -- das ist längst langweilig (und diese bemerkung eine xxx. wiederholung). hier wird immer zweierlei zusammen diskutiert, ohne dass dies überhaupt klar benannt wird. zum einen sprechen wir über die ebene stabiler persönlicher beziehungen, zum anderen über vertragsverhältnisse in der bürgerlichen gesellschaft. verträge gehören in gewissen fällen zum umfeld der beziehungen, sind darin aber nur ein element unter vielen. ich bin dafür, mit dem eigentlichen punkt zu beginnen: was macht verlässliche, dauerhafte persönliche beziehungen aus? wie entstehen sie, wie können sie befördert werden, was stört und zerstört sie? diskutieren wir also über eine politik der freundschaft.  
Immanuel Kant: Die Ehe ist kein Sakrament, sondern ein Vertrag zur gegenseitigen Benutzung der Geschlechtsorgane. Alle anderen hier diskutierten Aspekte sind idealistischer Schmus und gehören auf die Klatschseite. Heiraten! Aber subito!  
Für Immanuel: Halt's Maul!  
Robert: an den unbekannten Schreiber des letzten Kommentars: Ich weise noch einmal auf unsere "Spielregeln" (siehe Kleingedrucktes) hin: "Wir möchten, dass hier ein offenes Diskussionsklima herrscht, in dem sich die TeilnehmerInnen gegenseitig achten. Und wir wollen, dass am Thema diskutiert wird. Deshalb behalten sich die jeweiligen ModeratorInnen vor, Beiträge auch zu löschen."  Spielregeln nachlesen
Sascha B.: nu!cs Differenzierung ist ganz wichtig (weil wir ab und zu doch mal reflektieren müssen, was hier durcheinander geht): Offenbar liegt auch uns, die wir alle irgendwie links und kritisch sind, einiges an stabilen sozialen Beziehungen. Die Institution Ehe und das Konstrukt Familie taugen zweifellos dazu, soziale Beziehungen zu stabilisieren. Sie sind Mittel gegen die ständige Angst, "allein auf der Welt zu sein". Das können wir ruhig annehmen...  
Sascha B.: Wenn ich Einbrüche oder Brände fürchte, schliesse ich eine Hausratversicherung ab. Und wenn ich fürchte, alleingelassen zu werden, dann heirate ich, nicht wahr?! Ich bin sicher nicht der einzige hier, der grundsätzliche Probleme damit hat, soziale Beziehungen, die idealerweise solche unter Gleichen sind (im Gegensatz zu Arbeitsverhältnissen z.B.), verrechtlichen zu wollen. Ich halte das in JEDEM Sinne für anti-emanzipatorisch.  
Sascha B.: Pennys Phantasie einer "Genossenschaftsehe" kann ich allenfalls als spontihaften Versuch der Subversion ansehen (tauglich für ein hübsches Transpi - aber nicht für´s Leben). Wir müssen die Anstrengung, unsere sozialen Beziehungen aufrecht zu erhalten, eben Tag für Tag auf uns nehmen. Und das ist (Entschuldigung !) auch gut so!  
lidl schlecker: Hoppla. jetzt hätte ich beinahe diesen astreinen foo verpasst. schnell noch mein scherflein, bevor er im archiv verschwindet. stellen wir uns eine skala von -5 bis +5 vor, weil ich gerade eine vor mir habe. 0 ist der jetzt-zustand. in welche richtung schlägt der zeiger mit einführung der homoehe aus?  
lidl schlecker: wer da jetzt eine deutliche -4 vor sich sieht, der lebt in einer millionenstadt. millionen andere leben in katholischen krisengebieten. sie sehen eine deutliche +3.  
statistisches etuxxamt: frau schlecker, das macht bei wichtung nach regionaler bevölkerungsverteilung insgesamt einen wert von 0. nicht besser und nicht schlechter also. kann uns also egal sein.  
Skalenzeiger: eben nicht! Ich lande da mindestens bei +0,9  
Statistisch unterbelichtete Brenda: Ist das dann statistisch signifikant?  
Das habt Ihr davon: die erste Homo-Scheidung exklusiv in  BILD
Homoehenverneiner: Ohne Liebe und Zuneigung passiert nix, soll heißen es werden nur psycho-soziale Zombis produziert. "Der Staat" dachte sich, best will be family mit Mutter und Vater ... . (deshalb die Privilegierung). Es mag zwar Alternativen dazu geben, aber die sind nicht sicher oder nicht wirklich erprobt. (Angst, dass bei gesetzlichen Erziehungs-Experimenten noch mehr Psycho-Wracks entstehen). Aber weshalb wir doofen Homos diese Ehescheiße brauchen, ist mir vollkommen unklar.