Homo-Ehe? Nein danke!
Ein Brief von David Thorstad an die Zeitschrift "Political Affairs"






Die USA haben gewählt. Der alte Präsident ist der neue. Im Kampf um das mächtigste Amt spielte diesmal die Ehefrage eine nicht unbedeutende Rolle. Hatten doch die Republikaner zeitgleich mit den Wahlen Referenden über die Verfassungsmäßigkeit der gleichgeschlechtlichen Ehe in elf Bundesstaaten organisiert, um noch mehr christlich-fundamentalistische Wähler an die Urnen zu bringen. Tatsächlich wurde die gleichgeschlechtliche Ehe dann in allen elf Bundesstaaten abgelehnt.
Anlass für den us-amerikanischen Schriftsteller David Thorstadt, einen offenen Brief an das Magazin der Kommunistischen Partei der USA "Political Affairs" zu verfassen, in dem er die grundlegenden Fragen zum Thema zusammenfasst. Wir veröffentlichen den Brief in der Übersetzung von Michael Hellmann und im Original.

New York, 15. Januar 2005

An den Herausgeber von Political Affairs

Liebe Political Affairs!

Adam Tenneys Kommentar zur gleichgeschlechtlichen Ehe (Political Affairs vom Januar 2005) bringt ein paar gute Argumente, wie z.B., dass es kein verfassungsgemäßes "Recht" darauf gibt und dass selbst, wenn sie erreicht würde, dadurch die Diskriminierung nicht aufhörte. Er wirft mit Recht auch die Frage auf, ob die Akzeptanz der gleichgeschlechtlichen Ehe nicht zu Diskriminierung gegen nicht Verheiratete führen würde ( dies nennt er ziemlich vereinfachend eine Unterscheidung zwischen "guten Gleichgeschlechtlichen" und "bösen Gleichgeschlechtlichen". Der Rest seiner Argumente ist falsch oder trifft nicht den Punkt.

Als radikaler Homosexueller bin ich gegen die "schwule Ehe". Ich bin auch gegen heterosexuelle Ehe. Ich bin gegen jegliche Ehe. Sie ist eine miese Einrichtung, die auf der Diskriminierung gegen Frauen und Kinder basiert, und hat komplett versagt. Wenn das nicht wahr wäre, gäbe es keine Scheidungsrate von 50%.

Monogamie erwähnt Tenney kaum. Tatsächlich ist Monogamie ein Grundstein der Ehe, selbst wenn sie nur im Ehebruch anerkannt wird. Nach oben hin gibt es in der stammesgeschichtlichen Entwicklung der Lebewesen immer weniger Monogamie. Bei den Säugetieren fällt sie kaum ins Gewicht. Schließlich sind Menschen keine Vögel, und selbst Vögel sind nicht alle monogam. Engels drückt das prägnant im "Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates" aus: "Und wenn strenge Monogamie der Gipfel aller Tugend ist, so gebührt die Palme dem Bandwurm, der ... seine ganze Lebenszeit damit zubringt, in jedem dieser Abschnitte sich mit sich selbst zu begatten. Beschränken wir uns aber auf die Säugetiere, so finden wir da alle Formen des Geschlechtslebens, Regellosigkeit, Anklänge der Gruppenehe, Vielweiberei, Einzelehe; nur die Vielmännerei fehlt, die konnten nur Menschen fertigbringen." (MEW, Bd. 21, S. 40) (Auch wenn sich Engels bei der Vielmännerei irrt, bleibt sein Argument gültig.)

Der Drang nach gleichgeschlechtlicher Ehe zeigt, wie weit die schwul-lesbische Bewegung von ihrer Zielvorstellung sexueller Freiheit für alle abgekommen ist. In ihrem Kopfsprung in die Konventionalität und ihrem Begehren nach staatlicher Anerkennung ihrer Paarungs- und Wohnverhältnisse wollen die Befürworter der gleichgeschlechtlichen Ehe besondere Vorrechte für Paare auf Kosten von Alleinstehenden. Sie versuchen, andere Gleichgeschlechtliche – Alleinstehende- zu Staatsbürgern zweiter Klasse zu machen.

Solche besonderen Vorrechte gibt es für heterosexuelle Ehepartner bereits : wir Alleinstehende helfen mit, deren unkontrollierte Fortpflanzung allseitig zu subventionieren. Es ist bezeichnend, das die HRC (Human Rights Campaign), Hauptunterstützerin der gleichgeschlechtlichen Ehe, der Bush-Clique Unterstützung bei der "Privatisierung" der Sozialversicherung zugesagt hat, wenn doch das gestutzte Programm nur Leistungen für gleichgeschlechtliche Ehepartner vorsieht. Dies ist ein Fall, wo "gute Gleichgeschlechtliche" sich auf Kosten der "bösen" und des Rests der Gesellschaft privilegieren wollen.

Tenney liegt falsch mit seiner Behauptung, dass es ohne Schwulenfeinde auch keine "bösen” Schwulen geben könne. Gruppen wie die Human Rights Campaign, die die reichsten und am wenigsten offen lebenden Homosexuellen repräsentieren, sprechen nicht nur nicht für alle Homosexuellen (wie die HRC in ihrem törichten Feldzug für die gleichgeschlechtliche Ehe vorgibt) – nein, sie legen das Fundament für zunehmende Diskriminierung gegen solche Gleichgeschlechtliche, welche nicht in ihr keimfreies Weltbild passen. Das passiert bereits: in Massachusetts streichen einige Firmen und Gemeinden bereits Leistungen für schwule und heterosexuelle Lebenspartner von Angestellten mit der Begründung, dass sie sich verheiraten sollten.

Die Forderung nach der gleichgeschlechtlichen Ehe ähnelt der Forderung, dass Gleichgeschlechtliche in die imperialistische Armee dürfen, so dass sie im Interesse der Wall Street Dritte-Welt-Babies morden können. Diese Forderungen spiegeln einen konservativen, patriotischen und konventionellen Trend wieder, der von der Linken zum größten Teil unkritisch unterstützt wird. Tenney sagt, dass wir alle davon überzeugen sollten, beim Kampf für die gleichgeschlechtliche Ehe mitzutun. Nein danke. Ohne mich.

David Thorstad

Bild oben: Die Januar-Ausgabe der Political Affairs. Der Schriftsteller David Thorstad war in den 70er Jahren Leiter der New Yorker Gay Activists Alliance, Mitbegründer der Coalition for Lesbian and Gay Rights und der North American Man Boy Love Association (NAMBLA), außerdem Mitautor von: The Early Homosexual Rights Movement (1864–1935). John Lauritsen und David Thorstad: Die frühe Homosexuellenbewegung 1864-1935 (Frühlings Erwachen 1984).


vadda: also irgendwie finde ich, der erkenntnissgewinn dieses textes tendiert gegen null. will sagen: herr thorstadt wiederholt all das, was man an an argumenten gegen die homoehe schon anderswo gehört oder gesagt hat. interssant ist dann eher sein verein "nambla", auf den hier in der credits hingewiesen wird. ist das nicht die us-variante wohlbekannter "kinderrechtler"?  
Robert M.: Cohn Bendit, Thorstad und wie sie alle heißen haben in den 60er/70er im Rahmen der Diskussion über befreite Sexualität, auch über die von Erwachsen und Kindern/Jugendlichen dabattiert (+ steile Thesen aufgestellt). Der Redaktion war der NAMBLA-Gründungsfakt bekannt, doch wir haben uns dazu entschlossen, dieses den LeserInnen nicht zu verschweigen und den Text dennoch zu veröffentlichen.  
OA@vadda: der text ist m.e. eine gute zusammenfassung dessen, was hierzulande immer weniger diskutiert wird, aber weiter diskutiert werden sollte. bei dem ganzen geschrei nach der homo-ehe sind die alternativen töne kaum mehr wahrnehmbar. und einmal gewonnene erkenntnisse werden nicht dadurch wertlos, dass man sie wiederholt. sie gehen aber verloren durch leute, die behaupten, sie wüssten schon alles. kurz gesagt: dein beitrag ist nicht sehr konstruktiv.  
OA@vadda II: - was nambla angeht, so hast du hier vielleicht noch etwas erkenntnisbedarf. etuxx hat den thorstad-artikel aber nicht veröffentlicht, um hier über nambla zu diskutieren. diese diskussion wurde in der tat schon vor jahren geführt. wenn du meinst, dass es hier eher diskussionsbedarf gibt, schreib mal was darüber. mr. thorstad wird sich da sicherlich gern in die debatte einmischen, sicher aber nicht in einem artikel über die homo-ehe. kurz gesagt: deine haltung ist sehr unaufrichtig und denunziatorisch. sie erinnert an das getratsche von dorfweibern: "hat der nicht mal..." " - "war der nicht mal.."  
homo-ich-ag statt homo-ehe: der text langweilt mich deshalb, weil er überhaupt keine alternative zur versingelung anbietet und hervorragend in die liberale fdp-ideologie passt.  
vadda: ok, vergessen wir meinethalben mal meine "nambla"nebelbombe. war unsachlich, ok, gebongt. und ich werde den teufel tun und was zu pädos schreiben, das interessiert mich die bohne und das überlassen ich gerne frau campodingsda oder irgendwelchen queeren plattformen der pds... aufrichtig und undenunziatorisch möchte ich aber mal den ansatz von "homo-ich-ag statt homo-ehe" weiterspinnen: es ist nicht nur in der tat so, dass unter den gegebenen gesellschaftlichen bedingungen eine ablehnung der homo-ehe als übbrigblöeibende alternative den windschnittigen, marktkonformen homosingle, dass wort redet, sondern...  
vadda: ...diese ganze wuchtige argumentiererei gegen die grünen bürgerrechtler und ihre parlamentarische initiative für die eingetragene partnerschaft halte ich für unausgegorenes "we want the whole fucking' bakery" gelaber, dass zu nix, außer revolutionärer selbstbeweiräucherung taugt. mit genau den gleichen argumenten (spaltung der bewegung, diskriminierung anderer minoritäten etc.) kann man jeglichen kampf um die rechtliche gleichstellung von rassistisch oder sexistisch unterdrückten als reformistisch erklären.  
vadda: z.b. den kampf der afroamerikaner in den us-südstaaten der sechziger jahren. da gings um das popelige grundrecht den gleichen bus, den gleichen supermarkt, die gleichen kirchenbänke wie die weißen benutzen zu können. so what! mit so ner oberschlaumeierhaltung à la "nur im sozialismus ist der rassismus endgültig überwunden" hätte sich da nix bewegt.  
vadda: meine fresse: mir persönlich geht die homoehendiskussion eigentlich sowas am arsch vorbei und selbstverständlich ist mir friedrich engels bandwurmanalogie inhaltlich näher als das geschwätz von volker beck. das kann ich aber nur mit der arroganz und dem daraus zu ziehenden distinktionsgewinn eines white-middlesclass linksradikalen tun, der weiß dass das sowieso folgenlos bleibt.  
vadda: und by the way :-) die einzigen, die sich in meinem bekanntenkreis verpartnert haben, sind linke, die das homoehenprivileg dazu genutzt haben um leute vor der abschiebung zu schützen. an anderer stelle auf etuxx wurde auch schon mit der entsprechenden häme die meldung lanciert, dass der von den ehereformern erhoffte ansturm auf die standesämter ausblieb. und da schließt sich meines erachtens der kreis, denn ich glaube kaum, dass der homo hierzulande aufgrund der lektüre von gigi oder etuxx das heiraten sein läßt, sondern das hat dann eher was mit marktkonformen singlehedonismus zu tun. vielen dank fürs zuhören!  
ulf: um seinem whk-liken ehenhass nachdruck zu verleihen, verpackt thorstad seine kritik in der tat in dümmliche exaltierte diffamierungen und semiwahrheiten. auch wenn ich kein freund der homoehe bin, glaube ich nicht, dass die rechte für paare, egal welcher coleur, auf kosten von singles erzeugt werden. besonders selbstherrlich und egozentrisch ist so eine anpissbeschuldigung wie „wir Alleinstehende helfen mit, deren unkontrollierte Fortpflanzung allseitig zu subventionieren“.  
ulf: dass die hetero-fortpflanzung längst nicht so unkontrolliert ist, beweist generation greis, die uns jeder demoskop versucht weiß zu machen. andererseits bin ich schon der meinung, dass das vorwiegend hedonistische kinderlose volk durchaus zur (kindererziehungs-)kasse gebeten werden sollte, thorstad hat damit anscheinend ein problem.  
ulf: lieber herr thorstad, warum lesen sie nicht  etuxx?
OA: ist das hier jetzt eigentlich die neue qualitätsoffensive auf etuxx?! mein lieber schwan, ganz schön wertkonservativ, was da so zwischen und in den zeilen eurer kommentare zu lesen ist. kinderlosigkeit ist also eine folge des hedonismus, ja? den schlimmen singles gehts ja nur ums vögeln und die sind ja schon per definitionem marktkonform und alle fdp-wähler, ja? könnt ihr eigentlich auch mal andersrum denken? wo wäre denn der radikale ansatz weiterzudenken, wenn ihr ihn hier schon nicht findet? na ja, mit eurer meinung seid ihr ja wenigstens auf der sicheren seite. ob das der rest der "arroganz eines white-middleclass linksradikalen" ist?  
qualitätsoffensive @ OA + ulf: (vadda) also hier drei beiträge als "zwischen den zeilen wertkonservativ" über einen kamm zu scheren, ist schon ein bißchen grob, zumal mir ulfs reformvorschlag -höhere steuern für singles zum wohle und gedeih der süßen kleinen- aus zwei gründen gegen den strich geht: wieso bespielsweise sollte ein/e unverheiratete/r, der/die einmal im jahr sex macht, nicht auf parties geht und auch sonst kein spaß am leben hat, kurz - alles, bloß kein hedonist ist, noch mehr steuern zugunsten der fortpflanzer aufbringen als er sowieso schon tut?  
qualitätsoffensive @ OA + ulf: (vadda)und zweitens finde ich, dass es einfach nicht unser job ist, herrn eichel vorschläge zur sanierung des staatshaushalts zu machen. das sei den stammtischen oder sonstigen sich dazu berufenen politikberatern überlassen. aber nichtsdestotrotz komme ich bei aller mühe und gedanklicher anstrengung andersrum zu denken auf keinen radikalen ansatz zum thema. OA, helfen sie mir dabei!  
oa@vadda: die frage ist, ob dich das wirklich interessiert oder ob es dir nicht reicht, dich mit dem argument der machbarkeit an extremeren positionen abzuarbeiten. du sagst ja selbst, dass dir die diskussion "so was am arsch vorbei geht". willst du also überhaupt nicht darüber diskutieren oder ist es die art der diskussion, die du nicht führen willst? letzteres könnte ja vielleicht schon zu einem anderen, wenn nicht unbedingt radikalen ansatz führen...  
oa@vadda II: zu thorstad kann man ja nun stehen wie man will, in seiner kritischen anfrage an die linke in den usa wird für uns immerhin deutlich, auf welche fragen wir inzwischen reflexartig mit klischeehaften vorstellungen reagieren, weil auch wir keine antworten haben, die sich umsetzen ließen. allein diesen status quo festzustellen, wäre schon viel. die energie müßte nicht dafür draufgehen, daß man sich von meinungen wie denen ulfs abgrenzen muss.  
oa@vadda III: und um das ganz deutlich zu machen: die tatsache, dass ein homo-ehen-gesetz nun neuerdings vor abschiebungen schützt, spricht nicht für das homo-ehen-gesetz (so wie du es darstellst), sondern gegen die abschiebepraxis und das dahinter stehende menschen- und weltbild. nach wie vor gilt: haupt- und nebenwiderspruch bitte nicht durcheinanderbringen!  
Christian: Die besten Argumente gegen die Homoehe gibt es  immer noch hier!
Single: Pro Familia schreibt: "Das Lebenspartnerschaftsgesetz erkennt vielmehr die Vielfalt menschlicher Lebensformen an." Fühle mich aber nicht anerkannt.  
Presseschau: Dass die deutsche Homoehe keine Produkt von Volker Beck ist, und was ihn dazu bewegte, versucht Stephan Löwenstein in der FAZ vom 10.3. zu analysieren: "Zu meinen schönsten Tagen als Politiker zählt sicher der 1. August 2001, an dem mit der Eingetragenen Lebenspartnerschaft für Lesben und Schwule ein großer Schritt für deren rechtliche Gleichstellung in Deutschland getan wurde." Das bekundet Volker Beck auf seiner Internetseite. ... nennt an erster Stelle das Antidiskriminierungsgesetz. ... Diese Distanzierungen (Clements/Schilys von den Antidiskriminierungsgesetz )dienen dazu, der Kritik aus den eigenen Koalitionsreihen entgegenzutreten, gelten aber nicht der Sache selbst.  
Presseschau: Da sind die Grünen treibende Kraft bei der Verwirklichung des im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Vorhabens. Beck gehört der Arbeitsgruppe seiner Fraktion mit den Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk und Hans-Christian Ströbele an, die den Gesetzentwurf vorbereitet und begleitet hat. . Er ist selbst homosexuell und lebt mit seinem aus Frankreich stammenden Partner zusammen. Doch sagt Beck, mit den Gesetzen, für die er sich engagiert, gehe es ihm nicht um eigene Vorteile, sondern die Erfahrung von Diskriminierung habe ihn dafür sensibilisiert, daß auch andere Gruppen solche Probleme hätten und man ihnen helfen müsse.  
Presseschau: Seit je gehörte Beck nicht zu jenem Flügel der Grünen, die dem Staat grundsätzlich als Opposition gegenübertraten, sondern zu jenen, die ihn für ihre Ziele nutzen wollten. Als Impetus für sein politisches Handeln gibt er neben "Gerechtigkeitsfragen" die Aufgabe an, im Spannungsverhältnis zwischen Bürgerrechten und Sicherheit das richtige Maß zu finden. Hier war Beck innerhalb der Grünen bei der Formulierung der Anti-Terror-Gesetze nach dem 11. September als Gegenspieler Ströbeles aufgetreten. Doch schon früher, unter dem Eindruck von rechtsextremen Ausschreitungen, habe er erkannt: "Das ist unser Staat, der uns verteidigen muß."  
Robert M.: Die Ausstrahlung einer Folge der Kult-Zeichentrickserie "The Simpsons" zum Thema Lesben-Ehe führte in den USA noch im Februar 2005 zu Protesten von konservativen Verbänden. Patty Bouvier, eine Schwester von Homers Ehefrau Marge Simpson, hat sich als lesbisch geoutet und ihre Freundin geheiratet. Die Hauptfigur der Serie, Homer, hatte die beiden Frauen selber getraut. Das Städtchen Springfield (was sinnbildlich für die USA steht), wo die Simpsons wohnen, hatte die gleichgeschlechtliche Ehe zuvor nach einer von Marge geführten Kampagne legalisiert.  
Robert M.: Bürgerlicher Dreck werden Thorstad und Co. wahrscheinlich darüber befinden, macht aber nichts, sie finden es auch Scheiße, dass Frauen zur Armee gehen, weil Armee ja an sich ... und der Imperialismus im Besonderen ... . Der Impetus des Thorstadschen Textes, der Kampf gegen die Homoehe sei irgendwie fortschrittlich, ist es in meinen Augen letztendlich genauso wenig wie die Fortschrittsbehauptung der Homoehenbefürworter.  
Kulturtinstitut: Bleibt die Frage, was in diesem Fall überhaupt noch "fortschrittlich" ist.  
vadda@OA: uuargh! jetzt greifste aber ins marxistisch-leninistische klo mit deinem haupt und nebenwiderspruch. also früher gingen solche diskussionen ja immer so: hauptwiderspruch ist der zwischen arbeit und kapital, frauen-, ökologie-, minderheitenfragen etc. sind nebenwidersprüche und als solche zwar nicht vernachlässigenswert aber im kern reformerisch, solange man den hauptwiderspruch, also die abschaffung der ausbeutung nicht im blick behielte. also verstehe ich dich richtig, dass übersetzt der kampf gegen abschiebungen, rassismus, asylgesetzgebungen heute...  
vadda (con't): ...so 'ne art "hauptwiderspruch" ist, dem meine ganze aufmerksamkeit gelten soll wohingegen die bewahrungen eines/er thai, rumänen/in, sudanesen/in vor rausschmiss aus dem wunderschönen deutschland mittels ausnutzung des homoehenprivilegs in deinen augen bürgerlich-romantische sozialkosmetik ist?  
oa: du wirst sicher selbst sehr gut wissen, dass es nicht erst der einführung der homoe-ehe bedurfte, um leute vor abschiebungen zu schützen. heiraten als politisches mittel gegen abschiebung hat es gegeben, solange wir denken können. und gegen romantik habe ich nichts, solange sie nicht der verklärung von tatsachen dient.  
oa: die frage ist doch, was langfristig den fortschritt bringt. in der homo-ehe sehe ich einen rückschritt. sie baut auf den bürgerlichen werten der familie als kleinste gesellschaftliche zelle auf, kopiert diese und klopft die mit ihr verbundenen werte fest. deshalb bewirkt sie auch keine wirkliche gesellschaftliche weiterentwicklung und wird eines tages - unter repressiveren verhältnissen - wieder ersatzlos gestrichen werden können, ohne dass es auch nur irgendeinem auffallen wird. insofern kosmetik, ja.  
oa: und nochmal: ich halte bestimmte aspekte des thorstad-textes durchaus für diskutierenswert, vorausgesetzt man überliest wohlwollend seine etwas veraltet anmutende polemik. andere lebensformen, wie tuntenhaus oder homoland erprobt zu haben, hake ich nicht unter "meine schönen jugenderlebnisse" ab. schon damals zeichnete sich aber eine immer mehr um sich greifende fantasielosigkeit ab - oder war es der mut zur fantasie, der immer mehr fehlte? - etwas, was thorstad heute vielleicht als "kopfsprung in die konventionalität" bezeichnen würde. hierzulande war es dann wohl mehr ein "baden gehen".  
vadda: also mal was zur dialektik von fortschritt und stillstand: die "bürgerliche familie" ist nix von moses in stein gemeißeltes, sondern unterliegt, wie alle anderen gesellschaftlichen phänomene, ständigen wandel. bäuerliche, generationsübergreifende, paternalistische großfamilie mit klar definierter erbfolge als produkt des feudalismus, kleinfamilie im kapitalismus, im 19 jahrhundert kommt dann heiraten aus "liebe" dazu, das 20 jahrhundert zerschlägt die familären strukturen - double-income-no-kids konzept usw.usf.  
vadda: kurz: es gibt da keine festzementierten "moralischen" werte zu ehe im sich verändernden kapitalismus, sogerne das bushs evangelikale und woytilas katholiken auch zurückwünschen. was ich sagen will: homoländer + tuntenhäuser sind interessante, sozialreformerische experimente unter vielen; ob sie sich auch ökononomisch als reproduktionsfähig durchsetzten - wie eben das konzept der ehe - bleibt abzuwarten.  
Ledig: Vadda hat doch recht: das Konzept der Ehe hat sich kulturübergreifend durchgesetzt - auf dem ganzen Planeten. Also auch da, wo es kein steuerliches Ehegattensplitting gibt. Die Ehe scheint ein menschliches Grundbedürfnis zu befriedigen. Jede Kritik an der Ehe, die dieses Bedürfnis ignoriert, verpufft wie eine WHK Pressemitteilung. Da mag die öknomisch-soziale Analyse noch so brilliant sein.  
Ledig: Wer den nächsten Text gegen die Homoehe schreibt, der sollte sich vorher mal fragen, was er denn von festen Beziehungen hält - von ihrer Attraktivität oder Unattraktivität, ihrer gesellschaflichen Subventionierung oder Sanktion. Und zwar in seinem ganz konkreten Alltag. Dann hätten wir was, worüber sich zu sprechen lohnt.  
oa: ich habe dieses "menschliche grundbedürfnis" nicht. darf ich mich trotzdem noch mensch nennen?  
Ledig: Wenn du es nicht hast, Millionen andere aber wohl, dann bist Du natürlich der Mensch, oa. Die anderen sind bloss Zombies. Schnarch.  
Heiko: Liebe Schwule! ich bin hetero und verheiratet und lebe mit meiner Frau in einer offenen Beziehung. Wir haben 2 Töchter und meine Frau und ich haben auch gelegentlich Sex miteinander. Wir mögen uns sehr und ich möchte auch der Vater für meine Kinder sein, immer. Die sexuelle Freiheit, die wir uns von den schwulen Paaren abgeschaut haben, möchte ich nicht missen, doch meine Ehe auch nicht. Für einander einstehen und das in Vertragsformen zu gießen (PS: man darf sich auch scheiden lassen) ist nichts böses, wie man eine Ehe lebt ist jedem selbst überlassen und da hat sich in den letzten Jahren einiges geändert, denn im Swinger-Club sind wir nicht allein.  
oa@ledig: dann sprich doch gleich vom zombischen und nicht vom menschlichen grundbedürfnis. 1930 gab es übrigens eine sondersteuer für unverheiratete; eine sogenannte ledigensteuer. kommt alles wieder, während man so schnarcht.  
oa@verheiratet: (Heiko): es geht in dieser diskussion nicht um die frage, wie man sich mit der ehe arrangieren kann, wenn auch dein beispiel das argument von vadda unterstreicht, dass die ehe selbst im wandel ist und man sich getrost auf dynamiken solcher art verlassen könne. politisch bleibt dennoch die frage bestehen, warum bestimmte lebensformen staatlich sanktioniert bzw. begünstigt werden. und warum ausgerechnet die homos, von denen vielleicht der größte impuls zur sexuellen befreiung ausging, nun wieder alte privilegien einfordern anstatt sich selbstbewusst für die abschaffung derselben einzusetzen.  
Undine@ledig: analog zu deinem "menschlichen grundbedürfnis" auf die staatliche oder kirchliche institution ehe gäbe es dann ein menschliches grundbedürfnis nach gesetzlicher krankenversicherung, oder wie? da bleibe ich doch lieber bei den grundbedürfnissen nach liebe und zärtlichkeit bzw. gesundheit. ich glaube du bringst da echt etwas durcheinander.  
vadda: also undine, wenn du hier schon mit so 'nem fragwürdigen grundbedürfnisskatalog auffährst, dann folgt nach atmen, essen, trinken, scheißen und ficken nicht etwa "liebe + zärtlichkeit" (= bürgerlicher moralquatsch ;o)), sondern sowas wie ein überlebenswichtiges ding wie - nennen wir es mal "sicherheit" (wärme, pflege im alter und pflege bei krankheit). und dazu hat sich so ein institut wie die ehe bewährt.  
muddi: ehe und sicherheit? ach du liebe zeit!  
vadda: ...yep! und den preis, den man für dieses sicherheitsding zahlt, ist dieses gesellschaftlich legitimierte und staatlich legalisierte kapputte patriarchale gewaltverhältniss, "ehe" genannt. ich weiß, ich weiß! allerdings stellte sich die "sexuelle befreiung" die hier an anderer stelle als gegenentwurf hochgehalten wird, dann als enthemmterer, entmoralisierter wiedergänger ebenjenes sexualisierten gewaltverhältnisses dar, das man zu überwinden glaubte.  
undine@vadda: nicht ich habe einen katalog von grundbedürfnissen aufgestellt, sonderm weiter oben wurde ein "menschliches grundbedürfnis" nach ehe formuliert. das halte ich aus den genannten gründen für fragwürdig. interessant allerdings, dass du neben atmen und trinken, was ja nicht nur ein menschliches grundbedürfnis ist, sondern eine lebensgrundlage, auch das ficken als grundbedürfnis nennst, aber "liebe und zärtlichkeit", was wie denke ziemlich nahe an deiner "sicherheit" liegt, als bürgerlichen moralquatsch zurückweist. mit der gleichen dämlichen polemik ist dein fick-grundbedürfnis ein mackerscheiss. kann ich echt nicht nachvollziehen. sorry.  
S. Exc. Kardinal Ratzinger: Der Laie Thorstadt hat recht! Es gibt keinen Grund , Homosexuellen die Beschmutzung des heiligen Bundes der Ehe zu erlauben.  
oa I: von einer sexuellen befreiung sind wir weit entfernt, wohl aber hat es immer wieder impulse gegeben. ich plädiere dafür, diesen impulsen neue energie zu geben, was mit dem plädoyer für die ehe schlecht möglich ist. in allen bewegungen für sexuelle befreiung galt die ehe als hindernis, egal ob es die 20er jahre waren mit dem ruf einzelner nach der "sexuellen revolution" (wilhelm reich) oder die 60er und 70er jahre. die herleitungen dazu sind einleuchtend, sie lassen sich hier nicht in wenigen worten wiedergeben.  
oa II: tatsache ist aber, dass ernstgemeinte versuche der sexuellen befreiung nie um ihrer selbst willen geschahen, sondern immer auch im hinblick auf eine andere, gerechtere gesellschaft. und um die geht es ja letztendlich, oder? (wilhelm reich sah übrigens die verwirklichung einer sozial gerechten gesellschaft hand in hand mit der verwirklichung der sexuellen befreiung. für ihn war deshalb das sozialistische modell bereits mit dem scheitern der sexuellen revolution beendet, jahrzehnte vor dem zusammenbruch des "realexistierenden sozialismus").  
oa III: ich denke, wer der institution ehe etwas gutes abgewinnen will, sieht diesen größeren zusammenhang nicht, oder will ihn nicht sehen. ehe und sexuelle befreiung lassen sich auch nicht gegenüberstellen ohne die ebenen durcheinander zu bringen. sexuelle befreiung ist kein gegen-entwurf zur ehe, sie findet, wenn überhaupt, auch in der ehe selbst statt (macht sie dadurch allerdings überflüssig).  
vadda@liebste undine: also der große polemikpreis hier in diesen foo geht allemal an dich... 'ledig' redet von "scheinbaren grundbedürfnissen", wohl wissend, dass solche aufzustellen extrem problematisch ist und ich versuche mit meiner kruden aneinanderreihung incl. "ficken" das ganze ironisch ad absurdum zu führen. haste nicht gemerkt, wa? hauptsache poltern und noten geben, wahrscheinlich weil du keine ernsthaften argumente hast! tsetse.  
vadda@undine con't: ok, ich versuch's trotzdem nochmal mit was inhaltlichen: wenn du sagst, das die bedürnisse nach 'sicherheit' und 'liebe und zärtlichkeit' doch irgendwie "ziemlich nahe" beieinander liegen, glaube ich - mal jenseits der institutionalisierungsdiskussion - dass diese sich ganz im gegenteil regelmäßig im wege stehen. weil nämlich sicherheit im sozialem und emotionalem überlebenswichtig ist/scheint, wird gerade deshalb zu oft auf erfüllte liebe und zärtlichkeit zugunsten von absicherung, stabilität und kontinuität verzichtet; egal ob in homo- oder heterobeziehungen.  
vadda@oa I-III: also die reichianische gleichung von sexueller und sozialer revolution ist doch echt großer humbug und mit allem, was wir über macht/sex/begehren seit foucault, theweleit, den gendertheoretikerInnen etc.etc wissen, widerlegt. also bitte: wilhelm reich hat freuds triebtheorieen bizarr überspitzt, hat homosexuelles begehren in seiner "funktion des orgasmus" als unerfüllten heterosexuellen akt denunziert; von seinem späten wahn mit den orgonmachinen mal ganz abgesehen.  
undine@vadda: nee, hab ich nicht gemerkt, ironie in diskussionsforen hat auch ihre tücken. rumpoltern? redest du von dir selbst? noten vergeben? So wie "bürgerlicher moralscheiss?" - weil ich kein menschliches grundbedürfnis nach ehe erkennen kann? klar können sich sicherheit und zärtlichkeit auch im wege stehen. ich meinte es eher so, dass, wenn ich das gefühl habe geliebt zu werden, mir das auch sicherheit gibt. und ich glaube tatsächlich, dass es ein grundbedürfnis gibt, sich geliebt zu fühlen. was aber haben grundbedürfnisse mit institutionen zu tun? auf diesen unterschied zwischen den ebenen bist du trotz all deiner inhaltlichkeit, die mir deiner ansicht nach leider abgeht, nicht eingegangen.  
undine: "ledig" argumentiert, die ehe scheine ein menschliches grundbedürfnis zu befriedigen. jede kritik an der ehe habe dieses grundbedürfnis zu berücksichtigen. leider verschweigt uns "ledig", was für ein grundbedürfnis er meint. wenn ich das system der krankenversicherung kritisiere, was ich für eine anschauliche analogie halte, muss ich selbstverständlich das bedürfnis nach gesundheit berücksichtigen. daher mein versuch, das von "ledig" in die diskussion gebrachte aber nicht benannte grundbedürfnis in die nähe des bedürfnisses nach liebe und zärtlichkeit zu rücken. dass es bei der ehe darum geht, das bedürfnis nach sex zu befriedigen, glaube ich nicht. den gipps schliesslich auch woanders.  
ulf: ohne zicken zu wollen, herr pastor oa, bitte, bitte steigen sie noch mal auf die kanzel und erklären mir die thorsted predigt: "sexuelle befreiung ist kein gegen-entwurf zur ehe, sie findet, wenn überhaupt, auch in der ehe selbst statt (macht sie dadurch allerdings überflüssig." WIE MACHT SIE DAS?  
Ledig: "ledig" argumentiert, daß es ein Bedürfnis nach stabilen Zweierkisten gibt. Gern verleugnet, aber darum umso wirkungsmächtiger.  
vadda@undine: ...nee, ich glaube wir reden aneinander vorbei. klaro, zum lieben und geliebtwerden braucht's wahrlich keine staatlich oder sonstwie sanktionierte ehe o.ä.- d'accord! das sich lieben mag gefühlsmäßig durchaus sicherheit geben, aber das schmiert mir nicht die butter auf's brot oder putzt mir den arsch ab, wenn ich alt und tattrig bin - und hier sind wir bei dem von dir belächelten grundbedürfnis nach barmer ersatz- oder allgemeinen ortskrankenkassen. verstehste worauf ich hinaus will?  
undine@vadda: ich glaube ich verstehe jetzt, was du meinst. so hab ich da noch nie drüber nachgedacht. die ängste nach alleine-sein im alter, nach unversorgt-sein mangels eigener kinder zum beispiel, führt in der tat dazu, dass ich mir als lediger gut überlege, oder vielleicht nicht gut genug, wie ich das in diesem system absichere. ich wäre nie auf die idee gekommen, diese risiken über die institution ehe absichern zu wollen.  
undine@ledig: dein letztes statement macht es klarer. aber geht es wirklich um ein bedürfnis nach stabilen zweierkisten? oder ein bedürfnis nach emotionaler stabilität? und warum wäre diese dann nur bis zur zahl zwei möglich? reine empirie? oder geht es doch eher, wie vadda meint, um eine letztlich ökonomische, weniger um eine emotionale absicherung?  
michael hellmann: mh@vadda: traurig, daß im Kapitalismus der legitime Wunsch nach Versorgung im Alter über staatlich sanktionierte Zweierbeziehungen organisiert wird ...  
ledig: "ledig" argumentiert, das der ökonomische Effekt der Homoehe gegen Null tendiert (Versorgungspflicht!). "ledig" hätte gern, daß die Kritiker der Homoehe mal den emotionalen Aspekt in den Blick nehmen.  
1. person sg. @ ledig: mann, was will er eigentlich! welchen emotionalen aspekt meint er denn?! werde er doch klarer! *nerv*...  
Hasi: @lediges-Grundbedürfnis: Die "Ehe" hat sich weltweit durchgesetzt, bedeutet aber in unterschiedlichen Kulturen sehr unterschiedliches. Die hierzulande ausschließlich propagierte Zweier-Einrichtung mag ich da nicht ableiten wollen. Es geht im Übrigen nicht darum, zwei Menschen ihre Beziehungsform madig zu machen, sondern darum, dass der Staat sich aus diesen Beziehungen heraus hält, zumindest nicht einseitig ein Modell auf Kosten von anderen unterstützt.  
ledig: Die Ehe ist doch erst seit hundert Jahren ein staatliches, seit über 2000 Jahren aber ein kulturelles Phänomen. Das sich immer weiter ausdifferenziert. Heute kann man in städtischen Zonen u.a. in wilder Ehe (sic!) zusammenwohnen, in wechselnden Beziehungen, in serieller Monogamie, und eben in der Homoehe. Aber niemand wird zu einer dieser Formen gezwungen - auch nicht zur Homoehe.  
ledig: Für das Gerede von der Homoehe als konterrevolutionärem Domestizierungsprojekt gibt es doch nicht die Spur eines Belegs. Niemand, aber wirklich niemand wird zur Homoehe irgendwie gezwungen. Es ist bloss eine Option mehr im anything goes. Das die Grünen mangels aonstiger Leistungen die Homoehe zur Grosstat hochjazzen, geschenkt.  
vadda: danke, 'ledig', dein letzter kurzbeitrag bringt vieles auf dem punkt, für dass ich mir hier wort- und polemikreich die finger wundgetippt habe...  
vadda@mh und hasi: soso, der kapitalismus "organisiert" den "legitimen wunsch nach versorgung" (...gibt's auch illegitime versorgungswünsche?!) durch "staatlich sanktionierte zweierbeziehungen". was'n schmarrn!!! es ist doch allemal repressiver, wenn ehe+familie subsistenzgesellschaftlich durch schamanenzauber, in hungerleiderdiktaturen durch katholische hölle+tod+teufel-drohungen sanktioniert werden, als der lockere gang zum standesamt mit einklagbaren rechten auf scheidung, gütertrennung und -ausgleich und als leckerli noch die ein oder andere gratisserviceleistung von papa staat, wenn was schief gehen sollte.  
vadda con't: momentan siehts doch mal eher so aus, dass alles, was nach staatlicher Versorgungsgarantie aussieht - ob mit oder ohne eheschein - auf das allernotwendigste reduziert wird. braucht der globale kapitalismus mit seiner alles andere unterordnenden verwertungslogik so'n wertkonservativesn eheklotz am bein? nie und nimmer! adé sozialdemokratie + ihre solidarische familienwerte; du hast hundert jahre gute dienste getan) bitte: laßt uns den ehequatsch hier wenn schon denn schon auf der "antipat"-ebene (pat=patricharchat)diskutieren und nicht auf so'n billigmarxistischen stamokaplevel. also mal echt.  
hasi@vadda: mal langsam... Mein Punkt war der Begriff "Ehe", die Gleichsetzung, die weiter oben stattfand. Mit "auf Kosten" meinte ich nicht unbedingt Versorgung und Finanzen.  
Hasi: Es wird nicht zur Homoehe gezwungen, dennoch ist es mehr als eine banale Möglichkeit. Während es einmal wichtig war, dass Menschen anerkannt werden, egal welche Sexualität und sozialen Verbindungen sie leben, setzt homo sich nun in die altgedienten Strukturen, was zwangsläufig alle fallen lässt, die diese Strukturen nicht leben wollen. Die Auswirkungen sind deswegen nicht so gravierend spürbar, weil sich das bekannte Modell Ehe als solches überholt hat. Patchwork-Familien gibt es nicht nur in Homo-Kreisen, Individualismus zählt mehr als Zwangs- oder Wahlfamilie und das Homo heiratet gar nicht so gern wie gefürchtet. Dem Nachbarn ist es meist egal, ob es einen Trauschein gibt.  
Hasi: Wo es mich betrifft: Wenn ich nicht aus Berlin wegziehen will, weil ich nen Zwei-Euro-Job in Oberursel bekommen könnte, kann ich das beim Amt nicht mit meiner Wahlfamilie begründen, auch wenn sie als Versorger beim Sozialgeld berücksichtigt wird. Eine angeheiratete Frau wäre z.B. ein Grund. Diese Ungleichheit ist heute schwerer anzugehen als vor ein paar Jahren, da ich heute "ja heiraten könnte" (siehe oben: Scheinehen). Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass sich von offizieller Seite im Punkto soziale Beziehungen noch was tun wird, es betrifft zu wenige, den meisten ist mit der Ehe genug gegeben. Gemeinsam hätte man vorher mehr, bzw. anderes, fordern können.  
undine: gerade weil die staatliche versorgungsgarantie auf ein mininum reduziert wird, ist die ehe kein klotz am bein des staates. im gegenteil, der klotz besteht darin, dass immer weniger menschen heiraten und damit gegenseitige versorgung & pflege, v.a. im alter, übernehmen. insofern gibt es ein staatliches interesse daran, all die ehemüden heteros (nicht zuletzt über massive ökonomische vergünstigungen) & diejenigen, die bislang nicht heiraten durften, über eine neue institution zu integrieren. einen stamokaplevel kann ich in dieser diskussion nicht sehen. dass die klassische heterosexuelle ehe innerhalb patriarchaler bedingungen existiert, ist klar. aber was hat das mit der homoehe zu tun?  
???: stamokaplevel?  
Stamokap: (auch: SMK) ist die Abkürzung für staatsmonopolistischer Kapitalismus. Dieser Stamokap ist gemäß der Stamokap-Theorie, die sich auf dem Boden des Marxismus entwickelte, jene historische Phase des Kapitalismus, in der sich die Menschheit gegenwärtig befindet.  [...sagt Wikipedia]
oa@vadda: die "reichianische gleichung von sexueller und sozialer revolution" müsstest du mir mal zeigen. die gibt es nämlich nicht. du vereinfachst wieder einmal in polemisch zugespitzer form den sachverhalt. dachte mir schon, dass "reich" für dich ein reizwort ist, wie für so viele. und natürlich fällt auch dir zu reich nur "orgon" ein und der ganze bürgerlich verkürzte dreck, der schon zu seinen lebzeiten hoch und runtergebetet wurde. na ja, diese diskussion lässt sich hier nicht leisten, insofern vergiss es.  
oa: was hasi sagt, ist und bleibt leider wahr. die ehe, egal ob homo oder hetero, ist mehr als eine banalität. es gibt interessen, von denen undine nur einen aspekt angesprochen hat. ein weiterer betrifft die wertegemeinschaft und ihre argumentationslinie, wie sie bei "ledig" schön nachzulesen ist. diese diskussion bleibt deshalb wichtig und muss weiter geführt werden. die staatlich begünstigte zweier-kiste diskriminiert andere lebenskonzepte. und die homos machen da jetzt fleißig mit, während sie andererseits nach einem antidiskriminerungsgesetz schreien. na toll.  
vadda@o.a.: also ich kannte mal jemanden, der hat sich so 'ne orgonkiste aus holz und blech gebaut *g*...also, wenn du meinst, ich falle auf den "bürgerlich-verkürzten dreck" zu wilhelm reich rein, glaube ich schon, dass du's hinbekommst, mir in der gebotenen kürze und prägnanz die relevanz von reich zur aktuellen (homoehen)diskussion zu verklickern...oder ist deine zeitgenössische reich renaissance nur was für gläubig-eingeweihte?  
vadda@undine: ...ja, an deiner letzten argumentation ist natürlich was dran und meine these, dass wertkonservative institute wie die ehe, sich im globalen kapitalismus in luft auflösen, schon gewagt... immerhin gewinnt man in den usa die präsidentschaftswahl mit "moral issues" wie homoehe, abtreibung und sterbehilfe und nicht etwa mit sozialer gerechtigkeit und krieg+frieden.  
vadda: also so gebetsmühlenartig das hier auch wiederholt werden mag, desto weniger überzeugt's mich: allein dass etwas wie die ehe begünstigt wird, benachteiligt selbstverständlich alle anderen, die eben nicht heiraten. so what? das ist das wesen jedweder priviligierung, dass nämlich alle, die nicht vom privileg gebrauch machen auch nicht so priviligiert sind, wie diejenigen, die vom privileg gebrauch machen! wo ist denn da um himmels willen nun die besonders fiese diskriminierungsqualität drin, die hier andauernd beschworen aber leider auch nicht weiter begründet wird! mir scheint auch: gar nicht begründet werden kann und will!  
Hasi@vadda(Form): Warum immer gleich so polemisch? Ich versuche zu diskutieren, nicht um Recht zu haben, sondern um andere Denkweisen kennen zu lernen, eventuell auch anzunehmen. Ggf. auch andere zum Nach- oder Umdenken zu bringen. So finde ich das anstrengend.  
Hasi@vadda(Inhalt): Nach Deiner Denkweise, die immer nur von gewährten Privilegien ausgeht, gibt es per Definition keine Diskriminierung, weil jeder Nachteil letzten Endes immer auf eine Nicht-Zugehörigkeit zu einer (priviligierten) Gruppe zurückzuführen ist. Man könnte höchstens noch diskutieren, in wie weit die Zugehörigkeit zu Gruppen freiwillig oder erzwungen ist - in der Regel aber: selber Schuld, wenn Du nicht zu den Privilegierten gehörst.  
Hasi@vadda(Inhalt cont): Wieso ist es keine Diskriminierung, wenn ich (um beim oben gewählten Beispiel zu bleiben) meine Wahlverwandschaft nicht als soziales Umfeld geltend machen und zum Umziehen gezwungen werden kann?  
vadda: ähem, hasi, logo ist deine ein-euro-job-in-oberursel-geschichte (wie kommst du eigentlich gerade auf oberursel ;-)?) ein beispiel für die benachteiligung deines wahlfamilienstatus' im gegensatz zur grundgegesetzlich priviligierten ehestatus' der jetzt eben auch für homos gilt.  
vadda con't: ich würde das allerdings in die lange liste von alltäglichen ungerechtigkeiten packen und glaube kaum, dass je ein vorteil nicht auch für irgendeinen anderen betroffenen einen nachteil nach sich ziehen wird usw.usf. - wenn man denn überhaupt in dieser art von denke denken will. bleibt man in dieser denke, ist es allerdings definitiv 'ne diskriminierung, wenn den homos was verwehrt bleibt, was für die heten standard ist: nämlich heiraten.  
oa1: um es vorwegzunehmen, ich denke nicht in der von dir zuletzt beschriebenen denkstruktur, weil es in gesellschaftspolitischer gestaltung m.e. nicht darum gehen kann, "vorteile" für bestimmte gruppen zu schaffen. klar, wenn man so denkt, muss man automatisch "nachteile" für andere in kauf nehmen. ich denke, es geht vielmehr darum, regelmechanismen zu schaffen, die sozial gerecht sind. und mit "sozial" meine ich nicht die heute übliche verkürzung auf das geld, sondern das zusammenleben, die interaktion der leute mit hilfe von verstand und gefühl, kurz: die emotionalität einer gesellschaft.  
oa2: auf dieser ebene kommt der alte willi ins spiel. die analyse wilhelm reichs, wie eine gesellschaft sexualökonomisch, d.h.emotional funktioniert, halte ich immer noch für ein brauchbares werkzeug (vergleichbar mit marx für die wirtschaftsökonomie). in seinem buch "der einbruch der sexuellen zwangsmoral" hat reich die ehe als zwangs-institution einer patriarchal strukturierten gesellschaft mit dem interesse der akkumulation von gütern und machterhaltung des eigene clans beschrieben und in letzter konsequenz nicht aus irgendwelchen moralischen gründen abgelehnt, sondern aus gründen einer letztlich fehlgesteuerten sexualökonomie. (pathologisch in: "massenpsychologie des faschismus")  
oa3: wenn man das in den letzten vierzig jahren begriffen und damit begonnen hätte, fehlentwicklungen konsequent zu korrigieren (ansätze dazu gab es ja genügend), bräuchte man heute nicht so einen quatsch wie die homo-ehe zu diskutieren. aber reich wurde ja schon früh für verrückt erklärt (und leute, die seine gedanken heute weiterdenken, stehen in guter tradition selbst im verdacht, etwas balla zu sein). übrigens: nur weil ich reichs analyse als werkzeug benutze, bin ich deswegen noch lange keine reichianer (oder "gläubig-eingeweihter"), genauso wenig wie ich marxist sein muss, nur weil ich die denke von marx hilfreich finde.  
vadda: naja ich finde, im verdacht zu stehen, etwas ballaballa zu sein, durchaus als eine art ehrenbezeichnung ;-) also die "ehe als zwangsinstitution einer patriarchal strukturierten gesellschaft mit dem interesse der akkumulation von gütern und machterhaltung des eigene clans" zu beschreiben geht klar (und das erkannt zu haben, setzte ich mal hier voraus); der idealistisch-erzieherische impetus von der sexualökonomischen regulierung bzw. korrektur von verstand und gefühl - nein danke! das ist sozialtechnik im dienste der 'biomacht' (um mal so was genderdiskursives hier aufzunehmen) und das lehne ich aber halo mal ab. egal ob da "fortschrittlich" draufsteht.  
oa1: die sexualökonomie reichs setzt auf das von ihm beobachtete und mehrfach beschriebene prinzip der selbstregulierung und ist insofern biologisch begründet, dadurch aber noch lange nicht biologistisch. im gegenteil, reich hat sich gegen jede form von ideologie (und idealismus) gewehrt, die daraus entstehen könnte (und bereits im entstehen war). aber wie gesagt, ich will hier nicht reich das wort reden.  
oa2: ich frage mich nur, welche kriterien du eigentlich anwendest, wenn du alles, was im verdacht steht, wertebildend zu sein, von vorneherein als idealistisch, aufgesetzt, technisch oder was auch immer ablehnst. woraus beziehst du eigentlich deine kriterien für echten "fortschritt", oder gibt es den für dich sowieso nicht?  
vadda: naja, fortschritt, hmmm...also, sagen wir mal so: mein fortschrittsbegriff ist immer noch der der alten aufklärung, nämlich die emanzipation aus der selbst- und fremdverschuldeten unmündigkeit/knechtschaft.  
live von Parker Bowles Einsegnung: "Charles darf zweimal heiraten, aber Schwule nicht einmal" [Peter Tatchell]  
Mitlesende: "Im besten Fall bringt Heiraten überhaupt nichts. Denn einige Jahre nach der Hochzeit ist man höchstens genauso zufrieden wie vor der Ehe." berichtete  Christina Maria Berr in der SZ