Hannover: Zu den wenigen Dingen, die mich an etuxx stören, gehört die Fixierung auf Berlin. In welchem Bezug steht dieser ansonsten informative Text zum "queer underground"? |
Berlin: Hallo Hannover, die "Berlinlastigkeit" liegt an Berlin, alle Redakteure sind Berliner, doch grundsätzlich sehen wir uns nicht als Berliner Projekt, sondern eher als eins für den deutschsprachigen Raum. Doch speziell zu Deiner Frage folgendes: |
"Bankenskandal" am 12.1 @ 21h Möbel Olfe: Wieviel queer ist der Bankenskandal? In der Stadt leiden die Kitas, Hochschulen, Selbsthilfeprojekte und nicht zuletzt die wenigen lesbisch-schwulen Projekte. Schon vergessen scheint einer der Auslöser, der Berliner Bankenskandal: Im Gießkannenprinzip die Berliner Bankgesellschaft ihre Freunde reichhaltig mit riskanten Krediten ausstattete und Prominenten Höchstrenditen offerierte. Peter Grottian, ist Hebamme der Initiative "Berliner-Bankenskandal" und Prof.für Politikwissenschaften am Otto-Suhr-Institut der FU. Mit ihm wollen wir diskutieren über die Auswirkung und Ursachen des Berliner Bankenskandal, nicht zuletzt einem Ort des Geschehens: dem Möbel Olfe im Neuen Kreuzberger Zentrum. |
Naiv-?-Hasi: Eigentlich sind doch die haarstreubenden Vorgänge recht gut dokumentiert. Wie kommt es, dass die Staatsanwaltschaft so gar keine Handhabe hat? Horrende Versorgungsbezüge sind zwar legal, aber Finanzierung von klar defizitären Projekten von »Freunden« aus »öffentlichen« Geldern wohl kaum. Mal bitte ohne Verschwörungs-Hammer á la »alles Verbrecher«: wo könnte man erfolgreich ansetzen? |
Hannover @ Berlin: Natürlich leiden auch lesbisch-schwule Projekte unter dem Bankenskandal, liebe Hauptstadt, aber mit dem Argument könnten wir ja willkürlich jeden beliebigen Haushaltsentwurf zum Thema machen. |
Berlin-SüdOst@ Hannover: Na vielleicht kommen sie bei dem ganzen Fond- und Anlagegequatsche auch darauf, wie das als Schwuler oder Lesbe mit der Alterssicherung funktioniert soll, oder dass die Nazis ja auch ganz schlimm gegen die Spekulantenschweine waren, und das mit "Zinsen und Juden" ... . Oder, dass die imperialistische Schlimm-USA neben dem Fordismus auch Queer im Gepäck hatte. Oder "Paygay" oder pink money? oder oder ... |
FB@Südost: Ich weiss nicht was Du uns mit dieser Auflistung sagen willst? Bedeutet den Bankenskandal zu thematisieren = Kooperation in Gedanken mit den Nazis? Oder meinst Du: tolle Idee. Dann wird "den" Schwulen/Lesben mal andere/erweiternde Themen nahe gebracht. |
hasi @ hannover: queer-politik ist eine "politik-struktur", eine "vorgehensweise", die sich vor allem dadurch von anderen unterscheidet, dass gruppen bündnisse miteinander eingehen, die sonst nur wenig kontakt haben, oft sogar "konkurierend" sind. bei themen wie dem berliner bankenskandal ist diese art des denkens notwendig, wenn überhaupt irgendwas passieren soll - also ist der bankenskandal durchaus ein "queeres" thema. ein artikel, der einen hannoverischen background hätte, würde sicher auch "abgedruckt", allerdings schreiben hier ja meist die berliner, und die leben halt hier ... |
Brenda@Hannover: Wir freuen uns immer über eingesandte Texte und Artikel zu anderen Lokal- oder Regionalpolitiken. Und wir freuen uns natürlich auch, dass wir nicht nur in Berlin gelesen werden. :-) |
MC: Ich fand die Veranstaltung zum Bankenskandal im Möbel Olfe sehr schön. Weil sie informativ war. Und angenehm un-lesbischwulqueer. Nur der Tonfall von Grottian war mir teilweise unangenehm (demagogisch wäre zu hart - aber so in die Richtung). Ich bin allerdings auch ungeübt im Anhören von Reden aller Art. |
MC: Niemand ist auch nur auf die Idee gekommen, eine der weiter oben von Berlin-Südost befürchteten Diskussionen aufzumachen. Und was das Ansetzen angeht: die Festschreibung privater Gewinne aus öffentlichen Mitteln ist keineswegs unumkehrbar. Wenn aus den bevorstehenden 30 Jahren Plünderung nur 15 oder 10 Jahre würden, wäre schon viel gewonnen. |
MC: Ein bischen zu wenig ist mir Grottian auf die Zwickmühle eingegangen, in der die Berliner Partei-Politik steckt. Wer immerzu von einer grossen Zukunft Berlins schwärmt, kann nicht öffentlich seinen Bankrott erklären. Selbst dann nicht, wenn dadurch die Belastung kurzfristig sinkt. "Schwamm drüber und weitermachen" ist in dieser Logik durchaus folgerichtig. |
ulrike: leider hat grottian nix dazu gesagt, wie viel queer jetzt daran sein soll. aber das ist da vielleicht auch einfach kein vordringliches thema. ich hätte gerne gewusst, was grottian unter "demokratischen volksgefängnissen" versteht, hab mich aber nicht getraut nachzufragen. ich finds aber doof, so provokante begriffe zu verwenden und sie dann nicht weiter auszuführen. das geht dann wirklich in richtung stammtischredner. |
Der Bankenskandal ist keineswegs queer: Das ist die klare Antwort des Abends. Leider hat sich in dieser Republik noch nicht rumgesprochen, dass der Berliner Bankenskandal keineswegs nur ein Berliner Thema ist (@hannover). Im Gegenteil. Überall in diesem Land (und auch in Hannover) sitzen die Geldsauger, die nach wie vor nicht bereit sind, auf ihre Renditen zu verzichten, obwohl sie inzwischen wissen, wie dreckig es "ihrer Hauptstadt" geht. Das hat sich offenbar leider noch nicht rumgesprochen. Deshalb steht es auch hier um so dringlicher. etuxx wird weiter berichten! (Onair) |
Hallo Onair: Ich bin auch nicht bereit, auf meine Zinsen zu verzichten, Du? Wenn Du schon den Anleger als "Geldsauger" titulierst, wieso greifst Du nicht gleich zu einem bösen antisemitischen Vergleich, sag was mit Rattenpack, böser Spekulant, Bonzen, Pfeffersack ... vergiss das J-Wort nicht. Oder vereinige Dich mit den Nationalsozialisten, die hatten auch was gegen Zinsen, gegen das geldsaugende, spekulierende Pack, das den Volkskörper schädigt... . Ist Zinsen/Rendite haben wollen böse? Ich weiß, gleich sind wir beim Kapital und beim Wertgesetz. Iljonka aus der Schweiz |
Brenda: mich kotzt es langsam echt an, dass einige hier ständig meinen, auch nur bei jedem kleinsten spekulativen Anlass die Antisemitismuskeule schwingen zu müssen. Vielleicht muss nicht jede Diskussion darauf reduziert werden, das wäre dann etwas produktiver. |
Brenda@Iljonka: um irgendwelche Zinsen von dir geht es auch gar nicht. sondern um die aus ganz bestimmten Anlagefonds, die vom Vorstand der Berliner Bankengesellschaft und der CDU/SPD Koalition Anfang der 90er geschaffen wurden. Und warum sollen sich nicht Menschen bereiterklären, auf bestimmt Zinseinkünfte zu verzichten. Also ich würde das tun, wäre ich an solch einem Fond beteiligt. |
lore: wenn man bedenkt, dass juden und jüdinnen ganz zentral an der kapitalismuskritk als theorie und bewegung beteilgt waren, ist das langsam eine absurde wendung der dinge. |
Danke Andrea: für die Fotos [1] |
Danke Andrea: für die Fotos [2] |
FB@brenda, Onair:: Ich bin bekanntermassen kein Antideutscher aber vielleicht doch etwas infiziert durch die Wertkritik, und da muss ich Iljonnka auf einer Ebene recht geben und diese Kritik trifft auf die Art zu wie die Intiative Bankenskandal rezipiert wird. Die Zirkulationssphäre des Kapitals und die Produktionsspähre des Kapitals sind zwei Seiten der selben Medaille, sprich des Kapitalismus. Der Besitzer an Kapital möchte mittels Produktion oder mittels Zirkultion sein Kapital vermehren. Dabei ist das Eine nicht unredlicher als das Andere. Bei beiden bleiben die Nichtbesitzer von Kaptal auf der Strecke. |
fb: Und es glaube niemand, die Politk von Rot-Rot sehe ohne den Bankenskandal so viel besser aus. Aber er schränkt die potentielle Politikfähigkeit ein, dahin muss die Kritik gehen. Das ist ein Unterschied zu: "die Abzocker". Aber das habt ihr ja auch garnicht gemeint. Und bestimmte Kreise möchten das vielleicht auch nur immer wieder "missverstehen". Die Ware benötigt im entwickelten Tausch immer, Geld, Zins und Kredit. Also: Auf, Nieder, Immer wieder! Und stürtzt das ... |
Berlin Nordost: Skandalös ist, und da haben Grottian & Co. Recht und treffen den Nagel auf den Kopf, wenn sie von argentinischen Verhältnissen in Berlin reden. Es geht beim Bankenskandal nicht ums Wertgesetz und um die Zirkulation von Geld und Waren. (Da geht es zwar immer drum, aber den Punkt will ich mal außen vor lassen.) Auch nach so genanten Gesetzen (die aus dem G-buch und die ungeschriebenen) der Marktwirtschaft bzw. des Kapitalismus sind diese Verträge unrechtmäßig zu Stande gekommen, wären demnach quasi ungültig. |
Berlin Nordost: Der Skandal ist, dass dieser so genannte Rechtsstaat den Verursachern nicht beikommt und per Solidaritätsprinzip alle dafür aufkommen sollen. Während der allgemeine Trend zur Privatisierung der Risiken usw. geht und Prinzipen wie Solidarität und Gemeinschaft immer weiter ausgehebelt werden, darf hier noch mal der Steuerzahler aufkommen. Da die Staatsanwaltschaft anscheinend zu blöd ist, diesen Unrechtsnachweis zu führen, sollte der Senat Mittel ergreifen, dieses Unrecht stark zu mildern, die Anteilzeichner zwingen, aus den Verträgen auszusteigen bspw. durch Veröffentlichung der in Berlin unerwünschten Personen an der Stadtgrenze und den zentralen Plätzen der Stadt. |
Berlin Nordost: Ein breites gesellschaftpolitisches Mobbing gegen diese Fond-Nichtaussteigwoller halte ich für ein probates Mittel. Allerdings birgt die Methodik den einen oder anderen Fallstrick. Schnell ruft ein aufgehetzter Mob nach Blutopfern und selbsternannte Berlinkämpfer könnten ruckizucki in den Wahn verfallen, im Auftrag des Volkes zur Lynchjustiz schreiten zu müssen - oder neue Schleyer landeten in neuen Volksgefängnissen ... . |
sOziAlistische Perspektiven: Wie wärs, um Berlin wieder eine Mauer aufzubauen mit Finanz-Kontrolleuren an den Grenzen? Fondszeichner kommen nicht mehr rein, werden stattdessen sofort enteignet und nach - sagen wir - Russland abgeschoben. Mit den gewonnenen Millionen könnte man überall in der Stadt Volksküchen aufbauen. |
dolomiti: Jaja, polemisiert mal schön. Ist ja auch nicht einfach, wenn man als Profiteur und Verfechter eines Systems mit dessen Fratze konfrontiert wird. Grottian hat zu recht darauf hingewiesen, daß sich hier ein Szenario offenbart, daß sonst gerne mal als antikapitalistische Verschwörungstheorie belächelt wird: Eine Verflechtung von Politik und Wirtschaft im Kapitalinteresse. Ich sehe in der Tat auch nicht ein, weshalb man so tun sollte, als hätten die armen unbescholtenen Anleger damit so gar nichts zu tun. Sie sind Teil des Ganzen und gehören zumindest namentlich in die öffentliche Debatte (soweit eine stattfindet). |
sOz iAl: Klar war das ein Polemik. Allerdings nicht die eines "Profiteurs" oder "Verfechters", lieber dolomiti. Sollte eher eine kleine Gedankenanregung über öffentlichkeitswirksame Massnahmen sein. Ich glaube, das Abgeordnetenhaus zu umstellen und Zugänge für Abgeordnete zu blockieren, die sowieso schon längst drin sind, ist da nicht besonders intelligent. Ich muss allerdings zugeben, dass mir gerade auch nichts einfällt. |
dolomiti: Na dann nix für ungut. Dachte bei den Profiteuren auch eher an den eidgenössischen "ich und meine Zinsen"-Beitrag von oben. |
fb: Und wir zahlen`s doch! Das Volksbegehren zur Rücknahme der Risikoabschirmung des Berliner Senat in Höhe von 21 Mrd. Euro wurde vom Berliner Senat nicht zugelassen, obwohl die erste Hürde zur Zulassung mit 37.000 Unterschriften deutlich übersprungen wurde - nötig waren 25.000 Unterschriften. Da, diese Abstimmung grundlegende haushaltspolitische Fragen des Berliner Senats berühre, wäre sie nicht Verfassungskonform. Die Initiative Berliner Bankenskandal prüft, ob sie gegen die Entscheidung eine Verfassungsklage einreicht. |
dolomiti: Das war zu erwarten, nachdem der Senat bereits im Vorfeld auf das sog. Finanztabu in der Landesverfassung hingewiesen hatte, das einem Volksbegehren "zum Landeshaushalt" den Weg versperrt. Presseberichten zufolge soll die Entscheidung der Iniative Bankenskandal für eine Klage vor dem Landesverfassungsgericht bereits gefallen sein. Bleibt abzuwarten, was das Gericht daraus macht. Die Rücknahme der Risikoabschirmung ist jedenfalls kein Haushaltsgesetz im engeren Sinne. Zweifelsohne tangiert sie aber zumindest mittelbar auch Haushaltsfragen (wenngleich keiner so recht durchschaut, worauf Sarrazin seine abstrusen Rechenwerke aus neuerer Zeit stützt). | |