Dass die Türpolitik von Clubs und Tanzschuppen gerade von Abgewiesenen oft nicht verstanden wird, weil für gewöhlich keine Zeit zum Lamentieren ist, kennt wohl jede und jeder. Dann bleibt diese Leere, war's meine Nase, mein Iro, mein breiter Arsch, mein Alter …? Folgender Beitrag eines Schreibers, der namentlich nicht genannt werden will, hat das Problem nicht, die Einlassbegehrenden für Berlins "kleine Busche" "sahen links aus":

Da ist doch was im Busche

Es ist Samstagabend. Wir, eine Gruppe von fünf schwulen Männern und einer Frau, gehen tanzen: Ab in die Busche. Es herrscht ausgelassene Stimmung. Um 6 Uhr morgens endet dann unsere Party - jedoch nicht wie vorgesehen in der kleinen Busche ... Wir scheiterten am Einlass.

Der junge Mann am Einlass meinte, wir wären betrunken, hätten getorkelt. Etwas ungläubig gucken wir uns an. Sonntagmorgen 6 Uhr -natürlich hatten wir was getrunken- besoffen waren wir aber nicht. Es entspinnt sich eine Diskussion, in deren Verlauf noch ein weiterer Mann(der Chef o. Verantwortliche des Abends) zu uns trifft. Dieser lässt dann in dankenswerter Offenheit die Katze aus dem Sack: Wir sähen irgendwie etwas links aus und das soll nicht zu dem Publikum passen, das schon im Laden ist.

Nun stellen wir uns die Frage, was das wohl für ein Publikum sein muss, wenn schon die Anwesenheit von ein paar eigentlich ganz gut angezogenen Menschen zum Sicherheitsrisiko wird. Der Schluss auf rechte Mitbürger, die schon auch mal zulangen, liegt nah. Offen bleibt auch die Frage, ob es sich hier um die Geschäftspolitik der Busche handelt, oder um eine Entscheidung des Einlassers.

Auf jeden Fall zeigt dieses Ereignis, dass die Kampagnen zu Toleranz und Zivilcourage anscheinend an den Türen der Busche enden. Und rechte Schwule oder Heteros gern gesehene Gäste sind.

janz dumme frage: wie "sieht man links aus"? oder andersrum wie ist man "janz jut angezogen"? beides doch wohl eher eine klassifierungsfrage nach äusserlichkeiten, sowohl des türstehers als auch des artikelschreibers?  
Sascha B.: Es ist nicht das erste Mal, dass so was über die "Busche" berichtet wird. Natürlich liegt mir die Frage nahe: Warum wollt(et) Ihr denn überhaupt zum Tanzen in die "Busche"? Dort hinzugehen, ist mir ein völlig unverständliches Bedürfnis. Aber, schon richtig: darum geht es hier nicht. - Die Beschwerde hat dennoch etwas Zweifelhaftes (wie mein Vorredner schon anmerkte). Tenor: "Wir haben uns doch schon angepasst - warum sind wir trotzdem nicht reingekommen?! "...  
Sascha B.: Es gibt in Berlin bestimmt noch mehr schwule Clubs, die "potentiellen Linken" den Einlass verwehren. Ich halte das entschieden für einen "Nebenkriegsschauplatz" und weiss nicht recht, was damit gewonnen wäre, ein solches Verhalten öffentlich zu skandalisieren. Ich kann mir vorstellen, dass da eher sozioökonomische Kriterien eine Rolle spielen: Die parfümierten, aseptischen Weisse-Oberhemden-Schwuchteln mögen eben gerne unter sich bleiben. Natürlich ist es berechtigt, auch solche Kriterien zu kritisieren und durchbrechen zu wollen...  
Sascha B.: Aber dieser Artikel scheint mir einem "Bewegungs-Romantizismus" verhaftet, der schon vor zehn Jahren etwas lächerlich war. Homosexualität allein stiftet eben noch lange keine solidarische Gemeinschaft - die identifikatorischen Ein- und Ausschliessungen verlaufen quer (queer?) dazu; das sollte doch eigentlich klar sein. - Wenn es dennoch Belege dafür geben sollte, dass eine "rechte Szene" in der "Busche" verkehrt - dann: mea culpa. Aber was in dem Artikel oben steht, reicht für diesen Verdacht nicht aus.  
Lore: Lieber Sascha, mir ist bisher kein schwuler Club bekannt, in dem man mit dieser Begründung abgewiesen würde. Zumindest dass man als Linker oder irgendwie alternativ Aussehender geduldet wird, war nach meiner Erfahrung immer noch der Standard. Wenn sich das ändert, ist es erschreckend. Die Notiz muss öffentlich gemacht werden (Siegessäule, etc.) und sollte zu Boykott-Aufrufen führen. Es geht hier um Kulturkampf.  
fischkaefer: ach mensch, es sollte nur ne kurze info sein.der text wurde nur schnell getippt, ohne ein "paper" rausbringen zu wollen-es ist mir/uns piepegal,ob wir in die busche kommen o. nicht!sind dann doch eher inner rattenbar zuhause-einige von euch kennen aber das phänomen:sich ´nen schrägen abend dort zu geben-ich weiß es!ich wüßte trotzdem gern was dort abgeht...ohne diskussionen über angepaßtes outfit und so´n scheiß zu führen. ich trag kommenden do. auch nix anderes als letztes wochenende...glaube sonst würde ich´s hier auch nich posten...naja, vielleicht auch egal-schönen tag euch noch!  
Zytostat: Nun ja. Also, ist wahrscheinlich abwegig, aber es könnte auch sein, daß die das für euch gemacht haben und halt auch für sich, weil sie keine Kloppereien wollen. Ich mein, heisst ja nicht, daß sie mit dem Publikum das sie haben konform gehen, deswegen.  Zytostatic-Blog
Lore: na, das ist ja eine sehr wohl wollende interpretation, zytostat. dann hätte sies doch auch so sagen können. muss man sich jetzt bei jedem bedanken, der einen davon abhält, eine national befreite zone zu betreten, um gewalt zu verhindern und frieden zu stiften?  
Sascha B.: Stimmt, Lore, professionelle Türsteher geben "normalerweise" gar keine Begründung dafür ab, warum sie jemandem den Zutritt verwehren. Sie sind auch gehalten, so zu verfahren, denn sonst müssten sie die `reinlassen, die die besten Rhetoriker sind. Im übrigen empfinde ich Diskussionen mit Türstehern entschieden als unwürdig (was wahrscheinlich meinerseits eine elitäre Haltung ist)...  
Sascha B.: Worin, Lore, besteht denn nun der Kulturkampf, auf den Du hinauswillst? Für mich macht es keinen grossen Unterschied, ausgeschlossen zu werden, weil ich politisch nicht genehm bin oder deshalb, weil man mir nicht zutraut, genügend überteuerte Getränke finanzieren zu können. So etwas zu skandalisieren, bedeutete einen Appell an gemeinsame (humanistische, liberale, wie auch immer) Werte der schwulen resp. Party-Szene. Und da ich die für illusorisch halte, sprach ich von Romantizismus.  
Zytostat: Ich hab das auch als wohlwollende Interpreation gemeint ;-) Es ist natürlich eine Sauerei, aber, ich meine die Möglichkeit besteht ja trotzdem... :-D  Zytostatic-Blog
fritz: Wenn ich alle Kommentare zusammenfasse, weiss wohl niemand, was in der Kleinen Busche los ist. Ich auch nicht - ich kenne persönlich auch niemanden, der mal drinnen war! Ich will es auch gar nicht ausprobieren! Dass mensch aber mit der Begründung, "links" auszusehen in einem Homoladen in Friedrichshain-Kreuzberg nicht reinkommt - nix "heute nur mit Gästeliste" - ist aber doch erstaunlich und erschreckend.  
mimi: mal ein kommentar von einer anderen front: hier in Amsterdam -der angeblichen queeren hochburg- werden femmy girls an der tuer noch gefragt ob sie "echte lesben" und tranniboys ob sie "wirklich schwul" sind. Und das im einzigen Club, der nicht 11 Euro eintritt verlangt und fuer "beide geschlechter" ist. Das war vielleicht mal gut gemeint, ist aber so was von vorbei.  
allwissende...: dass eine gewisse konservative klientel in der busche verkehrt, sollte nichts neues sein. dennoch ist natürlich sehr beunruhigend wenn leute in friedrichshain wegen "linken erscheinungsbildes"(was ist das eigentlich?) nicht auf einlass hoffen koennen. sollte es aber den/die schreiber denn nicht auch insgeheim ein wenig mit stolz oder genugtuung erfuellen, dass er/sie/es als nicht passend fuer die dortige crowd abgewiesen wurde? glaube mir, es ist ein gar entsetzlicher laden mit dem charme eines grillabends in der kleingartenkolonie!  
einbsschenwissende...: es geht doch gar nicht darum, welches töpfchen auf welches deckelchen passt, es geht darum, dass "linkssein" als auschlussgrund genannt wird. bislang liefen die ausschlussmechanismen subtiler. es ist ein unterschied, ob man eine atmosphäre schafft, die für gewisse leute wenig anziehend wirkt, oder ob man "linke raus!" an die tür schreibt. kapiert?  
allwissende....: naja. aber dass linke unerwünscht sind, ist keine grosse neuigkeit. überrascht mich eigentlich nicht so sehr. schlimm ist, dass diese mentalität den friedrichshain und die homo-szenerie infiltriert.  
Sascha B.: Ist das wirklich ein so erheblicher Unterschied, ob man "Linke (Punks, Asseln, Stützeempfänger etc.) raus!" "an die Tür schreibt" bzw. explizit verkündet oder ob man genau das informell vermittelt (wie eben viele andere Clubs auch)? Will hier jemand Heuchelei? Es ist wie bei der Antifa: Die expliziten Neonazis anzugreifen ist eines - aber der kryptofaschistische Mainstream ist entscheidender!  
einbisschenwissende: das sind unterschiedliche herrschaftsstrategien. es bedeutet aber was, wenn man heute wieder offen sagen darf: linke raus, und das in einem linkslastigen bezirk wie fh-kb. da fällt eine schamgrenze. was mich aber ein bisschen verblüfft, ist, dass sich die diskutantinnen hier so problemlos in ihre opferrolle schicken.  
@einbisschenwissende: liegt wohl daran, dass nicht-in-die-busche-dürfen mehr als gnade denn als opfer empfunden wird (korrekter weise)  
Zytostat: guckts euch mal andersrum an... nen linker club wird auch nicht unbedingt faschos reinlassen oder? ich meine, ob nun rechts oder links, im extrem ist beides scheisse, aber so lange es nichts extremes gibt, dürfen die gruppen sich doch gegeneinander ausschließen oder? Ist nicht toll, aber gutes recht... :-/  Zytostatic-Blog
Sascha B.: An die "einbisschenwissende": Genau das wäre der Punkt: "Da fällt eine Schamgrenze"! Wenn derlei "Schamgrenzen" die einzige "Errungenschaft" von mehr als zwei Jahrzehnten schwullesbischer Emanzipation darstellten, dann wäre das mehr als ein überaus ärmliches Zeugnis derselben! Dann hätten wir dem "p.c.-Kanon" nur noch ein weiteres Tabu hinzugefügt. Na prima! Aber das wäre nur ein Beleg dafür, dass uns die Obstuktion des gesellschaftlichen Mainstreams gründlich misslungen ist.  
@einbisschenwissende: ja, das sehe ich auch so. weder muss mensch die busche, noch fascho-clubs aufsuchen um einen netten abend zu haben. wer hat denn auch die nötige energie, sich über solche läden aufzuregen?  
einbisschenbesserwissende@sascha: schön, dass du endlich mal aus deinen allmachtsträumen aufwachst.  
schlichterin: ich schlage vor, wir verfassen an die kleine busche ein dankesschreiben. endlich helfen uns nicht-linke dabei, die clubs zu finden, in denen wir uns auch richtig wohl fühlen.  
allwissende...: ich glaube, dass das über das verständnis der busche-betreiber hinausgehen würde.  
spin: das mit dem dankesschreiben finde ich eine hervorragende idee. es sollte auch von der entsprechenden graffity begleitet werden.  
Sascha B. (an e.b.b.w. u.a.): Meine "Allmachtsträume" sind Tagträume, also eher: "Allmachtsphantasien". Ich sehe schon ein, dass es mir niemals gelingen wird, jeden Nazi mit der Uzi... O.k. - Das "Dankesschreiben" sollte es unbedingt geben - auch wenn die eigentlichen Empfänger es nicht verstehen werden. Daraus entstünde dann 1. die Fortsetzung dieses "Foos" - und 2. könnte man das der "Siegessäule" zur Veröffentlichung überhelfen oder 3. sogar "Du + Ich" - die sitzen ja jetzt im gleichen (Presse-)Haus und sehnen sich nach anspruchsvollen Texten (wenn ich den neuen Chefredakteur Dirk richtig verstanden habe - und im übrigen ist das jetzt eh das Blatt, in dem alle veröffentlichen, die mal links waren... :-)  
Oliver: Du+Ich???? Die kenne ich aus meiner Jugend, wenn ich Sonntag morgens im Bahnhofskiosk auf die erste Regionalbahn gewartet habe... Links? Ich bin platt!  
Mutti: ...ich werde nicht bei du&ich schreiben.