Die dunkle Seite des schwuchtelettigen Pop-Kontinents
Djane teutonias Schwelgen über
schwulen Wagnerianismus,
Guitarren-Tuntismus,
Tucken-Industrialism &
Wie hälst du es mit
der Fascho-Philie?

von Casper G. Zehner


Wird eine queere Pop-Geschichte gerne über die Ecksäulchen Glam-Rock, Disko-House & Fem-Punk/Rrriot-Grrrilsm geschrieben & sich in den queeren Oral Historys daran entlang sozialisiert, so gibt es mindestens eine dunkle Seite dieses Kontinents. Diese wird von djane teutonia - eine "bürgerlich autonome Tuntistin" aus Österreich - beschrieben: Als eine "Schwuchtelettige Deutsche Leidkultur", die sich an so illustren Protagonisten wie Richard Wagner, über einen "Guitarren-Tuntismus" eines Johnny Winter bis zur orgiastischen Ejakulation von Industrial-Noise im merzbow’schen Sinne, entlang hangelt ... & das Ganze soll dann auch noch feministisch sein.



QUEERER WAGNERIANISMUS - wie soll das gehn?
Das Phänomen des bürgerlichen Opern-Trullerismus ist allfällig bekannt, jedoch im Aussterben begriffen. der Opern-Trullerismus bezieht seine Kraft aus der gesamtästhetischen Illusion & Realitätsflucht, die ein solches Werk im schwuchtelettigen Subjekt hervorbringen kann, wenn es eben - zb. aufgrund von Marginalisierung - zu solchen Ausgleichs- oder Übersprungshandlungen neigt. Der wagnerianische Opern-Trullerismus ist insofern speziell, weil:
1.) in der gewaltigen Konzeption des wagnerschen "Gesamtkunstwerkes" eine vollkommene Ästhetisierung des Politischen stattfindet: eine Massenaffirmation, ein Appell ans Unterbewusste, der das Subjekt vor der Wucht des Erhabenen - also die Kapitulation der Ratio vor dem "Schrecklich Schönen" - die Segel streichen lässt. Das hat zum einen zum Faschismus geführt, zum anderen zum Pop, oder eben einfach zu Beidem.



2.) In der späteren wagnerschen Harmonik emanzipieren sich die Dissonanzen & müssen nicht mehr harmonisch "aufgelöst" werden. Das, was zuvor das Negative & das Leiden beschrieb, wird nun genussvoll zelebriert: zum Genuss der Qual - um sich schliesslich in der (musikalischen) Moderne vollständig zu emanzipieren. Genauso wie das queere Subjekt sich nicht mehr in eine wie auch immer geartete harmonisierte Identitätskonstruktion integrieren lässt. Also ist in der wagnerschen Harmonik ein butschlerscher Geschlechter-Identitäts-Dekonstruktions-Feminismus vorgezeichnet; nicht zu vergessen auch in der Figurenzeichnung von Brünnhilde & den Walküren, die Dykes on Bykes des 19.Jahrhunderts.



mehr dazu siehe djane teutonia im Gespräch mit Richard Wagner & Theodor W. Adorno über POP

GUITARREN-TUNTISMUS & TUCKEN-INDUSTRIALISM
Ist eine affirmativ leidenskulturelle bürgerliche Jung-Tucke der 70er-80er-jahre mit einer elektrischen Guitarre konfrontiert, muss nicht automatisch ein machoistisch phallozentrischer Guitarrismus auf den plan treten. Dieser bleibt meist den heterosexuellen Mit-Rockern vorbehalten, die diesen mit einer bestimmten Hängehöhe des Gerätes und bestimmten Gesten demonstrieren. Die oben beschriebene Jung-Tucke findet ihr guitarristisches Betätigungs- & Identifikationsfeld viel eher im schwarzen Blues, der molligen Klagemusik der repressionierten Subjekte. Aber wie schon Frank Zappa frech behauptete: "only white men can play the blues", so findet die leidenskulturelle JungTucke nicht etwa im destruktiv-offensiven Hendrix-Guitarrismus ihre Offenbarung. Vielmehr in der technisch sauberen Variante eines Johnny-Winter-guitarristischen Junkie-Konstruktivismus, der geprägt ist von körperlichen Zerfall (des guitarristischen Pop-Subjekt), bei gleichzeitigen Energieschüben in die Fingerspitzen einerseits, andererseits in eine sexistische textliche Ebene, die die eigene körperliche Konstruktion zu konterkarieren scheint: "...they call me sweet papa john, cause my candy is so hard...here it comes to melt right down in your mouth...".

       
Guitarren-Tuntismus
Was ist das?

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte:
Johnny Winter - Göttin! Schon 1979 anlässlich seiner Guitarrentuntismus-Messe in der Grugahalle in Essen schrieb die renommierte Popzeitung "spex" im prä-butlerschen Sinne: "vor der Prozession gab es Johnny Winter UND die Guitarre - während der Prozession WURDE Johnny Winter die Guitarre"... das naturalisierte Guitarren-Tuntismus-Subjekt.Wer nun sofort ein Artefakt dieser Göttin sich aneignen möchte, um den dazugehöhrigen Klang sich einzuverleiben, sei gewarnt: nur Live-Aufnahmen! ... Studio-Aufnahmen sind schrottiges Gefuddle ... wahrscheinlich weil die Göttin für ebensolche immer auf clean gestellt wurde, und so sich der emanzipierte Junkie-Konstruktivismus nur on Stage entfalten konnte.
   
 teutonia performiert Johnny Winter                                hier auch

Ein solches Identifikationsmuster ist natürlich nicht längerfristig tragbar, und das sich somit angestaute Leid muss sich erruptiv entladen in der Entdeckung eines blassen schmalen nordischen schüchternen Guitarren-Heros: Caspar Brötzmann’s Massaker. Die Fingertechnik weicht der Elektrotechnik, statt orgiastisches Gezupfe folgt orgiastische Rückkopplung. Diese Erfahrung ist ausschlaggebend für die Konstitution der oben beschriebenen Jung-Tucke als Subjekt des Industrial- oder Noise-Tuckismus; wagnersche Wucht macht sich hier wieder Platz. In der folge kann die Guitarren-Tuntistin im Fummel das RockPop-Gerät mittels folgenreichem schalldruckstarkem hochfrequentigem Quietschen & Fiepen zum Abschrauben von Schädelplatten von unliebsamen Zeitgenossen einsetzten werden - quasi anstelle des Stöckelschuh-Tritts in Weichteile.

mehr dazu siehe Die ROCKPOP-Guitarre im Lichte des Gender-Diskurses

DIE FRAGE NACH DER FASCHO-PHILIE
djane teutonia im O-Ton: "..die einen Schwuletten leben ihre faschistoiden Anteile in der sexuellen Fetischisierung von gewaltbereiter Maskulinität (Bodystyling, Military, Uniform, Skin, etc.), die anderen in gewaltiger Musik". Djane teutoina zählt sich zu den Zweiteren, weil sie an Kunst-Katharsis im klassischen Sinne glaubt, weniger an Sex-Katharsis. Zudem behauptet sie, ihre Haltung sei "volksgesünder, denn so wird der Verunreinigung unseres Strassenbildes durch diese Subjekte mit ihren reaktionär-faschistoiden Männer-Körper-Bildern, die jeglicher feministischer & schwuchtelettiger Emanzipation & Revolution ins Gesicht schlagen, wenigstens kein Vorschub geleistet".....diese Subjekte gehöhrten mal ordentlich in der "J.butler-Maschine gehirngewaschen und anschliessend de-performativiert", so djane teutonia

mehr zu Macho/Fascho-Fetisch: "Ich bumbse gerne Nazi-Säue in den Bobo ... "

Du spinnst!: Faschismus und Pop mit gleichem Werdegang? Genuss der Qual als Grundlage für alles? Die Gitarre mit Drogen als andersgeartete Macho-Spielart? Billige Gleichmacherei ohne Differenzierung. Zu lange Schlingensief-Performances gesehen? Queer = gequirrlte Scheiße? Nein Casper, so einfach ist die Welt nicht! (joerg)  
blumenkohl34: wer die drogenekstasen vergöttert, die "mann"-ektasen von männlichen körpern aber nicht, ist eher schizophren, wie viele von uns. mehr nicht.  
casper: faschismus & pop haben nicht unbedingt den gleichen werdegang, aber es gibt gegenseitige affinitäten; eben die ästhetisierung - also das "design" von (politischen) inhalten, um massenkompatibiltät zu erreichen - dazu werden eben antirationale apelle ans unterbewusste eingesetzt (nachzulesen bei adorno/ bei teutonia).nicht umsonst werden die neuen rechten faschistoiden bewegungen als rechtsPOPULISTISCH bezeichnet."genuss der qual" ist eine bezeichnung für die möglichekeit, differenz gegen majoritäre macht zu leben.  
casper2: der "guitarrentuntismus" ist nur ein kleiner (differenzieller) aspekt von tuntismus (hier zufällig mit "drogen" einhergehend) hauptsinn, zweck & ziel von tuntismus ist die blosslegung, lächerlichmacheung & letztendlich zerstörung von "männlichkeit" als macht-, herrschafts- & gesellschafts-form; auch & gerade gegen einen schwulen androzentrismus, in dem sich männliche macht potenziert.  
mandy: dem kann ich nur zustimmen. die casperin hat recht.  
Gute Nacht!: wenn jedes "Mann"sBILD gleich ein reaktionär-faschistoides ist, dann Gute Nacht. Es gibt einfache körperbauliche Unterschiede zwischen Mann und Frau, verschiedene Moden haben dabei verschiedenes unterstrichen. Selbst Unisex-Klamotten haben das nicht geändert. Dass Gleichgeschlechtsliebende stets die jeweilige Steigerung oder deren genaues Gegenteil "aus"-leben, bestätigt die Theorie, dass sich körperbauliche sexuelle Reize nicht "de-performativieren" lassen. (außer Studenten auf der Uni, die können so was)(joerg)  
Tu-144: Nette Konzerte mit coolen Gitarren sind doch ganz angenehm, z. B. Oma Hans? Seelenmassage, die einer / einem all die elenden Nebenwidersprüche (wie in dieser Diskussion) ertragen hilft ( v. a. in Verbindung mit Drogen), bevor mensch wieder in den Krieg zurückkehren und tapfer sein muss.  
Heimliche Sehnsucht!: Die Liebe zur E-Gitarre ist doch nur eine Schrei nach "gewaltbereiter Maskulinität ", ein verkrampftes Verstecken einer Sehnsucht nach Testosteron. Das Fiepen der Hochfrequenz ist doch nur eine männliches Brüllen mit umgekehrten Vorzeichen. Die Tuntifizierung ist kein Bruch, sondern ein Verschleiern! (joerg)