UN-Aids Global Report
(Südliches Afrika)
übersetzt von IXODES

Anmerkung der Redaktion: Wir veröffentlichen Teile des UN-Aidsreports, auch wenn es sich um einen Zahlensalat handelt, dessen Zustandekommen weltweit undurchsichtig ist. Während in Europa Merkmale von 20 verschiedenen sogenannten AIDS-definierenden Krankheiten und ein positiver HIV-Antikörpertest zur Diagnose AIDS notwendig sind, gelten in der ganzen Welt andere Regeln, was Aids ist. Teilweise wird jegliches undefinierbare Krankheitsbild mit AIDS diagnostiziert, um die Medikamentenhilfe nicht gekürzt zu bekommen ... . Die Statistiken mögen ungenau sein, die Erfassungsmethoden können angezweifelt werden. Dennoch ist AIDS in Afrika eine Epidemie.



Ein globaler Überblick über die Epidemie
Das Ausmaß der AIDS-Krise übertrifft heute die schlimmsten Szenarios, die vor 10 Jahren gemacht wurden. Dutzende von Ländern befinden sich heute im Griff ernsthafter HIV/AIDS-Epidemien und viele mehr stehen kurz davor.

Weltweit infizierten sich 2001 5 Millionen Menschen, 800.000 davon sind Kinder. Ohne effektive Behandlung und medizinische Versorgung werden sie in den nächsten 10 Jahren die Reihen der 20 Millionen Menschen auffüllen, die an AIDS gestorben sind, seit das erste Mal 1981 über HIV und AIDS berichtet wurde. Es ist auch klar, dass die Mehrheit der Menschen (einschließlich derer die in Ländern mit hoher nationaler HIV Prävalenz leben) bisher das Virus nicht erworben haben. Ihnen zu ermöglichen sich gegen HIV zu schützen und Zugang zu Behandlung für Menschen, die mit dem Virus leben, zu ermöglichen, stellt heute zwei der größten Herausforderungen für die Menschheit dar.


Südliches Afrika
HIV/AIDS markiert eine schwere Entwicklungskrise im südlichen Afrika, welches die am schlimmsten betroffene Region der Welt bleibt. Mit Senegal und Uganda gibt es neue hoffnungsvolle Zeichen, dass die Epidemie in der Region unter Kontrolle gebracht werden kann. Aber mehr Ressourcen müssen zur Verfügung gestellt werden, wenn dieser Erfolg erhalten werden und auf weitere Teile der Region ausgedehnt werden soll.

2001 gab es 3.5 Millionen Neuinfektionen, so dass derzeit 28.5 Millionen Menschen mit HIV/AIDS im südlichen Afrika leben. Weniger als 30.000 Menschen haben bis zum Ende von 2001 von antiretroviralen Medikamenten profitiert. Die Anzahl der durch AIDS verwaisten Kinder in der Region beträgt 11 Millionen. Selbst wenn außerordentlich effektive Präventions- und Behandlungsprogramme sofort bereit stünden, ist die Krise von einem solchem Ausmaß, dass der humanitäre und sozioökonomische Zoll für viele Generationen signifikant sein wird.

Im südlichen Afrika zirkulierte die Hoffnung, dass die Epidemie ihre "natürliche Grenze", hinter der sie nicht weiter ansteigen würde, erreicht haben könnte. So dachte man, dass die sehr hohen HIV Prävalenz Raten in manchen Ländern ein Plateau erreicht hätten. Unglücklicherweise scheint dies bisher nicht der Fall zu sein. In Botswana betrug die mittlere HIV Prävalenz unter schwangeren Frauen in städtischen Gebieten 1997 38,5%. In 2001 ist sie auf 44,9% angestiegen. Ähnliche Spuren sind anderswo sichtbar. In Zimbabwe stieg die HIV Prävalenz unter schwangeren Frauen von 29% 1997 auf 35% 2000, in Namibia von 26% 1998 auf 29,6% 2000 und in Swaziland von 30,3% auf 32,3%. Sollte eine natürliche Grenze für die HIV Prävalenz bestehen, liegt sie offensichtlich höher als bisher gedacht.

Diese Zahlen reflektieren jedoch nicht das eigentliche Risiko HIV zu erwerben, und in spezifischen Altersgruppen sind die Zahlen sogar höher. In Botswana lebten 2001 von den 25-29jährigen Frauen, die in städtischen Gebieten Schwangerschaftsvorsorge erhielten, 55,6% mit HIV/AIDS. In Swaziland entsprechend 33,9%, in Zimbabwe 40,1%.

Nach dem südafrikanischen Gesundheitsminister betrug die HIV Prävalenz unter schwangeren Frauen 2001 24,8%, dagegen 2000 24,5%. Einer von neun Südafrikanern (oder 5 Millionen Menschen) lebt mit HIV/AIDS. Es gibt auch kleine Anzeichen, dass positive Trends unter Heranwachsenden stattfinden, für die die Prävalenzrate seit 1998 leicht gesunken ist. Unfassende Informationskampagnen und Kondomverteilungsprogramme scheinen Früchte zu tragen. In kürzlichen Umfragen berichteten 55% der sexuell aktiven Mädchen, dass sie immer Kondome beim Sex benutzen würden. Aber diese Entwicklungen sind begleitet von einem Besorgnis erregenden Anstieg der Prävalenz unter Südafrikanern im Alter von 20-34, der die Notwendigkeit für spezifische Präventionsprogramme für ältere Altersgruppen unterstreicht.

Auf der östlichen Seite des Kontinents hält die Abwärtsbewegung der Prävalenzraten in Uganda an. Das Land hat einen Rückgang der Prävalenzraten unter schwangeren Frauen beispielsweise in Kampala von 29,5%c 1992 auf 11,25% 2000 erlebt. Aber große Herausforderungen bleiben bestehen. Auch wenn die Anzahl der ugandischen Menschen mit Zugang zu antiretroviraler Behandlung gestiegen ist, bleibt die überwältigende Mehrheit der Ugander dieser Zugang verschlossen.

Niemand ist immun
In West- und Zentralafrika gibt es Anzeichen für eine neue rapide Ausbreitung von HIV. Auch wenn die nationale HIV-Prävalenzrate in Ländern wie Burkina Faso, Kamerun, Elfenbeinküste, Nigeria und Togo schon seit langem überschritten wurde, waren die Zahlen in den letzten 5-8 Jahren relativ stabil. Die Gefahr war immer, dass dies für einen anhaltenden Trend gehalten werden würde. Neuere Daten aus Kamerun unterstreichen die Absurdität solcher Annahmen. Die HIV Prävalenz in Kameruns städtischen Gebieten betrug 1988 2%. In den folgenden 8 Jahren stieg sie auf 4,7% 1996 an. Im Jahr 2000 fand man eine HIV Prävalenz von 11% bei schwangeren Frauen. Das dies der Anfang eines anhaltenden schnellen Anstiegs sein könnte, wird durch die Tatsache unterstrichen, dass die höchsten Prävalenzraten in der jüngeren Bevölkerung zu finden sind - 11,5% bei 15- bis 19jährigen Schwangeren, und 12,2% bei 20-24jährigen. Ebenfalls besorgniserregend ist, dass die Zahlen in den städtischen und ländlichen Gebieten ähnlich hoch lagen.

Diese Daten sind ein Alarmsignal für andere Länder der Region und Anlass zur Besorgnis über den Verlauf der Epidemie in beispielsweise Nigeria, dem bevölkerungsreichsten Land des südlichen Afrikas. Bis kürzlich waren Nigerias nationale Prävalenzraten relativ niedrig (wie auch bei dem Nachbarn Kamerun), auch wenn es einen langsamen Anstieg von 1,9% 1993 auf 5,8% 2001 gab. Aber einige Gegenden in Nigeria erleben schon jetzt ähnlich hohe Prävalenzraten wie Kamerun. Schon jetzt wird davon ausgegangen, dass 3 Millionen Nigerianer mit HIV/AIDS leben.

Was ist der Motor von HIV/AIDS in Afrika
Keine einzelner Faktor bestimmt die Ausbreitung der HIV-Infektion. Die meisten HIV-Infektionen im südlichen Afrika ereignen sich sexuell, Bluttransfusionen und Injektionen spielen eine untergeordnete Rolle. Auch wenn sexuelles Verhalten der wichtigste Faktor ist der die Ausbreitung von HIV/AIDS in Afrika beeinflusst, variiert dieses Verhalten durch unterschiedliche Kulturen, Altergruppen, Klassenangehörigkeit und Geschlecht. Sexuelles Verhalten wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst, vom Alltäglichen und Pragmatischen (wie ökonomische und soziale Umgebung) bis zum Komplexen und Abstrakten reichend (wie Kultur. Beispielsweise ist es eine Tatsache, dass eine höhere Anzahl sexueller Partner mit einer höheren Wahrscheinlichkeit der HIV-Infektion einhergeht; die Wahrscheinlichkeit von Promiskuität ist aber deutlich gesteigert, wenn eine große Anzahl von ungebundenen männlichen Migranten zusammenlebt. Diese Gemeinschaften von männlichen Migranten (beispielsweise die Minenarbeiter in Südafrika) sind Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels von Ökonomie und Geschichte. Und dies ist nur ein Beispiel. Erzwungene Migration durch Krieg, lange Fahrten auf Transitrouten aus kommerziellen Gründen und das Fehlen sicherer Lebensumstände sind andere Gründe.

Durch das Zusammenspiel vieler Faktoren werden kausalen Verbindungen verschleiert und Rückschlüsse verhindert. Eine Studie in vier afrikanischen Städten (Kotonou, Kisumu, Ndola und Yaoundé) zeigte dass die übereinstimmendsten biologischen und Verhaltensfaktoren folgende waren: sehr junges Alter von Frauen beim ersten sexuellen Kontakt; junges Alter bei der ersten Heirat; Genitalherpes und Trichomonaden-Infektionen (sexuell übertragbare Erkrankungen); keine männliche Beschneidung. Sexuell übertragenen Infektionen steigern das Risiko einer sexuellen Übertragung von HIV, andere Analysen zeigen, dass die männliche Beschneidung mit einem reduzierten Risiko der HIV-Infektion assoziiert sein könnte.

Es hat sich gezeigt, dass die Prävalenzraten bei jungen Frauen höher sind als bei Männern der gleichen Altersgruppe. Junge Frauen sind physiologisch empfänglicher für sexuell übertragbare Erkrankungen als junge Männer. Beispielsweise in Kisumu, Kenia, betrug 1998 die Prävalenz von HIV bei 15-19jährigen Frauen 23%, bei Männern der selben Altersklasse 3,5%. In vielen soziokulturellen Systemen ist die Kontrolle von Frauen über ihre Sexualität begrenzt.

Dazu kommt, dass ein großer Anteil der Bevölkerung im südlichen Afrika jung ist und damit eher sexuell aktiv. Dies hilft die höhere Inzidenz von HIV und anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen zu erklären.

Wenn diese erleichternden Faktoren nicht präsent sind, kann HIV für viele Jahre "verborgen" bleiben. In Anwesenheit von sozialen, sozioökonomischen und biologischen Faktoren, die die Ausbreitung erleichtern, kann die Epidemie jedoch schnell anwachsen.

Die richtige Antwort kann Früchte tragen
Nichtsdestoweniger unterstreicht die Entwicklung in Uganda die Tatsache, dass eine HIV/AIDS-Epidemie unter Kontrolle gebracht werden kann. Es wird immer deutlicher, dass Präventiosprogramme Früchte tragen, auch in einigen der am schwersten betroffenen Ländern des südlichen Afrikas. Jedoch zeigt sich dieser Fortschritt bisher nur in sehr lokalen Bereichen.

In einer neueren Studie aus Sambia berichten Männer und Frauen über eine geringere sexuelle Aktivität, eine geringere Anzahl von Partnern und häufigeren Gebrauch von Kondomen. Dies stimmt überein mit kürzlichen Veröffentlichungen, die einen signifikanten Rückgang der HIV Prävalenz bei 15- 29jährigen städtischen Frauen zeigt (24,1% 1999 28,3% 1996), ebenso bei ländlichen Frauen der selben Altersklasse. Auch wenn diese Zahlen weiterhin inakzeptabel hoch sind, haben sie die Hoffnung geschürt, dass Sambia bei einem weiteren Ausbau seiner Präventionsprogramme ein zweites Uganda werden könnte. Bisher trennen jedoch viele Hindernisse das Land von einem solchen Meilenstein. Männer in ländlichen Gebieten benutzen weiterhin sehr wenig Kondome (2001 15% verglichen mit 68% der städtischen Männer beim Sex mit einem gelegentlichen oder bezahlten Partner). Geschlagen mit einer großen Schuldenlast, einer am Boden liegenden Wirtschaft und großen sozioökonomischen Herausforderungen unterscheidet sich Sambia nicht von vielen der anderen Staaten im südlichen Afrika. Dennoch haben große Kampagnen von Community-Organisationen und Glaubensgruppen zu einer Reduktion der Neuinfektionen geführt. Dezentralisierte Versorgungsprogramme haben zu einer besseren Versorgung der Menschen mit HIV und AIDS geführt.

Neue besorgniserregende Entwickung in Konfliktzonen
Ein besorgniserregender Anstieg der HIV-Prävalenz ist in Angola zu sehen. Auch wenn der Bürgerkrieg die Datenerhebung behinderte, war ein signifikanter Anstieg der Prävalenz unter Schwangeren in der Hauptstadt Luanda registriert. 2001 waren 8,6% der Schwangeren HIV-positiv, verglichen mit 1,2% 1995. Davon ausgehend, dass die Hauptstadt als Zufluchtsort für zehntausende von durch Krieg Vertriebene fungiert, ist dieser Aufwärtstrend Anlass zu großer Besorgnis. Es gibt Grund einen ähnlichen trend wie in der "Great lake region" zu befürchten. Während der Krieg eine genaue Datenerhebung schwierig macht, verschlechtert die massive Vertreibung von Menschen und die Zerstörung von sozialen Systemen die Situation einer riesigen Anzahl von Menschen. Ein solcher wie in Angola sichtbarer Aufwärtstrend kann ebenfalls für Burundi, Kongo und Ruanda nicht ausgeschlossen werden.

          
???

Prävalenz:
Gesamthäufigkeit, Auftreten einer Krankheit. Ein Begriff aus der Epidemiologie, der die Häufigkeit einer bestimmten Krankheit in der Bevölkerung angibt.

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R. Süssmuth: Also der erste Satz ist schonmal Quatsch. Ich erinnere mich daran, wie zum Beispiel der Spiegel Anfang der 80er prognostiziert hat, dass AIDS in 20 Jahren, also jetzt, die bundesdeutsche Bevölkerung ausgerottet haben wird. Wie kann dann das Ausmass der AIDS-Krise die schlimmsten Szenarien übertreffen? Meine Parteifreunde waren ja damals schon für kennzeichnen und wegsperren...  
Wenn niederländische Forscher recht: haben, überstanden einige Urzeit-Schimpansen bereits eine Aids-Epidemie vor 2 Mio. Jahren. Heutige Schimpansen können sich mit dem HI-Virus infizieren, die Immunschwächekrankheit Aids bricht bei ihnen jedoch nicht aus. Die Forscher um Ronald E. Bontrop vom Biomedizinischen Primateninstituts in Rijswijk theoriestieren wie folgt: Die Tiere könnten bereits damals eine Aids-ähnliche Virus-Epidemie erlebt haben, bei der nur sehr wenige Tiere mit einer bestimmte ungewöhnlichen Genkombination überlebten. Alles stützt sich dabei auf bisher 35 untersuchten Schimpansen, die alle eben diese ungewöhnliche Gen-Kombination im so genannten MHC-Komplex aufweisen. [...]  
[...]: Dieser Genom-Abschnitt spielt eine wichtige Rolle für die körpereigene Abwehr und wird bei Schimpansen so als Aids-Immunität weitervererbt. Studienleiter R. Bontrop meint, dass angesichts der Infektions- und Sterberaten in Afrika, sich ein solcher Selektionsprozess beim Menschen wiederholen könnte. Der Mensch wäre dann gegen AIDS immun. 98 % des genetischen Materials von Schimpansen und Menschen sind gleich. Eine andere These besagt, dass HIV vor ca. 50 Jahren von Affen auf den Menschen übertragen worden sein könnte. Mehr auf Englisch bei einer Vorabveröffentlichung auf  www.cdcnpin.org/news
fuck the pure facts: Wenn man Herrn Bontrop Böses nachsagen möchte, könnte man neben den naturwissenschaftlichen Fakten auch herauslesen: Nichts Tun und das größte menschliche Genexperiment in Afrika laufen lassen, nach der 5 Milliardsten Infektion wird es es schon eine entsprechende Mutation geben, ... .  
HIV-positive Kami Sesamsstraße S-Afrika: Eine HIV-positive Puppen-Persönlichkeit flimmerte diese Woche das erste Mal über Südafrikas Bildschirme. Die Puppe Kami stellt ein 5jähriges Mädchen dar, deren Mutter an Aids gestorben ist. Sie soll helfen, besser mit dem Tod umzugehen lernen und lehren, wie man mit der Immunschwächekrankheit umgeht, man keine Angst vor der Berührung eines Infizierten haben muss, aber das infiziertes Blut ansteckend ist. Bildungsminister Kader Asmal am Dienstag in Kapstadt, das die Bevölkerung mehr mit den Bedürfnissen der vielen infizierten oder von HIV und Aids in ihren Familien betroffenen Kindern auseinandersetzen muss.