presents:

«Das Maß an Verwirrung und Aufregung»

Der Sex stellt in unserer Gesellschaft eindeutig ein zweites Differenzierungssystem dar, das vom Geld völlig unabhängig ist; und es funktioniert auf mindestens ebenso erbarmungslose Weise.

Auch die Wirkungen dieser beiden Systeme sind genau gleichartig. Wie der Wirtschaftsliberalismus - und aus analogen Gründen - erzeugt der sexuelle Liberalismus Phänomene absoluter Pauperisierung. Manche haben täglich Geschlechtsverkehr; andere fünf- oder sechsmal in ihrem Leben oder überhaupt nie. Manche treiben es mit hundert Typen, andere mit keinem. Das nennt man das «Marktgesetz».

In einem Wirtschaftssystem, in dem Entlassungen verboten sind, findet ein jeder recht oder schlecht seinen Platz. In einem sexuellen System, in dem Ehebruch verboten ist, findet jeder recht oder schlecht seinen Bettgenossen. In einem völlig liberalen Wirtschaftssystem häufen einige wenige beträchtliche Reichtümer an; andere verkommen in der Arbeitslosigkeit und im Elend. In einem völlig liberalen Sexualsystem haben einige ein abwechslungsreiches und erregendes Sexualleben; andere sind auf Masturbation und Einsamkeit beschränkt.

Der Wirtschaftsliberalismus ist die erweiterte Kampfzone, das heißt, er gilt für alle Alterstufen und Gesellschaftsklassen. Ebenso bedeutet der sexuelle Liberalismus die Ausweitung der Kampfzone, ihre Ausdehnung auf alle Altersstufen und Gesellschaftsklassen. Manche gewinnen auf beiden Ebenen; andere verlieren auf beiden. Die Unternehmnen kämpfen um einige wenige Jungakademiker; die Jungakademiker kämpfen um einige wenige geilen Typen. Das Maß an Verwirrung und Aufregung ist beträchtlich.

(nach Michel Houllebecq: Ausweitung der Kampfzone)

Lore: Mir ist Houellebecq zu kulturpessimistisch. Außerdem glaube ich nicht, dass die sexuelle Sphäre von der Kapitalsphäre völlig autonom abgekoppelt ist. Im Gegenteil! Ich glaube, was er betrauert, sind zutiefst neoliberale Verhältnisse.  
Sascha B.: D´accord, Lore. "Kulturpessimistisch" ist noch sehr zurückhaltend ausgedrückt - man kann diese Ansichten durchaus reaktionär nennen. Dass Sex von der Ökonomie einerseits "völlig unabhängig" sei, andererseits aber offenbar strukturell analog, zeugt von analytischem Unvermögen. Interessant ist einzig und allein, was Houellebecq NICHT sagt, nämlich der ZUSAMMENHANG zwischen Liberalität (i.S.v. Libertinage) und (ökonomischem) Liberalismus.  
Kolja: der text ist nicht lesbar, der wackelhintergrund lässt es nicht zu.  
Sascha B. für die etuxx-Redaktion: Lieber Kolja, unsere Tests mit verschiedenen Browsern ergaben, dass der Text trotz "Wackelhintergrund" weiss auf schwarz gut lesbar ist. Bitte schicke eine Mail an die Redaktion (redaktion@etuxx.com) mit Angabe technischer Daten, damit wir das Problem lösen können.  
Kolja: es geht nicht um den browser sondern darum, dass der blick immer wieder aus den zeilen fort zum wackelhintergrund gelenkt wird. das einzige was hilft: das browserfenster so schmal ziehen, dass es nicht mehr zu sehn ist  
Brenda: Liebe Kolja, schoen dass du so schnell eine pragmatische Loesung gefunden hast. Wenn meine Hand beim Benutzen des Eyeliners zu sehr zittert, stuetze ich sie auch ab. Vielleicht solltest du dir ein bisschen multitasking beibringen, dann kannst du auch einen Text lesen, bei dem der Hinergrund blinkt. (er BLINKT, "wackeln" ist was anderes). :-)  
Brenda: ich wollte aber weniger ueber blinkende Hintergruende diskutieren, als vielmehr ueber den kurzen Text. Ich weiss nicht ob Houllebecq kulturpessimistisch ist, dafuer kenne ich ihn zu wenig. Das interessiert mich auch nicht, ob Houellebecq kulturpessimistisch ist, und wenn dann soll er es gerne sein. Ich stelle mir nur die Frage, ob es nicht jenseits der kapitalistischen Verwertungslogik moeglicherweise so etwas wie ein "analoges" Differenzierungssystem gibt. Es muss auch nicht immer alles als reaktionaer abgebuegelt werden, nur weil mal jemand nicht jedes beliebige Weltphaenomen sofort in diesen Kontext (der Verwertungslogik) stellt.  
Brenda: Waeren denn in einer Welt ohne Hochglanzmagazine und Pin Ups, in einer Welt, die nicht ganz so von der monetaeren Vermarktung durchdrungen ist wie die in der wir leben, nicht trotzdem bestimmte Menschen aufgrund ihrer sexuellen "Attraktivitaet" (mir faellt gerade kein besseres Wort ein) gegenueber anderen privilegiert? Auch in "unseren Kreisen" (bleibt unbestimmt) scheint es doch Gesetze einer Fickrangfolge zu geben. Was ich spannend finde ist die Frage, inwiefern es dabei tatsaechlich eine zweite Hierarchisierungsebene gibt, oder ob das alles nur mit dem Kapitalismus zu erklaeren ist und vor allem wenn ja: WIE!?  
Franz Biberkopf: Die Welt des Sex. Das ist so eine Sache für sich, sie besitzt Aufregung, Ejakulation, Orgasmus oder Frustration. Statt von Anlogie oder Abhängigkeit wurde ich von einer relativen Autonomie sprechen. Der kapitalistische Warenverkehr und die Ausprägung des Wertgesetz wird von sexuellen Werten und Verhalten ebenso durchdrungen, wie umgekehrt. Ein Beispiel:  
Franz Biberkopf: In den 60ern kam die Pille auf den Markt, die zweite Frauenbewegung und natürlich auch die Schwulenbewegung traten auf die Bühne. Alte Abhängigkeitsverhältnisse veränderten sich grundlegend, schließlich versetzte die neu erkämpfte "Freiheit" dem Fordismus und damit der traditionellen Kernfamilienstruktur den Todesstoss. Die Rigidität des Fordismus erwies sich als Fessel der Produktivkräfte.  
Franz Biberkopf: Noch ein Beispiel: In den neoliberalen Arbeitsbeziehungen werden zunehmend die sexuellen und emotionalen Werte - im Rahmen einer hetrosexuellen Matrix - in den Produktionsprozess einbezogen. (Zum weiterlesen: Reproduktionskonten fälschen, von Boudry u.a.). Was nun? Wir sind wieder da wo wir angefangen haben; was war zuerst da, die Henne oder das Ei? Nichtsdestotrotz würde ich heutzutage von einer stärkeren Durchdringung beider relativ autonomer Felder sprechen.  
nn: Weder sind Sexualität und kapitalistische Ökonomie einander nur analog, noch existiert Sexualität relativ autonom von der Ökonomie. Schon bei Foucault schimmert durch die Zeilen, dass die Produktion eines bestimmten Wissens vom Sex, die Erfindung heutiger Ordnungsmuster und die damit verbundenen Mechanismen der Selbsterkenntnis etwas mit dem Aufstieg des Industriekapitalismus zu tun haben. Wir denken und sprechen heute ganz anders über uns und unsere Sinnlichkeit als Leute vor 300 Jahren. Diese Wissensproduktion hatte u.a. etwas mit Regierbarkeit eines entstehenden Chaos zu tun (z.B. wuchsen London 1800-1900 von 900.000 auf 6,6 Mio. EinwohnerInnen und Berlin 1819-1905 von 200.000 auf 2 Mio.)  
nn: Grauenvolle Wohnverhältnisse der unteren Schichten (10, 12 Personen in einem Zimmer, mehrere in einem Bett), armutsbedingte Prostitution, die ökonomische Unmöglichkeit, weiter in der traditionellen Familienform zusammenzuleben, schwere körperliche Arbeit von Schwangeren, Stillenden und Kindern (12-16 Stunden am Tag) -- also selbstzerstörerische Tendenzen der Kapital-Verwertung warfen Probleme auf und verursachten Kämpfe, die den Erhalt der Gesellschaft insgesamt gefährdeten. Das ist das Umfeld, in dem man begann, Körper zu vermessen, Verhalten zu untersuchen (auch das Verhalten der Leute in sexuellen Subkulturen, die in den Städten sichtbar wurden) und neue Verhaltensnormen aufzustellen.  
nn: Lange Zeit war die heterosexuelle Kernfamilie das beste normative Modell, um die kapitalistische Verwertung zu sichern. Das hat sich verändert, und entsprechend auch der Diskurs über die Sexualität (also die Art und Weise, wie Sexualität als Thema verhandelt wird): Eine ganze Industrie ist entstanden, die den Sex auf den Markt bringt (seine Bilder, Werkzeuge, Arbeitskräfte) -- nicht mehr nur als Prostitution, sondern in jeglicher Form von Konsum. Auch in der Arbeitswelt spielt Sexualität eine neue Rolle (ein erkennbar schwuler Verkäufer spricht z.B. andere KundInnen an als eine Hetera). Entsprechend ist alles irgendwie toleranter geworden -- folgt aber trotzdem der Hetero-Norm.  
nn: Toleranz ist keine Befreiung, denn die Hierarchien bleiben erhalten und behalten ihre Funktion -- unter anderem in der Verteilung von Arbeit, in der Politik, in der Bereitstellung von "Ventilen" gegen den Frust (z.B. Angriffe gegen Minderheiten) usw. -- Vor zwanzig Jahren war es eine gute Idee, sexuelle Märkte ("Fleischmarkt") in Analogie zum "richtigen" Markt zu untersuchen, weil damit bestimmte Verhaltensmuster verständlich wurden. Ich denke aber, dass wir heute nicht mehr beides gleichsetzen sollten. Vielleicht kaufe ich ja in der Subkultur mit meiner Schönheit die von jemand anderem oder tausche meinen Orgasmus gegen seinen. Nur: da hört die Analogie schon auf.  
nn: Schönheit ist kein akkumulierbares Kapital, sondern schwindet mit den Jahren. Trotzdem haben Sexualität und Kapitalismus miteinander zu tun: Wir brauchen Geld, um Getränke zu zahlen, müssen Klamotten kaufen, um gut auszusehen/jemanden abzuschleppen, gehen arbeiten und müssen uns dort mit einem kohärenten Geschlecht präsentieren usw. (Natürlich gibt es da immer Ausnahmen + Nischen, aber nicht viele.) -- Ich finde es interessant, darüber nachzudenken, wie + wo es tatsächlich anders laufen könnte. Sicher nicht, indem wir in Mülltüten rumlaufen und uns lüsterne Blicke auf Schönheiten verbieten. Aber auch nicht, indem wir behaupten, Sexualität sei eine befreite Zone oder könnte soetwas werden.  
nn: Übrigens glaube ich nicht, wie Franz Biberkopf, dass die Frauen- und die Schwulenbewegung den Fordismus zu Fall gebracht haben. Wohl eher hat die Profitmaximierung erfordert, dass eine erkämpfte Umverteilung zurückgefahren wurde, und haben hocheffektive Produktionsformen sich ein geeigneteres Umfeld geschaffen. [Ansonsten: Sorry, dass ich so viel geschrieben habe. Aber das Thema ist so spannend.]  
Sascha B.: Körperliche Schönheit, NN, ist aber auch der einzige nicht-akkumulierbare unter vielen Formen des Kapitals, die zur Attraktivität dessen beitragen, der es besitzt. Eine Verwertungslogik schlechthin überwinden zu wollen, halte ich für blauäugig (im assoziativen Sinn: nämlich für romantisch. - Romantik ist ja auch ein wunderbares symbolisches Kapital). Wir können allenfalls versuchen, allzu wirkungsmächtige Verwertungsmechanismen zu obstruieren.  
Sauna: Hallo Sascha B.! dann geh doch mal ins Treibhaus. ok davon abgesehen, daß das teuer ist und nicht jeder sich leisten kann. da kann man nur sein Handtuch akkumudings. und trtzdem gehen da manche Leute leer aus, und andere ficken sich halb tot. was hat das mit Kapitalismus zu tun?  
Franz Biberkopf: @nn, ich teile deine Ausführungen im wesentlichen und kann nachvollziehen dass, der von Poulantzas entlehnte Begriff der "relativen Autonomie" besser durch den Foucaultschen Diskurs-Begriff ersetzt werden sollte. D' accord. Aber nn den kruden Ökonomismus hätte ich dir so nicht zugetraut.  
Onan: Um noch mal auf den Text zurück zu kommen: was will uns denn Herr Houllebecq eigentlich sagen? Dass Sex nach ähnlich erbarmungslosen Gesetzen wie die kapitalistische Ökonomie folgt? Ja, wenn es denn so wäre, und dann? Was sollte daraus folgern? Das Postulieren einer wie auch immer gearteten Sexualordnung? Das hatten wir doch schon. Außer Kulturpessimismus und Moralismus kann ich da auch nicht mehr erkennen.  
Franz Biberkopf: Du stimmst mir sicherlich zu, wenn ich sage dass die spezifische Ausprägung des Wertgesetzes duch die Kräfteverhältnisse innerhalb einer Gesellschaftsformation geprägt ist. Die Fesseln des regiden fordistischen Regimes wurden nicht durch "hocheffektive Produktionsformen (die) sich ein geeigneteres Umfeld geschaffen" haben gesprengt. Im Gegenteil die Pille, die "Selbstständigkeit" der Frauen, die NSB, die massive Eindringen weiblicher Arbeitskräfte in den Produktionsprozess hat die Welt verändert. Das Kapital hat sich nicht eine Welt nach seinem Antlitz geschaffen.  
Kolja@Brenda: sicher, ich kann auch aufhören in etuxx zu lesen, wenn der hintergrund wackelt - mit multitasking-fähigkeiten hat es wenig zu tun.  
Sascha B.: Ganz einverstanden, Onan! Und an den Herrn aus der Sauna: Die dort üblichen Mechanismen haben doch wohl sehr viel mit Verwertungsprozessen zu tun. Mit Angebot und Nachfrage. Der Kap´talismus geht weit über das hinaus, was Du dafür hältst.  
Brenda: lieber Kolja. Ich möchte sehr gerne, dass du mitdiskutieren kannst. Daran soll es nicht scheitern. Bitte sehr! Das Doppel-Motiv war eigentlich meine Stellungnahme zum Text. Jetzt "wackelt's" halt nur noch in der Mitte...  
nn: franz, es ist doch nicht gleich ökonomismus, wenn mal von produktivkräften die rede ist? und dann auch gleich ein "kruder"? (gibt's einen "soften"? oder was ist das gegenteil von krude? *g*) und zudem war doch von politik die rede. nur denke ich, du hast den klassenkampf von oben vergessen -- der aber mehr anteil an den ergebnissen der neoliberalen revolution hat, als die sozialen bewegungen.  
nn: sascha, in der sauna "verwertest" du deinen sexualpartner nicht. das tust du überhaupt. aber natürlich könnte man den gedanken auf der metaphern-ebene entwickeln. z.b. gibt es ja manchmal zeiten, wo man niemanden abkriegt, und dann kippt es plötzlich, dann findet dich einer toll, dann gleich der nächste, usw.. es sieht so aus, als ob begehrt-werden ein kapital ist, das akkumuliert wird (nach dem motto "der teufel scheißt immer auf den größten haufen"). aber ich verstehe nicht, warum man sich das in begriffen wie 'wert' und 'kapital' vorstellen soll, anstatt einfach als ein mit dem erfolg wachsendes selbstbewusstsein.  
nn: ich denke, diese metaphern-diskussion macht die tatsächlichen materiellen dimensionen sexueller existenz unsichtbar -- z.b. die eintrittspreise der sauna (die sich nicht jeder immer leisten kann), das lifestyle-zubehör (kost auch geld, das man erstmal verdienen muss), usw.. natürlich haben fragen des bewusstseins ("bin ich erfolgreich?") mit den verhältnissen zu tun, in denen wir leben. aber sie sind keine 1:1-abbildungen davon. das könnte übrigens franz mit recht "krude" nennen... ;-)  
nn - korrektur: "das tust du überhaupt nie, jedenfalls nicht, wenn es nur um sex geht" -- so muss es oben heißen. blödes ding, dieser computer. scheiß hochtechnologie.  
Lore: Also erstens sind Schwanzlängen ungerecht verteilt. Ich kann mir aber auch keine "Demokratisierung" oder "Umverteilung" dieses unterschiedlich großen sexuellen Reichtums vorstellen. Zweitens halte ich die "Sauna" als die Urszene des Homo-Kapitalismus für eine Verkürzung. Sexuelle Erfüllung misst sich nicht nur an der Zahl der Sexpartner in Fickschuppen. Persönliche Ausstrahlung und Beziehungsfähigkeit dürfen nicht unterschätzt werden. Am schwulen sexuellen Elend sind nicht nur unterschiedliche lange Schwänze schuld!  
casper&teutonia: die artikel & vor allem diskussionen zu "sex&markt" und "Fehler im System ab 35+ " ergänzen sich prächtig......: ich dachte immer, menschen, für die schwanzgrössen so ziemlich das wichtigste im leben darstellen, gäbe es nur bei ralf könig - schwule=männliche erbärmlichkeit.....die sogenannte "befreiung" von (schwuler) sexualität hat hier in vielen MAENNERkörpern wohl zur ungeminderten entfesselung von (sexueller) macht (vergl. foucault) geführt, zu einem darwinistischen anti-zivilisatorisch-triebhaften sein, in dem eben kapitalistische verwertungs-logik voll greifen kann..  djane teutonia
casper&teutonia: ..körper"schönheits"-normen werden von den schwulen selbst gestrickt und alle möglichen märkte verdienen sich daran.....längerfristige/ nachhaltige perspektiven für schwule soziale lebensformen sind nicht in sicht und werden nicht entwickelt.......ich selbst habe eine zeitlang eine lebens/liebens/arbeits-gemeinschaft mit heteroas gebildet, bis diese sich durch heteroa-kleinfamilienbildungen incl. reproduktion zerspragelte.....schwule identitäten zerstören, queere gruppen bilden!  djane teutonia
Miss Atkinson: jaja, die männer sind das grundübel. ab mit den pimmeln, dann wird alles gut! schule, hört endlich auf, schwul zu sein und eure schwänze in andere schwule zu stecken! das bringt's nicht.  
Rosa von Praunheim und Martin Dannecker: "Schwule wollen nicht schwul sein!"  
F1 @ nn & lore: Houllebecqs Analogie, so elegant sie erscheint, hält doch keiner Betrachtung stand: Kapital ist universal einsetzbar, - aber Sex nicht. Dein "schöner" Körper bedeutet in der einen Szene viel, und in der anderen nichts. "Sex", und nur um den, nicht um Beziehung, geht es ja, ist ein weitaus differenzierteres System. "Reale Kosten" eines Saunaficks lassen sich in der Analogie vielleicht noch abbilden. Die realen Kosten eines Rattenbarficks aber nicht mehr - wiewohl er doch für die Mehrheit unerreichbar und somit ein Klassenprodukt ist ;-).  
F2: Das "Kapital" eines Bodybuilderkörpers wird plötzlich zur Last, wenn dein "Transaktionspartner" auf superschlanke Typen steht. Houllebecq spricht im Original ja auch davon, das Männer die Konkurrenten um die "Ware" Frau sind. Das die "Ware" selbst Entscheidungen trifft, ist nicht vorgesehen ... Aber Houllebecq ist ja nicht der erste, in dem sich Eleganz und Debilität paaren. Dumm schreibt schön!  
Kolja@Brenda: vielen dank!  
Kolja: es scheint mir eine zutiefst schwule sichtweise auf sex zu sein. eine für leute, die ihren wert nach stunden-sex pro woche definieren. für hetero- wie homo-männer bieten sich ja auch alle art käuflichen sexs an. wer akkumiliert den? dort ist er ersetzbar - ohne zweifel.  
paul-a: sex und geld sex und geld haben haben haben haben (ideal) wie lässt sich den sex akkumulieren? der gedanke übt faszination auf mich aus. eine ficksammlung. auf video? ist doch nur die halbe sache oder? glaube das veränderte produktionsverhältnisse veränderte beziehungstrukturen hinter sich herziehen. wer tagsüber arbeiten geht kann nur im dunkeln sex haben. und das veränderte sexual-strukturen veränderte produktionsverhältnisse hinter sich herziehen könnten. wer immer morgens sex hat, kann leider nicht zur arbeit oder aber erst später. sex against work! und bei all der schwulen selbstreferentialität hier schreiben auch leseben  
swenja: Schatzi, auch ich bin Lesbe, aber Du plapperst dummes Zeug. Erstens kann ich Arbeit und Sex nicht trennen, denn manchmal (ich gebe zu selten) ergibt sich bei der Arbeit Sex. Desweiteren habe ich schon mal gearbeitet und zwar als Sexarbeiterin, da war der Sex Arbeit. Mir machte und macht meine Arbeit meistens Spaß und der Sex auch, aber ehrlich gesagt, befriedigen sie unterschiedliche Bedürfnisse. Das ist wie Bratwurst essen , ein Buch lesen und auf Toilette gehen: Unterschiedliche Bedürfnisse eben, die ich nicht gegeneinander ausspielen möchte.  
Sascha B.: Versuch einer Klarstellung zur Akkumulation: Ich meinte nicht, dass man "Sex" akkumuliere (jedenfalls nicht primär), sondern "Sexiness", genau wie man nicht primär Einkäufe akkumuliert, sondern Geld! Kapital als Potenz, weniger als Resultat davon...  
Lore@Kolja: im Prinzip hast du Recht, nur dass jetzt mit Houellebecq ein erklärter Hetero in den schwulen Chor einfällt und die schwule Sauna-Welt in der Pariser Hetero-Yuppie-Szene wiederfindet.  
Karl Marx @ Schascha B.: Das ist allerdings nicht mein Kapitalbegriff. Als Kapital bezeichne ich nicht nur Geld, sondern überhaupt Produktionsmittel.  
Karl Marx: Wenn ich mein alter ego mal korrigieren dürfte: Als Kapital bezeichne ich nicht vor allem Geld oder Dinge (auch nicht Produktionsmittel), sondern ein gesellschaftliches Verhältnis -- also soziale Beziehungen, die die Individuen notwendig eingehen.  
Ohgottdieseakademischen: Loooooooooooooooooooooore! Da findet KEIN erklärter Hetero die schwule Sauna-Welt in der Pariser Hetero-Yuppie-Szene. Im Original ist die Passage hetero! (siehe Beitrag von F1)  
Lore: Oh Gottogott, für wie blöd hältst du mich eigentlich? Und warum liest du nicht genau, was ich schreibe? schon mal was von transferleistung gehört? dieses rumgezicke im netz NERVT! ich meine, dass er die mechanismen des "sexuellen marktes", wie sie besonders in der schwulen subkultur ausgeprägt sind, nun auch einige hetero-milieux erfasst haben.