Monster Phobia
von Gigi (dieser Artikel erschien ebenfalls auf x-berg.de)

Durch die Veröffentlichung von Vorträgen einer Veranstaltung der Gruppe Les Madeleines zum Thema "Subjekt und sexuelle Verhältnisse" sind nunmehr Äußerungen eines Redakteurs der Zeitschrift BAHAMAS bekannt geworden, welche sich nicht nur wieder einmal gegen Feministinnen richten, sondern auch die medizinische Verstümmelung von Zwittern rechtfertigen.

Auf der Veranstaltung in Bremen am 20. Juli begann er seine Auslassungen zum Thema "Entsexualisierung der linken Szene" mit einem längeren Exkurs über eine Demonstration von Psychiatrie-KritikerInnen, KrüppelInnen, Lesben und Schwulen, Hermaphroditen, Transgenders und Feministinnen gegen Geschlechtsnormierung und Genitalverstümmelungen im Bereich der Medizin.

Zum näheren Anlass seiner "Reflexionen" über den "desexualisierten" Feminismus nahm er hierbei das aufrufende Plakat, welches ein erotisches Torso-Motiv des Zwitters und Fotografen Del La Grace Volcano verwendete. Er sah in dem Körper des dargestellten Hermaphroditen ein im eigenen Interesse chirurgisch und hormonell zu behandelndes Monster, das eine Art Allegorie für den entsexualisierten Gender-Feminismus darstellt: "So sehr der Lust beraubt, dass der ideale Träger der Lust wie ein Bild aus dem Kuriositätenkabinett körperlicher Anomalien daherkommt, wie man es vor hundert Jahren mit wohligem Gruseln zu beschauen gewohnt war, gibt sich der Gender-Diskursant als wahrhaft desexualisiertes Ungeheuer zu erkennen", schrieb er in einem verquasten Deutsch.

Außerdem betrachtete er die "gewaltsame Störung" des Berliner Kinder- und Jugendgynäkologiekongresses an der Charité im März 2001 (vgl. http://sexualpolitik.de/GynKongress.pdf) als ein "äußerst übles Anliegen", da die chirurgische und hormonelle Zuweisung von Zwittern "in möglichst früher Kindheit" als vernünftiger Umgang "mit dieser zwigeschlechtlichen Disposition" zu bewerten sei. Jedenfalls dann, "wenn man Vernunft am Höchstmaß von späterem sexuellen Glück" messen wolle. Und dieses höchste Maß ist für ihn offenbar die gelungene heterosexuelle, vaginale Penetration, selbst dann, wenn sie an einer schmerzenden körperlichen Wunde vollzogen wird.

Die von Zwittern gegründete "Arbeitsgemeinschaft gegen Gewalt in der Pädiatrie und Gynäkologie" (AGGPG) lässt zur Zeit anwaltlich prüfen, ob diesen Aussagen wegen ihres menschenverachtenden Charakters strafrechtliche Relevanz zukommt. Die Hör-CD mit dem Vortrag, von der antifeministischen Gruppe "Les Madeleines" herausgegeben, kann in Bremen im Osttor-Buchladen für 5 DM gekauft, für 9 DM bestellt oder auch kostenlos als mp3-File heruntergeladen werden (justus.mp3).


SCHLAFENDER HERMAPHRODIT
Griechische Plastik, hellenistisch,
2. Jh.v.u.Z. Marmor, Länge 1,48 m.
(Matratze und Kissen im 17. Jhdt.
von Gian Lorenzo Bernini ergänzt).
Fundort: Rom, Diokletiansthermen.

Andreas Stullikowski: Ähm... ich trau mich ja kaum zu fragen, aber BAHAMAS scheint eine äusserst umstrittene "Zeitschrift" zu sein, und nach dem Besuch ihrer Webseite muß ich jetzt einfach mal wissen: sind die echt? Oder ist das Info-fake, Titanic für Linksabweichler?  
Leo: Die ist echt, war zu Kohlregierungszeiten ein antinationales Theorieblatt. Später sind die Herren Redakteure abgedreht und haben die Möglichkeit gesehen, sich durch sachkenntnisfreie Polemiken gegen die linke Szene provomäßig zu profilieren. Zuletzt haben die Bahamas die "Vaterländischen Antideutschen" hervorgebracht, die den Afghanistankrieg bejubelten. Viele Leser hat das Blatt nicht, die Zielgruppe sind Studenten, die sich für links halten, aber keinen Anschluß an die Linke haben. Daß Herr Wertmüller eine etwas merkwürdige Auffassung von sexueller Selbstbestimmung proklamiert, ist  nichts Neues.
nn: woher kommt eigentlich jeweils die riesenaufregung über krude thesen, die im höchstfall von zehn leuten in die welt gesetzt werden? warum wird dieser mist nicht einfach ignoriert? -- zu dem oben erwähnten dreck fällt mir nicht viel ein. ich glaube nicht mal, dass das viele leute zur kenntnis nehmen und finde, das braucht auch keine publicity.  
nn: dagegen wurden mit der interventionsunterstützung (afghanistan) und auch die "debatte" über den berliner vergewaltigungsfall tatsächlich wunde punkte getroffen. soll heißen: es gab da jeweils ein thema, das leute diskutieren wollten, sachen, über die vorher viel zu lange nicht geredet worden war. und gerade das macht die sache so nervig: bahamas wirft die themen so auf den tisch, dass sie nicht mehr besprochen werden können, obwohl sich alle die köpfe darüber heiß reden. es geht nach dem tabubruch nur noch, diese blöde bande eine blöde bande zu nennen -- aber die eigentlichen themen können dann nicht mehr verhandelt werden.  
nn: werthmüllers auslassungen über intersexualität sind einfach dreck und werden hoffentlich von niemandem aus dem mülleimer geholt. an dem aab-fall aber gab es durchaus was zu diskutieren: wo genau schlägt in (vor allem: hetero-) beziehungen strukturelle in aktuelle gewalt um? welcher umgang ist angemessen, wenn paare sich in emotionalen verstrickungen gegenseitig verletzen, die beiden aber nicht von einander loskommen oder eine/r von beiden nicht vom/von der anderen? wie lassen sich auch politische kurzschluss-reaktionen verhindern, mit denen immer so schnell ein politische lösung für alles da ist, die (manchmal jedenfalls) noch mehr kaputt macht, als vorher schon kaputt war?  
nn: um nicht missverstanden zu werden: ich meine NICHT, dies seien die fragen, mit denen der aab-fall hätte diskutiert werden sollen. aber das sind fragen, die der text "infantile inquisition" von werthmüller/krug verhandelt, und dieser text hat in berlin einiges an debatten ausgelöst. (in denen dann aber nur noch einige typen ihr macho-ego profilierten, womit die wichtigen auseinandersetzungen umöglich wurden...)  
gigi: ich denke, wenn, dann sollte man den vergewaltigungsartikel in einem eigenen thread diskutieren. ich finde deine äußerungen, nn, sehr provokativ, schließlich war der text "infantile inquisition" für viele in der szene der erste anlass, sich von der BAHAMAS zu verabschieden. die nachfolgenden beiträge dieser Zeitschrift zu anderen themen haben diese abkehr auch hinterher als sinnvoll erscheinen lassen.  
gigi: es ist natürlich immer eine abwägungsfrage, ob man nicht lieber etwas ignoriert (wie es die Interim mit der BAHAMAS recht erfolgreich getan hat). im hinblick auf die mögliche "wiederkehr des verdrängten" finde ich die theoretische entzauberung dieses magazins (in jüngster zeit durch autoren wie robert kurz, ernst lohoff, günther jacob und franz schandl) jedoch die bessere alternative.  
gigi: da das thema der BAHAMAS "sexualverdrängung" lautet, möchte ich doch einmal darauf aufmerksam machen, wie sehr der ekel des sich sonst so schwulenfreundlich gebenden referenten gegenüber zwittern eine verschiebung seiner homophobie auf ein ersatzobjekt darstellt. schwule sind in ordnung, solange sie dort bleiben, wo sie sind (solange sie mich nicht anfassen). der zwitter jedoch führt das verschmieren der grenzen, nicht nur zwischen mann und frau, sondern auch zwischen homo und hetero vor augen und rührt daher an der eigenen sexualverdrängung, die konstitutiv für seine eigene identität als latent homosexueller heteromacker ist.  
Andreas Stullikowski: "verschmieren der Grenzen" -- hübsche Formulierung. Man (&Frau) muss sie tatsächlich immer wieder neu malen (um mal im Bild zu bleiben). Und kaum hat der linke Heteromacker seine Grenze zu Schwulen endlich schön gemalt, da kommen die Zwitter ...  
Andreas Stullikowski: Und ich lese BAHAMAS gerade wirklich gerne. Da überfällt mich so ein angenehm gruseliges Schaudern, wenn ich nach und nach unter der schnittige Sprache den Abgrund von Dumpfheit entdecke. Aber daran abarbeiten ... nö  
Klostein: Kann nicht mithalten, habe kein Abitur; möchte es auch nicht nachholen.  
Leo: In Sachen Bahamas spielen zwei Aspekte zusammen. Die eine Frage ist, in wessen Porzellanladen sich der Elefant einquartiert. Bahamas sind in ihrer klassischen Art in nationale Diskurse destruktiv interveniert (von der 8.-Mai-Kampagne bis zum Partyaufruf für den ersten über Jugoslawien abgeschossenen deutschen Tornardo), was politisch sinnvoll war. Als man damit niemanden mehr provozieren konnte, haben sie diese Vorgehensweise in innerlinke Auseinandersetzungen eingebracht. Die andere Frage ist, warum bestimmte innerlinke Diskurse denn so ein Porzellanladen waren.  
Leo: Es gab in der 90er-Jahre-Linken - primär unter Männern - die Tendenz, antipatriarchale Politik in der dritten statt in der ersten Person zu betreiben und sie für arbiträre Rivalitäten zu instrumentalisieren. Inzwischen haben diese Leute sich entweder aus der Linken entfernt oder aber sie schweigen von selbst über ihre Rolle. Was Bahamas also gemacht haben, ist in ein (Stroh-)Feuer zu pinkeln, was schon längst runtergebrannt war. Den Letzten Identitätsfeministen dissen und dem Leser das als Kritik an einer vermeintlichen linken Leitmeinung servieren. Und dann wurde dasselbe Schema auf den Letzten Intifadafetischisten angewandt, der seit Camp David laufende innerlinke Diskurs  
Leo: über den Nahostkonflikt ist schließlich auch extrem provoanfällig. Bahamas waren aber bald unten durch und konnten kaum mehr jemanden provozieren. Also müssen neues Opfer her und da sind nun auch die Gender-Aktivisten dran. Das Interessante an der Sache ist, daß Bahamas ihren politischen Kurswechsel ohne zentrale personelle Veränderungen durchgemacht haben, man darf also gespannt sein, in welcher politischen Ecke die irgendwann noch ankommen werden. Hier ein Zitat aus einem mir vorliegenden Bahamas-Flugblatt, das im Mai 2001 im Friedrichshain verteilt wurde -- es reicht locker, um zu zeigen, was von Bahamas zu halten ist und beschert der Redaktion die  Merkbefreiung
Bahamas-Flugblatt:: "Daß in der autonomen Szene immer mehr fanatisierte Schläger herumlaufen, die auf alles dreinschlagen, was in ihr antipatriarchales Weltbild nicht hineinpaßt, ist in den letzten Monaten hinreichend bekannt geworden. Daß die gleichen Schlägertypen jetzt zur unmittelbaren antisemitischen Tat übergehen, sollte allen, die in Friedrichshain und andersweo leben und einen linksradikalen Anspruch haben, sehr zu denken geben."  [Quelle]
gigi: Hi Leo, man muss das Zitat noch in den Kontext der Ereignisse vor einem Jahr im Mehringhof stellen. Dort wurde eine Veranstaltung der Bahamas von Frauen mit Löffelaufschlagen gestört. Der verhinderte Referent - übrigens identisch mit der ungenannt gebliebenen Person im obigen Text - rief den anwesenden AntifaschistInnen zu: "Entfernt den braunen Mob, ihr seid doch in der Mehrheit!"  
gigi: Daraufhin wurden zwei Frauen, die eine mit Fußtritten, die andere mit einem durch Silikon verstärkten Bullenhandschuh brutal zusammengeschlagen. Hinterher stellte die BAHAMAS sich selbst als Opfer des "FrauenLesben-Mobs" dar und schwallte dunkel von angeblichen Verletzungen, die ihre Redakteure erlitten hätten. Eine Redakteurin erfand auf einer AStA-Sitzung, die der Entlastung eines Schlägers gewidmet war, die Story, dass ein älterer BAHAMAS-"Genosse" von den Frauen zu Boden geworfen und ihm die Brille zertreten worden sei. Die Frauen hätten ihm "durch die Lederjacke" hindurch in den Arm gebissen! Soviel zum Thema "lesbische Kampfhunde".  
gigi: Ich war im Mehringhof anwesend und habe gesehen, was wirklich passiert war. Dass die BAHAMAS nicht die geringsten Bedenken mehr hatte, offen zu lügen und erfundene Stories zu erzählen, war dann für mich der ausschlaggebende Punkt, mich von den letzten Sympathien zu befreien, die ich einmal vor Jahren dieser Zeitschrift gegenüber gehegt haben mochte.  
gigi: Heute fällt es schwer, das genuin Paranoide und Übergeschnappte in den BAHAMAS-Erklärungen nicht mehr wahrzunehmen: "Spätestens die Kommandoerklärungen der Bahamas-Redaktion zum 11. September markieren den Umschlag dieser Tendenz in offenen Sektenirrsinn. Das Schrille am originären Überschnappen der bombengeilen Hardcore-Fraktion dürfte außerhalb der unmittelbaren Bekenntnisgemeinde [...] kaum jemanden verborgen geblieben sein" (Ernst Lohoff, Quelle:  Jungle World)
Leo: Ich habe mich wirklich gewundert, wieso der Bahamas-Auftritt mit Securitypersonal der AAB stattfand, wo doch glasklar abzusehen war, daß er der AAB politischen Schaden zufügt. Die AAB hätte es sich mit einer gut inszenierten symbolischen Distanzierung von der Bahamas wesentlich erleichtern können, Gras über die Sache wachsen zu lassen. So hat es sie ihr politisches Umfeld gekostet.  
nn: gras über "die sache" ist aber auch nicht unbedingt das wünschenswerte... -- der artikel, den wir ja hier nicht diskutieren ;-) , war mist. die störung der mehringhofveranstaltung hat ihm noch publicity verschafft. das war sicher nicht gewollt, hätte aber erfahrungswert sein können. wss symbolische politik angeht, haben teile der linken eine lernschwäche.  
Andreas Stullikowski: OK, ich bin doof, aber kann mal jemand KURZ erklären, was "symbolische politik" ist?  
Leo: Symbolische Politik dient dazu, komplizierte Politik zu vereinfachen. Siehe auch: Untauglicher Aktionismus oder Beschäftigungspolitik. Dabei sind Aufmerksamkeit bzw. Mehrheitsfähigkeit die wesentlichen Kriterien für das Politikdesign, die Verschiebung realer Kräfteverhältnisse wird nicht mehr angestrebt. Z.B. ist das, was der LSVD macht - Standesamt statt Gleichstellung - symbolische Politik.  Lexikonartikel
LiLi'chen: Bahamas hat keine sympatie von uns verdient. Sie ist eine patriarchale, heterosexistische, und in letzter Zeit bellicistische Publikation.  
me: wer ist uns?  
nn: leo, du verkürzt. symbolische politik besetzt (ideologische) felder. früher war abfällig von "meinungsmache" die rede, aber eigentlich geht es mehr um die voraussetzungen von meinungen, um hegemoniekämpfe. konservativ werden sie zur erhaltung des bestehenden geführt, zur verdummung -- dann dient symbolische politik "dazu, komplizierte politik zu vereinfachen": das sehen wir im fernsehen. aber auch z.b. demonstrationen sind symbolische politik: da geht es darum, eine forderung öffentlich zu machen, sie zugleich bei mehr leuten zu verankern, und über eine sich verallgemeinernde meinung politiker/innen zu zwingen, anders zu handeln.  
nn: auch die mehringhof-episode war symbolische politik: alle beteiligten handelten in der überzeugung, wesentlich mehr menschen zu vertreten, als sich selbst, handelten in einer art von öffentlichkeit. "bahamas" hat diese matrix vorgegeben und ihre aufrechten gegner/innen sind geradewegs in eine falle getappt: sie haben genau das getan, was zu erwarten war, was seit anbeginn antisexistischer politik üblich war. nun war skandalisierung mal ein gutes mittel, um patriarchale und heterosexistische ideologie zu demolieren -- all das hervorzuholen, was unter der decke dieser ideologie vor sich hin schimmelte.  
nn: aber das ist heutzutage witzlos, der ganze dreck liegt ja offen zu tage. in den nachmittagstalkshows nur einer woche ist mehr davon versammelt als die gehirne der bahamas-redaktion in einem halben jahr ausdenken könnten. die skandalisierung funktioniert nicht, weil der skandal keiner mehr ist. die aufrechten haben brav die im skript für sie vorgesehene rolle gespielt und das ist sicher ein zeichen von schwäche. -- all das ist offensichtlich und mehr will ich dazu nicht schreiben. aber eine diskussion darüber ist nötig.  
nn: darin dürfte es nicht um polemik gehen, nicht darum, wer wem was im mehringhof zertreten hat. sondern darum, wie in der linken auseinandersetzungen über sexismus geführt werden (und wie sie nicht geführt werden sollten), welche rolle(n) hetero-vollmänner in antifa-strukturen spielen, wie sich persönliche grenzen ziehen und durchsetzen lassen, wie ein wirksamer schutz vor übergriffen aussieht, wann gegen wen welche sanktionen nötig und sinnvoll sind, usw. -- wahrscheinlich ist das netz wieder mal nicht der richtige rahmen für solche auseinandersetzungen.  
gigi: abgesehen von der abwertenden verwendungsweise, die leo uns anhand eines lexikonartikels vorgeführt hat, heißt symbolische politik in einem postmodernen horizont jede politik, die sich eher auf der zeichen- als auf der materiellen ebene bewegt. nehmen wir den slogan der gay liberation, "gay is good!", übrigens eine kopie von "black is beautiful!". hier werden zeichen (symbole) umgewertet mit dem ziel, gesellschaftliche diskurse zu verändern. es geht bei symbolischer politik darum, wie nn richtig sagt, die hegemonie oder "definitionsmacht" über begriffe zu erlangen. daher auch die aufufernde diskussion über "queer" in den 90ern.  
gigi: ebenso wie ich marxistischen kritikerInnen von symbolischer politik bestreite, dass es eine nicht symbolisch vermittelte art und weise geben kann, über dinge zu sprechen, bestreite ich auch, dass sich alles auf symbolische politik reduzieren lässt. ich denke, in der sexismus- und vergewaltigungsdebatte werden sich am ende nicht diejenigen durchsetzen, die die bessere symbolische politik machen, sondern diejenige, welche, wie pathetisch sich das auch immer anhören mag, über den zwanglosen zwang des besseren arguments verfügen.  
gigi: man kann das doch gerade an der BAHAMAS-Diskussion nachvollziehen: die BAHAMAS nutzte in einem bisher ungekannten maße symbolische klischees über feministinnen, über sex und über vergewaltigung aus (es reicht vielleicht, hier die begriffe "hysterie", "verführung", "denkverbot" und "lustfeindlichkeit" fallen zu lassen). das ganze wurde übergossen mit einer pseudointellektuellen soße. rhetorisch waren sie so ihren gegnerinnen eine ganze zeitlang überlegen. doch mit der systematischen dekonstruktion dieser klischees durch verschiedene autorInnnen hat sich die verdrängte feministische position durch eine latenzphase hindurch wieder zu einer unbestreitbaren totale ausgebreitet.  
gigi: heute muss man schon ein "credo quia absurdum" ablegen, um die BAHAMAS-position in sachen vergewaltigung und sexismus ernsthaft als eigene meinung vertreten zu können. es bedarf dazu einer vollständigen resistenzkraft gegen argumente, die wahrscheinlich nur wenige hirnlose jünger dieser zeitschrift, wie etwa die antideutschen kommunisten in berlin, aufbringen.  
zz: Sagt mal, wer kann mir denn erzählen, wer "les madeleines" sind bzw. wo / wie sie agieren ? Ich habe bis jetzt nur ihre Beiträge in der "Phase 2" gelesen.  
Gigi: Ach, die haben in der Phase 2 publiziert? Gibt es den Beitrag irgendwo im Netz? Die "Les Madeleines" sind offenbar eine relativ neue, noch unbekannte Gruppe, die sich gleich von Beginn an einen Namen dadurch machen wollte, dass sie der BAHAMAS in der Sexismus-Debatte beisprang. Ursprünglich kommen sie wohl aus der jungen Linken, teils sogar aus deren Feminismus-AG. Ihre Art zu argumentieren erinnert mich ein bisschen an die Marxistische Gruppe (MG).  Zur Kritik der Les Madeleines
Leo: Gigi, daß es Politik an sich genausowenig gibt wie das Ding an sich, steht auch in dem Artikel. Aber ein Zuviel an SP wirkt sich als schwarzes Loch für politische Inhalte aus. Die fiese Hintertür von SP ist, daß man sich damit von seinem Politikgegenstand immer weiter entfernen kann, ohne es selbst zu merken. Je mehr ich Inszenierung betreibe, um so mehr bin ich auch darin befangen, und um so schlechter kann ich erkennen, was die Dinge, auf die mich damit beziehe, unabhängig davon wie man sie nennt zu bedeuten haben. Im worst-case-Szenario nehme ich nicht einmal mehr wahr, daß ich mit leeren Symbolen arbeite, vielleicht weil sich die Lage subtil verschoben hat.  
Leo: Man muß also beizeiten für manuelles Feintuning der verwendeten Symbole sorgen, sonst droht Selbstbezüglichkeit. Es hat sich herausgestellt daß Einpunktbewegungen dafür anfälliger sind als herangehensweisenoffene Politikformen, weil ihr Feedbackspektrum deutlich enger ist -- u.a. deswegen sind sie etwas aus der Mode gekommen. M. E. liegt der zentrale Designfehler aber schon auf Konzeptionsebene und besteht darin, daß im Fall des Wettbewerbs zwischen verschiedenen symbolischen Politiken dieser sich anhand der Symbole entscheidet und nicht anhand dessen, worauf sie verweisen.  
Leo: Selbst eine symbolische Politik mit gut funktionierendem Feintuning kann also von einer leeren symbolischen Politik verdrängt werden, wenn diese nur einen hinreichend hohen Impactfaktor hat. Wegen dieser Wettbewerbsanfälligkeit kann symbolische Politik auch mit dem Ziel der Herstellung eines repressiven Konses verwendet werden.  
nn: lieber leo, in deinem denken erscheinen inhalt und form strikt getrennt: hier "politikgegenstand", dort symbole, inszenierung und "feintuning". ich halte das für falsch, für propagandistisch gedacht. es geht nicht darum, die richtigen politischen ideen unter die leute zu bringen und das möglichst werbewirksam. sondern darum, einen raum für befreiendes denken und handeln zu öffnen. (das ist, zugegeben, eine sehr allgemeine formulierung -- beispiele wären besser.) wenn politik so gedacht und gemacht wird, dann ist wichtig, wie ihre themen verhandelt werden, und zwar von allen beteiligten.  
nn: nimm doch die jüngst auf etuxx geführte debatte über die beiden skinheads. es ist ein unterschied, ob gesagt wird "o weh, es sollte aber jeder rumlaufen dürfen, wie er will" (was du nicht geschrieben hast) oder ob alltäglicher rassismus und die besetzung von orten und gegenden mit in betracht kommen. solche auseinandersetzungen über das feld der auseinandersetzung selbst gehören zur symbolischen politik. (dieser aspekt kommt in dem parteienlastigen wörtbucheintrag etwas zu kurz.) interessant finde ich, dass aus der weiteren fassung des themas nicht automatisch ein verbot von skinhead-klamotten folgt, sondern eine diskussion, in der die kleidung verantwortet werden muss.  
nn: so pathetisch es klingt: mir ist mehr daran gelegen, dass leute in skin-kleidung darüber nachdenken, was sie damit auslösen, als dass sie ihre klamotten reflexartig in den müll werfen. -- im übrigen nehme ich dir hiermit das wort "herangehensweiseoffene" weg -- natürlich nur symbolisch, aber das darfst du ab jetzt nicht mehr benutzen. ;-)  
Leo: Kannst Du nicht, das Wort steht unter GPL :-) Manchmal muß man Dinge im Denken trennen, um erkennen zu können, ob sie in der Realität gerade getrennt oder vereint sind. Ich halte das Werbewirksamkeitsdenken wegen der ansatzbedingten Form-über-Inhalt-Dominanz für ein trojanisches Pferd und favorisiere ähnliche Konzeptionen wie Du sie andeutest. Interessant finde ich, daß sich durch die Beschreibung, wie Dinge funktionieren, Überlegungen anstoßen lassen, wie sie funktionieren SOLLTEN. -- Was die Gayskindiskussion betrifft, in der sehe ich mittlerweile ein Beispiel für einen weitgehend gelungenen Realitätsabgleich, ich hatte befürchtet, daß sie weit destruktiver werden würde.  
bonnie und clyde: liebe leute, symptomatisch an eurer "debatte" scheint mir zu sein , daß auf die vor allem von "les madeleines" vorgebrachten argumente und denkanstösse zum umgang mit sexueller gewalt INNERHALB DER SZENE (denn das ist das eigentliche thema ihrer einlassungen) gar nicht bezug genommen wird - und das aus dem sehr augenscheinlichen grund, daß sie in der schilderung der defizite ebendieses umgangs, in vielen punkten sehr recht haben. sei es der völlig willkürlich gehandhabte begriff der definitionsmacht, seien es die einfach zu durchschauenden projektionen auf "den täter" als objekt der täglich erfahrbaren zumutungen des patriarchats oder  
bonnie und clyde: unsägliche ausschlussverfahren nach der devise: aus den augen aus dem sinn, jetzt ist unsere szene wieder blütenweiß (vgl. dazu etwa bahamas artikel: aufstand in der villa kunterbunt). dazu noch die machtpolitik in dem berliner fall, denn als insider ist jeder/m klar daß es hier nicht etwa zufällig einen aab´ler "getroffen" hat. besonders peinlich daß mal wieder so getan wird, als hätte sich mit diesem ausschluß auch nur ein jota zum besseren hin verändert, als würden sich in der konsequenz nicht szenetypen eben frauen aussuchen, von denen nicht zu erwarten ist, daß sie im zweifelsfall auf die barrikaden gehen.  
bonnie und clyde: der versuch mal wieder alles an berechtigter kritik zu ignorieren was im autonomen gebetbuch nicht drinsteht ist, entgegen eurer auffassung diesmal NICHT aufgegangen. im gegensatz zur von euch erwähnten interim, die, zumindest bei dem kindergarten entwachsenen linksradikalen eigentlich kaum noch zur kenntnis genommen wird, haben sich mit der bahamas 34 sehr viele leute kritisch auseinandergesetzt und neben unsäglichem, in zumindest einigen artikeln wie dem oben erwähntem) mehr an diskutierbarem gefunden als in 1000 immergleichen frauen/lesben papieren.  
bonnie und clyde: über die eigenen psychologischen verstrickungen in derlei diskursen einmal nachzudenken stünde einigen kritiker/innen besser an als reflexartig schaum vorm mund zu entwickeln und jede kritik an feministischen positionen unhinterfragt als rollback und backlash zu apostrophieren. es ist nebenbei gesagt auch die einzige überlebenschance für eure theorien: löffelchenschlagen ist zumindestens dem kritischen und älteren teil der szene, dem eure machtspielchen + antipat-punkte egal sind zu wenig, hier zählen argumente.  
bonnie und clyde: wenn ihr die nicht habt, oder es für eine zumutung haltet sie in einem solchen diskurs vorzubringen, dann passiert das was gerade passiert: definitionsrecht abgeräumt (ist so, ja wirklich, bewegt ihr euch auch außerhalb eurer gender-kreise??), alle halten die schnauze, aber denken sich ihren teil, das verhalten tätern gegenüber kein stück weitergekommen........wir warten mit euch gespannt auf den nächsten "fall" rote grüsse hier nochmal zwei links zum aufregen, wahrnehmen, kritisieren: http://www.nadir.org/nadir/periodika/bahamas/auswahl/web34-1.htm http://www.nadir.org/nadir/initiativ/les_madeleines/borderline.htm  
bonnie und clyde: les madeleines zu definitionsrecht: http://www.brainbug.info/info312.htm  
Technisches Hilfswerk: hier auf diesen Seiten richtig verlinken (geht oft daneben;-)) deshalb: Anleitung unter "Hilfe" (in der Nähe des Kommentarfeldes) einfach mal lesen, es erleichtert weiteren Interssierten dat Surfen wesentlich ... .  Und jetzt der unübsehbare Linkzaunpfahl
gigi: tja, was soll man zu bonnie und clyde eigentlich sagen? vielleicht: versuch's doch mal mit argumenten statt mit einer mischung aus unterstellungen, beschimpfungen und besserwisserei. in der auseinandersetzung mit der bahamas habe ich keinen nachholbedarf. irgendwann ist eben schluss, und man geht seiner wege. die autonome szene ist an der weiteren beschäftigung mit paranoikern wohl einfach nicht mehr interessiert.  
gigi: aber was ich nicht verstehe: hier wird über das schicksal von leuten debattiert, denen justus wertmüller ihr sosein abgesprochen hat, so wie die ärzte in den 20er jahren den schwulen hoden transplantierten, um ihnen ein heterosexuelles glück zu versprechen, und bonnie und clyde halten das für ein ablenkungsmanöver, das nur dazu dient, sich nicht mit ihrem vermeintlich "genialischen" artikel auseinander zu setzen.  
gigi: wie ist das, wenn auf einer veranstaltung derbe antisemitische äußerungen zu hören sind. forderst du die kritikerInnen aus dem publikum dann auch dazu auf, dass sie sich doch lieber mit dem eigentlichen thema auseinandersetzen sollten? würdest du ihnen dann auch vorwerfen, dass sie mit ihrer auf einige wenige äußerungen fokussierten kritik vom eigentlichen thema des vortrags ablenken wollen? gar weil sie diesem nichts entgegen zu setzen hätten? meine liebe, das sind eitle verschwörungstheorien, die von eurem narzissmus zeugen!  
gigi: aber lasst mich doch noch etwas zu den "les madeleines" sagen: wer die schwülstigen liebesgedichte von else lasker-schüler in einer vergewaltigungsdebatte zitiert, hat entwedern nicht mehr alle tassen im schrank oder leidet an einem schweren fall von "sexualverdrängung". und was habt ihr eigentlich dagegen, wenn man vorher fragt: "darf ich dich ficken?" - ehrlich gesagt, bin ich das, ganz unabhängig von der vergewaltigungsdebatte, als normalen umgang mit (schwulem) sex gewöhnt. ich fände es eher befremdlich, wenn jemand einfach ungefragt versucht, mich zu penetrieren.  
gigi: insofern empfinde ich die vom Antioch College in den usa gemeinschaftlich verabschiedete sexualethik als bloße explikation eines verhaltens, das alle aufgeklärten menschen von ganz alleine praktizieren. aber vielleicht gehören bonnie und clyde ja zu denen, die ihrem partner beim sex den mund zuhalten, damit er nicht laut stöhnen oder etwas so schmutziges sagen kann wie "darf ich dich bumsen?"  
gigi: also wenn ihr mich fragt, projiziert ihr einfach eure eigenen probleme mit sex auf die autonome szene. wenn ich euch, die les madeleines, manchmal so lese, fühle ich mich an die abwandlung eines spruches von jutta ditfurth aus dem jahre 1988 erinnert: "Ich bin 36, da finde ich zwei Vergewaltigungen auf ein lustvolles, knapp zwanzigjähriges Geschlechtsleben relativ wenig."  
gigi: in eurer unsäglich dummen rede von "graubereichen" und "missverständnissen" sind nämlich angebliche vergewaltigungen "aus versehen" als kollateralschäden der herrschenden sexualordnung quasi miteinkalkuliert.  
gigi: im übrigen finde ich es infam, die debatte hier als eine sogenannte abzutun, wie ihr es durch eure anführungszeichen gemacht habt. lest mal adornos gelungene auslassungen über den autoritären gebrauch von gänsefüßchen ('satzzeichen', in: noten zur literatur). so ähnlich macht ihr es übrigens auch auf eurer homepage, wenn ihr schreibt, ein artikel habe euch kritisieren 'wollen', anstatt einfach zu sagen, er habe euch kritisiert. pfui, ist das arrogant und noch dazu dumm, weil falsches Deutsch!  
Une Madeleine: bonny und clyde sind bei uns unbekannt. Kaum vorstellbar, was? Nur damit Du weißt, wen Du weswegen beschimpfen solltest.  Les Madeleines im Internet
gigi: Oh, es scheint ja Tausende von Euch BAHAMAS-Klon-Zombies zu geben. Woah, richtig gruselig! Geistig gleichgeschaltet.  
gigi: ok, ich glaube, den letzten satz sollte ich zurücknehmen. es bringt nichts, beleidigend zu werden, bloß weil man wütend ist.  
Leo: Anstatt herumzuschwafeln über das "Sich auszuliefern um der Lust willen" (justus.mp3, 14:35) und das auch noch für politisch auszugeben, sollte Herr Wertmüller sich eine Partnerin für konsensuellen SM suchen und seine Phantasien ausleben und fertig. Das Problem ist nur, daß in Bremen offenbar die Informationslage über die Rolle und Bedeutung der Bahamas in der Berliner Szene derart dürftig ist, daß es Leute gibt, die glauben, sie könnten eine Berliner Verschwörungstheorie, die mangels lokaler Nachfrage gerade mal zum Exportartikel taugt, als Diskussionsgrundlage heranziehen. Liebe Space-Madeleines, was wollt ihr eigentlich erreichen? Ist Euch wirklich nicht klar, daß Ihr mit Eurer  
Leo: Autonomenschelte absurdes Theater betreibt, nämlich die Darbietung vom Niederschreien der längst von selbst Verstummten? Schon Bahamas kamen damit eine Legislaturperiode zu spät, davon, daß sie das Kind mit dem Bad ausgekippt haben mal ganz abgesehen. Merkt ihr nicht, daß ihr auf diese Weise Leute wie B&C, von denen Ihr euch distanziert, dazu bringt, den bizarren Stil der Jürgensendebatte weiterzupflegen? Habt ihr ein paar Bremen-lokale Rechnungen offen oder warum interessiert Euch dieser Berliner Schnee von vorgestern überhaupt? Bekommen wir demnächst die "Protokolle der Terrorlesben von Friedrichshain" präsentiert? Seid Ihr Euch wirklich sicher, daß Ihr nicht  dorthin gehört?
???: loe, wohin führt der "dorthin" link? ich bekomme "forbidden".  
Leo: Zur deutschen Sektion der Ayn-Rand-Sekte. Verschwörungstheoretiker. Wollten wohl nicht verlinkt werden :-/