Der Buchladen "Prinz Eisenherz"
vorgestellt von Lore Logorrhoe

Teile eines "Eisenherz"-Plakates Als Prinz Eisenherz als erster schwuler Buchladen in Deutschland vor 23 Jahren eröffnete, gab es so gut wie keine schwulen Bücher. Dafür war das Bedürfnis nach einem solchen Ort als einer Art Kristallisationspunkt der Szene um so größer. Der Buchladen war einer der wenigen öffentlich zugänglichen schwulen Ort der Stadt (und der Republik). Heute ist das Angebot an schwulen und irgendwie "queeren" Büchern so gross, dass es fast unmöglich ist, dem Anspruch, "alles" verfügbar zu haben, gerecht zu werden.

Aus dem Szene-Treff mit heimeligem Identitätsfaktor wurde allmählich eine Fachbuchhandlung zum Thema "Homosexualität". Statt der politischen Diskussionszirkel von einst, die auch unbelesene Schwule in den Laden lockten, gibt es heute Lesungen für Literaturfreunde und -freundinnen. Trotzdem ist für viele "Eisenherz" eine Art schwule Familie geblieben, gerade für jene, die die Selbstverständlichkeit schwuler Räume in den Metropolen nicht gewöhnt sind.

In gewisser Weise ist "Prinz Eisenherz", ein Opfer des Erfolges seiner Strategie geworden. Der politische Kampf darum, dass schwule Bücher überall zu haben sind, hat dazu geführt, dass heute jede grössere Buchhandlung ihr mehr oder weniger verschämtes schwullesbisches Eckchen hat und dass "Prinz Eisenherz" damit eine seiner Funktionen an andere Buchläden abgegeben hat. Obwohl es jetzt überall schwule Bücher gibt, sagt das natürlich noch nichts über deren Qualität.

Diese steht aber im Mittelpunkt der meisten Auseinandersetzungen innerhalb des dreiköpfigen Kollektivs, das den Laden führt. In wie weit soll auch die Verkäuflichkeit von Büchern ein Kriterium für ihre Anschaffung sein? Es geht um den berühmten Spagat zwischen Anspruch und Kommerz, den auch andere Unternehmen kennen, die ursprünglich aus Bewegungsprojekten entstanden sind und sich heute an die üblichen ökonomischen Spielregeln halten müssen.

Diese zwingen letzten Endes dazu, genauso zu funktionieren wie jeder andere Betrieb auch. Erst wenn die Kasse stimmt, kann man sich auch mehr "Anspruch" leisten. Der regelmässige Katalog, der zusammen mit anderen in einem Verbund organisierten schwulen Buchläden herausgegeben wird, versucht, Bücher vor allem danach zu bewerben, für wie gut sie von den HändlerInnen gehalten werden.

Seit vor drei Jahren der Berliner Frauenbuchladen geschlossen hat, wird das lesbische Sortiment mit Erfolg stetig ausgebaut. Diskutiert wird noch, ob diese neue Säule des Ladens sich auch einmal in der Mitarbeit von Frauen niederschlagen soll, da diese Form der Zusammenarbeit noch nicht überall in der Homo-Szene angekommen ist. Die Zahl lesbischer Käuferinnen und Lesungen nimmt jedenfalls zu.

Einerseits gibt es die Vorstellung, ein Laden für "alle" Schwulen zu sein, andererseits möchte man sich aber auch politisch positionieren. Beides zu vereinbaren. wird angesichts sinkender Streitkultur allerorten immer schwieriger. Viele Kunden verlangen deshalb zeit- und SVD-gemässe Neutralität in weltanschaulichen Fragen, die über die gemeinsame Klammer "schwul" hinausgehen.

Die "Eisenherzen" sind jedoch nicht immer bereit, diese einzuhalten, auch wenn die Zeit für politische Arbeit wegen des steigenden Arbeitszwanges immer knapper wird. So beteiligten sie sich mehrmals am "autonomen" Block auf der CSD-Demo. Für die einen stehen sie deshalb als die "Linken" in der Ecke, für die anderen als die "Kommerz-Heinis". Auf keinen Fall dürfen jedoch die persönlichen Kompetenzen und Vorlieben der drei Chefs, "Stil bildend" zu wirken, übersehen werden. Oder wie sonst kommt ein "Nutella-Kochbuch" in eine schwule Buchhandlung?




Links:
"Prinz Eisenherz" im Internet
Die Schwulen Buchläden im Internet

Renfro: Wenn ich den Artikel richtig lese, ist die Buchhandlung wohl ein Sinnbild für den Weg aus der Projektszene in den Kommerz, inklusive Selbstausbeutung und Nischenerfolg. Aber ein Buchladen, in dem es "A smart Cunt" nicht gibt, nicht auf Deutsch und nicht auf englisch, der ist nichts wert, und darf sich schwuler Buchladen nicht länger nennen. Schmeisst ihm die Scheiben ein ;-)  
Janosch: @ Refro, Du wolltest nicht sagen, dass Kommerz immer unpoltisch ist, bwz. Politisch immer unkommerziell - oder steckt das doch unter Deinem Hut, dann ist's ein richtig alter. Und "projektszene"? Projekt "potsdamer platz" - auch ein Highlight aus der Projektszene? ;-)  
BuchhändlerHasi: "A Smart Cunt" ist eine Kurzgeschichte im Buch "The Acid House" (Titel auf engl. und dt. gleich), falsch geguckt? Den deutschen Titel gibts bei "KiWi", wird dir bei Eisenherz (falls er wirklich nicht im Laden stehen sollte) sicher bis zum nächsten Tag vom Großhändler besorgt...  
Renfro: Schuldigung. Ich hab die Worte aus dem linken Museum entliehen und nicht wieder zurückgegeben. Auch über "A smart cunt" darf ich auf Befehl von etuxx nichts mehr sagen. Ich muss eine Woche warten. Aber dann, BuchhändlerHasi, wird Dir bewiesen, daß Du kein schwuler Buchhändler bist!  
Bert the Evil: Wir diskutieren hier in der Sesamstraße gerade, was denn "schwule Bücher" sind... Oder was "schwule Literatur" ist. Machen wir's am Autor oder am Thema oder... oder... oder... fest? Krümelmonster frißt sowieso alles und unterscheidet nur danach, ob 's ihm schmeckt oder nicht, und es findet, daß ein leckeres Hetero-Buch wie... einfach besser ist als ein versalzenes Schwulenbuch wie...  
die buchhaltung: als richtige kommerzhaie haben wir unsere scheiben natürlich versichert :-) damits zumindest aber deswegen nicht soweit kommt, hab ich herrn welsh büchlein gleich nachbestellt - weil nix ist schmählicher fürn charlottenburger homobuchhändler, als nicht fürn RICHTIGEN homobuchladen gehalten zu werden... bei manchen geht die idee, ein bestimmtes sortiment gegen jede kommerzielle logik aufrecht und vorrätig zu halten auch als POLITISCH durch. oder so...  
Der Ex-Ex: Hallo Bert, ein "schwules Buch" war früher ein Buch von einem schwulen Autor und/oder mit homosexuellem Inhalt. Heute ist ein "schwules Buch" schlicht ein Buch, das Schwule interessiert oder interessieren könnte. Also prinzipiell: jedes Buch. Darum ist heute Kiepert die grösste schwule Buchhandlung Berlins. Aber nicht die sympathischste. Und auch wenn man Kritisch-Politisches sucht und sonstwie Abseitiges, solte man doch besser zu Eisenherz gehen...  
Renfro: Schwule Buchändler... ich kanns nich erwarten, meine Häme über diese tuffigen Detlev-Maier-Leser und Heinz-Emigholz-Angucker abzukübeln. Ausserdem ist da noch eine Sache zu klären, in der Berlins zweitgrösste Irvine-Welsh-Expertin, Madmoiselle Marcie, mal wieder hoffnungslos daneben liegt. Also mach hinne, etuxx, mit deinem 12. 12.  
Marcie: Du wirst nie über den dritten Platz in der Irvine-Welsh-Experten-Rangliste rauskommen, Renfro. Dazu muss man mehr als 2 Bücher von ihm gelesen haben. Und hör auf, Buchhändler zu beleidigen, sonst erzähl ich, was du mir angeboten hast, als ich Dich in meinem Zimmer beim Bücher klauen erwischt habe.  
Renfro: Du bist so BRUTAL geworden in letzter Zeit... verträgst den Sport nicht....  
Der Ex-Ex: @Renfro: Det Meyer mit "ey", Schatz, nicht mit "ai"! Aber den lesen schwule Buchhändler auch nur so gelegentlich (sehr gelegentlich!) - da kann ich Dich beruhigen. Gute schwule Buchhändler lesen natürlich nur gute Literatur (von Fichte bis Ginsberg und so). Du bist wohl noch keinem guten schwulen Buchhändler begegnet? Das tut mir leid. Ehrlich! Wir sollten uns mal kennenlernen...  
Bert the Evil: Ex-Ex: Wenn Du es erklärst, kann man das fast verstehen. Es handelt sich bei dem Thread also nicht um Buchhandel, sondern um ein auch anderswo schon diskutiertes Phänomen, daß etablierte Szene eben nicht mehr der romantisch Darkroom iss. Vielleicht kann sich ja 'n schwuler Buchhändler durch ein spezifisches Give away ausweisen. ;-)  
BuchhändlerHasi: @Renfro: da ist das Hasi aber neugierig, warum's kein *schwuler* Buchhändler ist (das "schwul" wurde eh von Dir dazugedichtet!). Hab' die Info aus'm Netz gesucht, meine *schwulen* Vorlieben liegen eher bei Fichte, Jahnn und Cocteau, lasse mir aber gerne was empfehlen, sofern ich nicht beschimpft werde. Zur Zeit lese ich Dante Alighieris "Göttliche Komödie"...  
Marcie: Keine Chance. Der Herr Renfro beschimpft jeden, der seinen aktuellen Büchergeschmack gerade nicht teilt. Du hast mal "Kuhauge" bei einem Frühstück komplett durchgelesen, mein Freund. Heute willst Du davon nichts mehr wissen.  
Politschwuchtel: Alles nur Kulturschwuchteln hier auf etuxx! Bürgerliches pack!  
die buchhaltung: huch, ich wusste gar nich, wie viele fichteleser es noch gibt. jubel. der ist übrigens auch nur zum spartacuskaufen in nen schwulen buchladen gegangen... dafür hat er dann was am magen bekommen und ist daran gestorben - kann man mal sehen, welche folgen alles hat ;-)  
KAMPF der Politschwuchtel Ohne Kultur!: Geh in anderen Foos diskutieren, lass uns hier lesen und schöngeisten; klapp ein schönes Buch auf, und benutze Deine Sinne; komm wieder; reih Dich ein ...  
Marcie: Was ich ja schwulengemäß finde, sind die Tagebuchaufzeichnungen von Herrn f.j.Raddatz. Hab ich mal im "Tagebuch"-Raben gelesen. Köstlich. Wie sich da "der Günther" und "der Walter" die Pfeife in die Hand geben. Eine echte "writers-cunt", der Mann.  
Der Ex-Ex: @Bert: Give-aways gehören eindeutig der kommerziellen "Szene" an! Bei "Eisenherz" gibt´s Kaffee (wenn man danach fragt). Schreib doch mal den "Eisenherzen", was Du Dir unter einem "speziellen Give-away" so vorstellst... Der "linke, schwule Buchladen" an sich wäre mir ja schon immer Give-away genug gewesen. Wenn man´s denn hätte vermitteln können... :-) @Marcie: "Pfeife in die Hand geben" ist doch `ne gediegene Redewendung! Werd´ ich demnächst mal im Darkroom ausprobieren. Sei nicht so intellektuellenfeindlich! Der Raddatz hat auch Verdienste!  
Renfro: Sorry, Marcie. Aber jetzt wird ausgepackt....  
Renfro: Mit dem Erscheinen von "A smart cunt" (dt. "Der Durchblicker") setzt eine ZEITENWENDE in Darstellung des Homosexuellen in der Literatur ein. Wer das als schwuler Buchhändler nicht weis, das Buch nicht im Laden hat, erst auf Amazon nachgucken muß, und dann nicht mitkriegt, daß die deutsche Ausgabe aus "Acid House" ausgekoppelt wurde, der hat seinen Beruf zum Hobby gemacht und darf den Ehrentitel "schwuler Buchhändler" nicht länger führen.  
Renfro: Erste Arbeiten zu diesem großen Ereignis liegen bereits vor:  Zu Irvine Welsh "A smart cunt"
die buchhaltung: muss nich bei doofamazon nachgucken, hab ja etuxx:-) aber mein selbstbewusstsein als allwissender homohändler ist jetzt böse angeknackt *schnief* da such ich und such in dieser deutschen ausgabe nach dem mir unbekannten und so sehr wichtigen und finds nich... montag ists in englisch da. danke. überhaupt...  
Leo: Klar ist, daß die verbliebenen Szeneprojekte (so sie keine Expo-Projekte sind...) unter ganz anderen Bedingungen agieren als in ihrer Gründungszeit, aber das ist eher eine unvorhergesehene Situation als ein strategischer Erfolg. Seinerzeit gab es ja mal eine politische Schwulenbewegung und darin hatten sie die Funktion, Freiraum für die erforderliche Meinungsbildung zu bieten. Von deren beiden Flügeln sitzt jetzt in der Post-§175-Ära der eine in der Regierung, während der andere sich atomisiert und einen totalen Existenzausfall erlitten hat.  
Leo: In den Konzeptionen der Szeneprojekte war man davon ausgegangen, daß die Schwulenbewegung sich konvergenter entwickeln und entweder ihre gesellschaftlichen Ziele umsetzen oder aber samt ihrer Infrastruktur einen vollständigen Zusammenbruch erleiden würde. Stattdessen ist ein taktisches Patt eingetreten, eine Art Transformationsprozeß, der bislang politisch unbeantwortet ist. Vor diesem Hintergrund ist es nur begrenzt sinnvoll, den Szeneprojekten vorzuwerfen, daß die gesellschaftliche Situation sie mit vorgehaltener Existenzfrage zum Spaghat zwingt.  
Leo: Meine Erfahrung damit ist, daß der umso besser zu überstehen ist, je enger der stilbildende Einfluß von Einzelpersonen auf das Projekt als Ganzes begrenzt ist. Und natürlich werden Szeneprojekte auch heute noch hin und wieder mit der Erwartungshaltung konfrontiert, sie könnten die politische Antwort auf die Transformation der Schwulenbewegung geben. Das war aber nie ihre Aufgabe. - Kurz, ich halte es für unangebracht, hier von Erfolg und seiner Tragik zu sprechen. Über die eingestellte schwullesbische Presseschau wurde wurde fast wörtlich dasselbe  geschrieben.
Marcie: @Renfro :-E  
OA @ Leo: welche projekte verfolgst du eigentlich? doch nicht nur theoretische, oder? ;-)  
Leo: OA, meine Erfahrungen habe ich hauptsächlich im Schwulen Museum gesammelt. Was ich hier geschrieben habe, halte ich jedoch für verallgemeinerbar.  
Der Ex-Ex: Leo, das war nicht die Frage... :-) - @Buchhaltung: Lass´ Dich nicht irre machen! Es gibt immer so `ne Kunden, die was besser wissen (ich meine: wirklich!). Deshalb bist Du noch kein schlechter Buchhändler! Und: Dass "schwuler Buchhändler" ein Ehrentitel sei, ist nun wirklich der grösste Blödsinn überhaupt!  
echt geknicktes EX-BuchändlerHasi: schnüff. schöner montagmorgen, gestern war ich noch buchhändler, heut hab ich gerade mal noch ein hobby. böses irreführendes internet. schnüff. entschuldigung. zutiefst geknickt. schnüff.  
noch'n schwuler Buchhändler: Jedem schwulen Buchhändler ein Sortiment seiner Vorlieben: Cocteau, der schöne Stuckrad-Barre, oder auch "Der Homosexuelle und sein Publikum. Ein Spagat zwischen Wissenschaft und Subkultur."! Aber ganz ohne Kommerz geht nich ;o( Und überhaupt: Was dem einen "Kommerz", ist dem anderen "Vorliebe". Für mich ist viel interessanter, wie in Zeiten von doofamazon und Kiepertschwulenecke die schwule Buchhandlung des 21. Jahrhunderts aussehen könnte. Und ich glaube, dass es einen solchen Ort braucht!  
die buchhaltung: noch' schwuler Buchhändler: bravo-danke!!! die frage bewegt uns die ganze zeit - muss uns bewegen, sowohl politisch-inhaltlich als auch als auch ganz kapitalistisch-finanziell. wenns so einen ort nicht mehr braucht, dann brauchts auch eisenherz nicht mehr zu geben - zumindest nicht mit den jetztigen leuten! wär schön UND wichtig, wenn diese frage nicht von machern und kundInnen getrennt geführt werden...  
eine o- und atonale kundin: eisenherz ist zu weit weg, aber immer wieder schön, mal reinzuschauen, wenn ich in der nähe bin. also lasst euch nicht unterkriegen jungs und kommt auch mal in den osten. hier tobt doch das leben. und adam ist sowas von unkommerziell, mann oh mann, das zieht einem schon manchmal die schlappen aus.  
die buchhaltung: und nochmal zu mr. welsh: der durchblicker - gibts seit april in ner dtv-ausgabe; hat eisenherz in also 9 monaten genau neun mal verkauft. da hat sich die bedeutung dieses werkes wohl noch nicht herumgesprochen, oder wie?? (ich weiss, ich weiss, dafür wären wir zuständig - aber ich bin ja, wie ihr seht, nur die buchhaltung :-)) ) und dieses blöde argument, wir wären zu weit weg; das gilt doch für jeden standort in berlin. sollen wir 5 kleine läden machen mit jeweils weniger büchern? die idee gibts auch: nennen wir VERKAUFSSHOP IN MITTE. will nur keiner machen.  
welsh-society s upcoming president: NEUN mal? Das sind neun mal mehr, als ich zu hoffen wagte. NEUN Schwule, die ... halt.. wahrscheinlich waren es 8 kesse Väter und 1 Charlottenburger Oberstudienrat.  
Lores Rundumschlag: Also jetzt mal ehrlich: es gibt auf Deutsch kaum gute aktuelle schwule Literatur. Warum ist das so? Sind BRD-Schwule langweiliger als anderswo? Warum trauen sich gute und auch noch bekannte schwule Autoren nicht, schwule Themen in den Mittelpunkt ihrer Geschichten zu stellen? Der Mainstream will so was eben nicht lesen, weil er sich nicht vorstellen kann, dass diese Minderheit allgemein menschliche Gefühle haben kann.  
Ingeborg Bachmann-Overdrive: Deutsche Autoren schreiben bergeweise Coming-Out-Scheisse, weil deutsche Tunten bergeweise Coming-Out-Scheisse kaufen. Siehe aktuelle etuxx-Ausgabe. Vergiss "auf Deutsch". Aber mit der Schiene "Schwule als Opfer des Mainstreams" darfste gerne weitermachen. Die Opfer-Schiene hatten wir noch garnicht ;-)  
hexenbub: heten lesen tatsächlich keine bücher schwulen inhalts, und schwule sind inzwischen so sehr damit beschäftigt und bemüht, endlich richtig NORMAL zu sein, dass sie so ne literatur schon gar nicht erst in die hand nehmen... und da wirds dann auch gleich wieder furchtbar kapitalistisch: wo kein markt, da keine anbieter (mehr?), und also auch keine (guten?) schwulen bücher. ob das wohl so stimmt???? :-) nixdestotrotz gibt es lesbare schwule bücher, auch von deutschsprachigen autoren - die sind halt manchmal in regalen kleiner (schwuler?) buchläden versteckt; muss man ein bisschen wühlen und stöbern... ;-)  
noch 'n schwuler buchhändler: bin ja noch schwul, aber grad kein buchhändler, und trotzdem erinnert mich die dikussion hier genau an die, die heten-nischen-buchhändler und heten-nischen-buchliebhaber führen: der mainstream, der kommerz, wir sterben aus, bitte rettet uns, seid solidarisch. (also, jungs, wir sind nicht allein. nur, dass schwule immer noch'n bisschen betroffener sind.) komischerweise finde ich immer wieder "gute" (schwule) bücher, weil's immer wieder enthusiasten gibt, die sie verlegen und die sie verkaufen. so wird das auch weiter funktionieren - vielleicht ist nur heute dabei etwas weniger schwulenpolitisches aktivistentum (aber danke dafür ;o) und mehr entspanntheit notwendig, als noch vor 20 jahren.  
OutHasi: "Coming-Out" bringt meist Probleme und Ängste mit sich, die selten neu sind, sich aber in unterschiedlichen Zeiten immer unterschiedlich zeigen. Für den pubertären "Zwischendurchleser" ist es ganz hilfreich, eine Identifikationsfigur zu haben, die in der selben Gesellschaft lebt, wie er selbst. Die "gleiche" Geschichte immer neu erzählen hat also eine Berechtigung. Ob's "Literatur" ist, darüber kann mensch streiten. Mich stört die gähnend langweilige Gmünder-Wixliteratur wesentlich mehr.  
ZitatHasi: "Der klassische links-alternative Buchladen (und das ist im Grunde auch die Geschichte der schwulen Buchläden) funktioniert in Köln nicht. Um interessant zu sein, muß man schon zu einem kleinen Medienkaufhaus wachsen, ..." Zitat aus "Der Dicke Katalog der schwulen Buchläden 01/02". Muss man? Bzw. schließt das eine das andere aus? Schade, dass sich hier so ausdrücklich distanziert wird, der Stempel "links-alternativ = verstaubt, dogmatisch und unzeitgemäß" wird als Werbung genutzt (bei uns könnt ihr kaufen - wir sind nicht politisch!). Schade. Dass Köln in weiten Teilen (noch) schicker und oberflächlicher ist als Berlin, ist bekannt, aber muss man sich dem wirklich fügen?  
Halma: Gmünder steht bei mir unter Porno. Der Coming-Out-Literatur halte ich dem gegenüber zu Gute, daß sie mehr will, als eine schnelle Mark zu machen. Das schreibst Du ja. Aber lesen es auch die Beschriebenen, oder nicht vielmehr die hart gewordenen Szeneschwuchteln, die sich an Zeiten erinnern wollen, in denen sie noch verletzlich waren? Eine gute Coming-Out-Geschichte müsste doch, um auch ihre Aufgabe zu erfüllen, auf den ersten Blick garnicht als solche kenntlich sein.  
Halma: Und Herr Gmünder, las ich mal in einem Suhrkamp-Bändchen über Homosexualität, war in den Siebziegern in links-alternativen, damals noch kommunistisch angehauchten Schwulengruppen aktiv. Werbung mit antilinken Zügen, wie im Katalog der schwulen Buchläden, liegt heute im Zeitgeist - so wie damals eben Systemkritik. Davon darf man sich nicht blenden lassen.  
Halma: Viel lieber würde ich es sehen, wenn über Schwules in Büchern wieder mehr gestritten würde. Mein Traum wäre eine kleine lesbischwule Buchmesse, nur einen Tag lang, mal in Köln, mal in Berlin, mal in Marburg. Oder sonstwo.  
die buchhaltung: herr gmünder hat ja nun auch mal bei eisenherz angefangen - da wars ihm dann aber bald zu wenig professionell. auch heute noch ist er der meinung, bei eisenherz würde zuwenig VERKAUFT, vor allem von den titeln aus seinem verlag... ich würde auch viel lieber über bücher reden und streiten! dem steht aber hier die realität gegenüber. so nen laden zu machen war noch nie was anderes als ein ständiger kampf ums überleben. der lässt sich besser bestehen mit idealismus, jaja, aber auch mit sarkasmus und ironie! ob sich wohl das MEDIENKAUFHAUS zu köln auch anders lesen lassen? und die hineingedichtete WERBUNG MIT ANTILINKEN ZÜGEN - woher???  
Lore: Halma, das musst du mir mal genauer erklären, wie du das meinst, im Ernst: Warum darf eine gute Coming-out-Geschichte nicht als solche erkenntlich sein? Meinst du damit einfach nur, dass sie nicht nach Schema F gestrickt sein soll oder noch was anderes?  
Penny: @Lore Hmm, vielleicht in dem Sinne, dass eine *gute* Coming Out-Geschichte sich sozusagen selbst transzendiert, will heissen: sich (auch)als allgemein menschliche Erfahrung darstellt, und weniger (d.h. nicht nur) als spezifisch schwule oder lesbische  
Penny: Das ist jedenfalls das Problem, dass ich oft mit schwuler Belletristik habe. Auf der einen Seite kann's zwar umso mehr unter der Haut brennen, weil's einen selbst ganz konkret anspricht. Aber wenn's schlecht geschrieben ist - und das ist weit oefter der Fall - aerger ich mich ueber die bloede Karikatur, die mich da angeblich repraesentieren soll - denn mit dem Anspruch ist schwule Belletristik ja wohl oft geschrieben - von uns, fuer uns, ueber uns. Und da beisst sich der Buecherwurm halt in den allgemein-menschlichen Schwanz.  
Lore formuliert eine kluge These: Liebe Penny (heißt Helma jetzt Penny?), wie soll dieses Transzendieren denn aussehen? Und in welche Allgemeinheit soll sich die spezifisch schwule oder lesbische Erfahrung auflösen? Ist es nicht so, dass gerade in der radikalen Parteilichkeit für Schwule oder Lesben diese Ahnung von Allgemeinheit entsteht, also gerade aus der Negation des "allgemein Verständlichen" heraus? Kann mir jemand noch folgen?  
Lore driftet noch mehr ab: Ich meine damit, je mehr wir versuchen, "es den Heteros recht zu machen", desto schlechter wird die Literatur und desto weniger ist sie im Stande, das Allgemeine darzustellen. Was dabei heraus kommt, ist ein Schwuler der versucht das spezifisch Heterosexuelle zu denken. Wann hören wir endlich auf, heterosexuelle Coming-out-Geschichten zu schreiben?  
KaufHasi: "Medienkaufhaus" ironisch zu lesen, fällt mir schwer, sarkastisch ginge schon eher... Aber daran stosse ich mich auch gar nicht so. Die Frage ist mehr: *muss* ich, wenn die Schwuchteln nach Komerz schreien, dieses bedienen? Bin durchaus gespalten: 1. konsumiere auch ich alles mögliche, 2. weiss ich sehr wohl, dass dadurch nebenher auch Dinge an die Schwestern gebracht werden können, die sonst unbemerkt blieben. Ist halt eine Frage der Ideologie: Homokaufhaus oder "Projek". Die Szene ist flach genug, ich würde gerne ein paar Ecken behalten. Aber vielleicht bin ich einfach zu alt...  
Renfro: Schwule, die heterosexuelle CO-Geschichten schreiben, sind doch klasse. "Felix Krull" z.B. Andersrum werden die besten Sachen über Schwule von Heteros geschrieben - die sind nicht betriebsblind. Z.B. von Ich-sag-seinen-Namen-nicht.  
Renfro: Die beste, die Schlüssel-Szene in Ihr-kennt-das-Buch-ja-jetzt ist die, wo Brian von Penman die Meinung gesagt kriegt. Eine doppelet Umkehrung der klassischen Situation "Hetero benutzt Homo als Seelenmülleimer". Und wie endet sie? Ist es das, was Heteros von uns wollen? Ein Meilenstein der schwulen Literatur! Mario Wirz dagegen ... ach, lassen wir das. Lest das BUCH!  
BaldVonRenfroInGrundUndBodenGestapftHasi: So, hab es gelesen. Hm. Ganz nettes Jugendbuch (Trostlosigkeit und Setting typisch 80er, Tempo und Drogen-Live-Style typisch 90er), teilweise recht unterhaltsam. Aber ein "Meilenstein"? DIE Geschichte für den schwulen Leser der Neuzeit? Schwulsein als nicht weiter wichtiges Attribut einer positiv oder negativ besetzten Person ist so neu nicht (wobei mir zugegebenermaßen gerade nix gelesenes einfällt, vielleicht Fichte? - Ex-Ex hilf mir!). Glaube sehr wohl, dass Eisenherz getrost ein *schwuler* Buchladen bleiben kann, auch wenn das nicht im Regal steht/stand (wobei sich das Cover sicher besonders gut an Schwule verkaufen lässt...).  
VerstörtHasi: Ja. Und?!  
helga: seit nun beinahe drei wochen ist dieser diskussionsstrang hirntot. wie wär`s mit geräte abschalten? ab auf den  etuxx-friedhof
Friedhofswächter: Nein Helga so nicht! Unsere Grabstätten sind keine abgeschriebene und tote Geister. Die etuxx-Kirchen-Ahnen-Bücher weisen hohe Frequentierungsraten aus. Unser Friedhof ist ein Mahnmal für Sex, Skins, HipHop und und und zumindest werden eben diese Seiten per Suchmaschinen teilweise öfter aufgesucht als aktuelle Themen. PS: die Totengräber sind bestellt für den 31.1., denn am 1.2. soll ein neues etuxx das virtuelle Licht des Internets erblicken.