Geschlechterkonfusion im Internet

dieser Artikel erschien zuerst in der Tuntentinte No.14 im Sommer 1998

Subjekt - Prädikat - Objekt


"Eigentlich hat man ja überhaupt kein Geschlecht im Internet. Bis du den Leuten sagst, daß du eine Frau bist, wissen sie es nicht, denn kein Mensch kann dich sehen. Ich habe mit Frauen gesprochen, die manchmal Männernamen benutzen, um anonym zu bleiben. Und ich habe mit Männern gesprochen, die wegen ihres Namens für Frauen gehalten und in den Chatrooms des Internet permanent angemacht wurden. Sie sagten: "Das war die härteste Erfahrung meines Lebens. Man glaubt gar nicht, was Frauen durchmachen müssen." Dann sind da aber auch Männer, die sich als Lesbe ausgeben und hoffen, von einer anderen angebaggert zu werden. Aber ich glaube, das hat nichts mit Sexualität zu tun, die Leute sind einfach neugierig." ( aus einem Interview mit der Journalistin J.C. Herz über ihre Erfahrungen im US-Internet, taz vom 3.5.96)

Na, wäre das was für Dich?


Hallo, hier ist Toni!

Auch hallo, hier ist Jo!


Hallo Jo, bist du ein Mann oder ne Frau?

Ist das so wichtig? Was bist du denn selber?


Soll ich dir was verraten? Ich weiß es gar nicht.

Versteh ich nicht. Was steht denn in deinem Ausweis?


Du meinst, dann siehst du klar, wenn ich dir das jetzt sage? Da kann man ja vieles reinschreiben. Vor sechzig Jahren stand da zum Beispiel auch, daß jemand arisch ist... Ich hab jedenfalls Schwierigkeiten. mich in solche Kategorien einzuordnen. Ich glaub, ich bin das, was man so transsexuell nennt.

Na, du mußt nicht drüber reden, ja vielleicht ein bißchen viel für den Anfang.


Wieso, ist dir das peinlich? Jetzt weißt du nicht mehr, wie du dich mir gegenüber verhalten sollst, was?

Nee, so war das auch nicht gemeint. - Was heißt das denn für dich: transsexuell?


Das heißt, ich passe in keines der Kästchen rein, ich hab männliche Chromosomen - obwohl ich sie ja eigentlich noch sie gesehen habe! - jedenfalls habe ich einen Schwanz, in meinem Gesicht wachsen Haare, ich hab ne tiefe Stimme, und was man sich sonst wohl darunter vorstellt. Aber ich fühl mich, solange ich denken kann, als Mädchen oder als Frau.

Was heißt das denn, dich als Frau zu fühlen?


Ich möchte schön sein, ich möchte begehrt werden. Ich stelle mir vor, ich hätte langes weiches Haar, Brüste und alles das, was andere verrückt macht. Ich möchte behütet werden und verführt werden. Ich konnte nie so ein Mann sein, wie die Jungen und Männer aus meiner Umgebung. Ich wollte das auch gar nicht. Ich hab mir gewünscht, ich würde so angehimmelt, wie manche Mädchen.

Das stellst du dir unter Frau-sein vor? Wie kommst du darauf, daß du als Frau automatisch begehrt wirst? Begehrt-werden heißt doch vor allem, zum Objekt gemacht zu werden, und die Kehrseite davon ist, daß Frauen diskriminiert, verachtet und vergewaltigt werden.


Du bist ne Frau, stimmt’s?

Du meinst, weil ich das so wenig beglückend finde? Vielleicht hast du recht, vielleicht kann ich über Frau-sein nur deshalb so reden, weil ich aus bitterer Erfahrung weiß, was das in der Realität heißt.


Mir ist schon klar, daß Frauen im Patriarchat einen harten Stand haben...

Das meine ich gar nicht. Ich weiß auch nicht, ob das wirklich mit dem Patriarchat zu tun hat; kommt vielleicht drauf an, was man darunter versteht... Das ist mehr ein logisches Problem. Wenn Frau-sein heißt, begehrt zu werden, wer bist du denn dann, wenn dich grad keiner begehrt? Oder wenigstens wahrnimmt? Dann bist du überhaupt niemand. Was meinst du, warum Frauen sich ein Leben lang quälen, attraktiv zu sein? Warum sie in Panik geraten, wenn ein Mann sein Interesse von ihr abzieht? Das betrifft nicht nur ihr Selbstwertgefühl, sondern ihr gesamtes Ich-Gefühl. Sie hat sich immer nur mit den Augen des Mannes betrachten können, und wenn er weggeht, sieht sie sich gar nicht mehr. - Nein, ich hab wirklich keine Lust mehr, mir Männeraugen zu suchen, in denen ich mich spiegeln kann, ich habe es satt, eine Frau zu sein!


Möchtest du lieber ein Mann sein?

Ich weiß nicht, ich glaube nicht. Außerdem - du hast ja selbst vorhin gefragt, was heißt das schon? Ich hab auch gar nichts gegen meinen Körper einzuwenden. Was ich mir wirklich wünsche, ist, daß ich so ein in-wendiges Ich-Gefühl hab, das mir auch nicht so einfach wegzunehmen ist, wenn Interesse von mir abgezogen wird.


Das ist seltsam - ich wünsch mir einen weiblichen Körper und du wünschst dir ein männliches Ich-Gefühl ...

Wieso soll das nun männlich sein? Ich wünsch mir doch einfach nur ein Selbstbewußtsein, das nicht von der Anerkennung durch andere abhängig ist. Aber sag mal, wenn du dir so sehnsüchtig einen Frauenkörper wünschst, hast du dich sicher schon mal mit operativer Geschechtsumwandlung beschäftigt.


Ja, sogar lange Zeit.

Warum hast du’s nicht gemacht?


Aus zwei Gründen. Ich bin nicht so ganz sicher, ob das wirklich dieser Körper ist, aus dem ich raus will. Ich will zwar kein Mann sein, und ich kann deshalb mit diesem Ding, diesem Schwanz, woran alle erkennen, daß ich ein Mann bin, nichts anfangen. Aber irgendwie gehört er doch zu meinem Körper, ich meine, er ist ein Teil von mir. Das kommt mir wie ein Verrat vor, wenn ich den einfach abschneiden lasse.

Und der andere Grund?


Das ist mein Freund. Der kann sich mit der Vorstellung, eine Beziehung zu einer Frau zu haben, überhaupt nicht anfreunden.

Aber du bist doch dieselbe Person!


Das sagst du so. Ich kann das für mich vielleicht noch klären, so daß ich mir zum Beispiel vorstelle, mein Körper wäre nur eine Hülle, und das, was dadrin ist, also dieses "Ich", das bleibt dasselbe. Weil, meine Erinnerungen und überhaupt meine Art, die Welt wahrzunehmen, ist ja erstmal unverändert, auch wenn ich mit einem Frauenkörper dann vielleicht andere Erfahrungen mache und sich dadurch auch was in meinem Innern ändert. Aber mein Freund hat ja sozusagen einen Zugang zu "mir" (oder wie ich das ausdrücken soll) nur über meinen Körper, der kriegt die innere Kontinuität vielleicht nicht so mit, jedenfalls hat er Angst davor, und das versteh ich auch irgendwie.

Das seh ich nicht so ganz ein. Du teilst doch deine Gefühle auch mit, ihr redet miteinander. Das, was du über dich sagst, wie sich dein Gesicht verzieht, oder wie du dich verhältst, das sind doch alles Mitteilungen, die erstmal unabhängig von deinem Geschlecht was über deine Gefühle aussagen.


Eben nicht. Auf dem Hintergrund, daß du weißt, das ist ein Mann oder das ist eine Frau, interpretierst du das doch alles anders. Das war doch am Anfang unseres Gespräches auch so. Und du kennst bestimmt diese Situationen, wenn du in der Öffentlichkeit auf eine Person triffst, und du versuchst, ihr Verhalten zu beurteilen, und kannst in dem Moment nicht richtig erkennen, ob das eine Frau oder ein Mann ist, dann kippt deine ganze Wahrnehmung hin und her, wie bei einem Vexierbild, und du bist ganz beunruhigt und willst das dann unbedingt rauskriegen, ob das nun ein Mann oder eine Frau ist. Und wenn du es dann raushast, dann denkst du: Aha, ja dann versteh ich das auch, warum der, oder eben die, sich so verhält! Ich glaube, davon kann man sich sehr schwer losmachen.

Naja, das stimmt schon. Aber daß so ein Grenzgang zwischen den Geschlechtern leicht ist, das ist ja auch nicht zu erwarten. So ganz versteh ich das noch nicht, daß sich dein Freund nicht auf das Abenteuer einlassen will, denn es gibt doch auch was zu gewinnen, wenn die Kategorien aufgeweicht werden.


Für ihn ist das aber keine Aufweichung von Kategorien, sondern ein Rückfall in die herrschenden Normen. Du darfst nicht vergessen, wenn ich eine Frau bin, dann ist er wieder ein stinknormaler Hetero, so empfindet er das wenigstens. Für ihn war das ein ganz wichtiger Schritt, die Hetero-Beziehungen aufzugeben, auch ein politischer, weil er nicht mehr an der sexuellen Ausbeutung von Frauen teilnehmen wollte. Er ist ganz stolz auf seine schwule Identität. Wenn ich jetzt im Fummel rumlaufe, dann hat er schon größte Schwierigkeiten. Er will halt nicht mit ner Frau zusammensein, sondern mit nem Mann. Solange, wie noch klar ist, auch für die Umgebung, daß ich das Frau-sein nur spiele, geht es gerade noch für ihn. Aber wenn er mich als "richtige" Frau akzeptieren soll, da ist für ihn ne Grenze erreicht.

Das finde ich so konstruiert. Man kann das doch nicht politisch bestimmen, welche Art von Individuen man begehrt, welche Art von Körperlichkeit einen anmacht.


Naja, wie denn? Glaubst du, das liegt an den Genen, oder was? Ob ich jemanden begehren kann, da spielt doch auch immer rein, ob ich das Begehren richtig finde, ob ich mich selber dabei sozusagen in Ordnung finde.

Und? Findest du dich denn selber eigentlich dabei in Ordnung, wenn du einen Männerkörper begehrst, den du für dich selber doch eher ablehnst?


Ich würde das ein bißchen anders beschreiben: Ich begehre einen Männerkörper, wenn der mich begehrt.

Das hast du doch, oder begehrt dich dein Freund nicht? Warum willst du denn dann überhaupt Frau sein?


Weil ich ständig innerlich gegen das Gefühl ankämpfen muß, daß mein Wunsch danach, begehrt zu werden, was illegales hat, etwas, das irgendwie anrüchig ist. Ich muß dieses Schuldgefühl in mir, daß ich mir wünsche, Objekt sein zu können, immer wieder niederkämpfen

Das ist es also, was du unter Frau-sein verstehst: das Recht auf den Objekt-Status, und das Recht darauf, begehrt zu werden. Du willst dich freiwillig entmündigen lassen, weil du die Verantwortung für deine Lust loswerden willst. Und dann ist es wahrscheinlich schon fast egal, ob das nun ein Mann oder eine Frau ist, mit dem du es zu tun hast, Hauptsache, er holt dich ab. Nee, also da hört für mich doch irgendwie das Verständnis für deine Wünsche auf. Die produzieren genau die Verhältnisse, die ich als Frau bekämpfe. Für das Patriarchat bist du doch so eine Art Überläufer, der jetzt zur Kronzeugin dafür wird, daß die Frauen zum Objekt gemacht werden wollen, oder noch schlimmer: daß das gerade das Frau-sein ausmacht.


Ich finde dich jetzt sehr selbstgerecht. Erzähl mir mal was von deiner sexuellen Praxis! Wie machst du’s im Bett?

Also weiß du...


Wieso? Jetzt sei doch nicht so schamhaft, wir kennen uns doch gar nicht. Ist doch alles völlig anonym. Außerdem, wenn du mich so angreifst, habe ich wohl das Recht zu wissen, auf welcher Grundlage du das machst.

Da hast du auch wieder recht. Aber ich kann dir gar nicht viel dazu sagen. Ich hab schon ewig keine sexuelle Beziehung mehr gehabt. Mit Männern geht es für mich nicht mehr, vor Frauen habe ich glaube ich Angst.


Na, du wirst dich doch vielleicht noch erinnern, was dir Spaß gemacht hat, oder du hast doch sicher Phantasien, wie du es dir wünscht?

Hautberührungen finde ich unheimlich erotisierend. Ich finde es toll gestreichelt zu werden.


Und hast du das in deinen Männerbeziehungen nicht gekriegt?

Doch, aber das war immer so tendenziös. Immer war es irgendwie eine Vorbereitung auf das, worum es eigentlich ging: um das Penetrieren. Da konnte ich mich gar nicht mehr entspannen und wollte am liebsten auch die Berührungen der Haut gar nicht.


Und wie wäre es, wenn es richtig schön wäre? Beschreib mal, wie sich das dann inwendig anfühlen müßte.

Jawohl, Herr Doktor! - Also, meine ganze Haut müßte als erotische Antenne ernstgenommen werden, nicht nur bestimmte Zonen, und der Rest Haut nur als Vorbereitung darauf. Klar gibt es Körperstellen, wo die Empfindung sozusagen zugespitzter wird. Aber ich glaube, ich kann die Berühung nur richtig annehmen, wenn nicht solche albernen Unterscheidungen in Vorspiel und Hauptakt gemacht werden.


Eine ganz blöde Frage mal: Wenn du Hautberührungen so erotisierend findest, warum läßt du dir von deinem Arzt nicht einfach Massagen verschreiben?

Das ist wirklich ne blöde Frage. Eine Masseurin, der das völlig gleichgültig ist, ob mich ihre Berührung stimuliert, oder die das eigentlich eher ausschließen will, die kann mich auch nicht auf so eine Weise anfassen, daß sich alle Körperhärchen auf Empfang stellen.


Versteh ich das richtig, daß es nicht nur auf die Berührung ankommen, sondern auch auf die Absicht, die hinter der Berührung steht?

Ich glaube, das kann man nicht trennen, das teilt sich in der Art der Berührung immer mit.


Und welche Art von Absicht würde dich am ehesten erotisieren?

Naja, schon die, daß jemand auch den Wunsch hat, mich zu berühren, daß jemand das selbst erotisiert, meine Haut anzufassen.


Also mit anderen Worten: es erotisiert dich, wenn jemand es begehrt, dich zu erotisieren. Ist es da nicht das Begehren des oder der anderen, das in deine Haut eindringt und dir das schöne Gefühl macht? Bist du, zumindest in der Situation, nicht auch das Objekt des Begehrens des Anderen und willst es auch sein?

Da hast du mich ja schön in den Falle gelockt! Stimmt, es ist ein wunderbares Gefühl, begehrt zu werden. Und vielleicht heißt das wirklich in der Situation, den Objekt-Status zu erotisieren. Aber ich will trotzdem zwei Sachen dagegen einwenden: Erstens kann das ja auch ein wechselseitiges Verhältnis sein, mal den Körper und mal das Begehren von jemand anderes zu begehren. Und außerdem ist das ja nicht der Standard in der männlichen Sexualität, daß sie den Hautkontakt für sich schon beglückend und erotisierend finden; er macht sie deshalb an, weil sie glauben, damit ihrem eigentlichen Ziel schon einen Schritt näher gekommen zu sein, also der Penetration. Erst da empfinden sie sich auf dem Höhepunkt ihrer Lust, der vor allem der Höhepunkt ihrer Macht ist. Ihr Orgasmus ist das sich überschlagende Glücksgefühl darüber, daß sie mit dem Schwanz bei einem Objekt die Lust am Unterworfen-sein erzeugen können.


Das finde ich jetzt aber harte Unterstellungen. Woher willst du das so genau wissen? Ich will ja nicht den männlichen Orgasmus verteidigen, aber da habe ich bei meinen Männer-Beziehungen doch andere Erfahrungen gemacht.

Jedenfalls muß ich immer, wenn ich mich von einem Mann berühren lasse, Angst vor dem Mißverständnis haben, daß er mich in anderer Weise zum Objekt machen will, als das noch meinen erotischen Wünschen entspricht.


Okay, akzeptiert. Aber jetzt betrachte mal die Situation des Mannes. Du fürchtest, von ihm zum Objekt gemacht zu werden, aber damit erwartest du das auch, im positiven wie im negativen Sinn. In demselben Prozeß, in dem du zwangsweise zum Objekt gemacht wirst, kann er der Subjekt-Rolle nicht entkommen. Er muß die Erwartung schon an sich selber stellen, so tief sitzt das. Damit bleibt ihm eine ganze erotische Welt verschlossen, nämlich die, von der du selbst gesagt hast, daß das eine wunderbare Erfahrung ist: das Begehren von jemand anderes in sich eindringen zu spüren. Deswegen finde ich es ungerecht, wenn du mich als Überläufer und Kronzeugin bezeichnest. Ich will einen Bereich von Glück und Erotik, der für mich durch die Männerrolle, die mir von außen doch täglich aufgezwungen wird, immer schwierig und irgendwie illegitim ist.

Aber dann solltest du dir das bewußt als Mann erobern und nicht darauf bestehen, daß du Frau sein mußt, um ein Recht darauf zu haben, von jemand anderem begehrt zu werden. Dann wären wir jedenfalls in bezug auf das Geschlechterverhältnis Gegner, weil du für etwas kämpfst, wo ich genau dagegen kämpfe.


Aber begreifst du denn nicht, ich kämpfe nicht darum, Objekt zu sein, ich kämpfe um das Recht dazu! Das ist doch ein großer Unterschied. Aus deiner Sicht ist es ein Handicap, aber akzeptier doch mal, daß es aus meiner Sicht ein Privileg ist, zu dem ich erst "nein" sagen kann, wenn ich es im Prinzip haben kann. Solange mir jeder das Etikett "Mann" anhängen kann, bin ich nicht frei von den Erwartungen, die sich daran knüpfen, auch innerlich nicht.

Ich bleibe dabei, daß Frau-sein-wollen dabei eine Unterwerfung unter die Machtstruktur ist, die sowohl deine als auch meine Entfremdung verursacht hat. Wenn wir nicht gegeneinander kämpfen wollen, müssen wir eher Wege finden, mit den Subjekt-Objekt-Kategorien zu spielen, die nicht durch die Geschlechtszugehörigkeit schon vorgespurt sind. Vielleicht brauchen wir dazu auch mehr Mut, Sachen auszuprobieren.


Stimmt. Sag mal, wie ist es denn mit uns? Findest du mich begehrenswert?

Also... jetzt überschreitest du aber ne Grenze!


Ich dachte, das wollten wir?

null
mackerin: Was die beiden über ihre Idee von Frausein u. Mannsein sagen, klingt für mich ziemlich abefahren, eben weil es so polarisiert ist. Obwohl sicher auch tragisch... Ich neige eher dazu, mir einzubilden, ich käme vom anderen Stern und würde die Welt und die Menschen(körper) gerade erst kennnelernen. Muss dann natürlich feststellen, dass dann alles ziemlich queer wird. Ich weiß z.b. immer noch nicht, warum mich die Leute im Chat für einen Typen halte, obwohl ich das Gegenteil behaupte.  
das kleine i: Es gibt halt Sachen, die werden für gewöhnlich eher einem Mann zugeordnet, dann hilft kein kleines und kein großes I. Mackerin klingt für mich wie schwarzer Schimmel. Mit Gewalt läßt sich der auch anmalen, aber wer will das? Raus mit den Mackerinnen! Wir Machos müssen schon zur Therapie und zur Männergruppe, und wenn Du weiterhin behauptest, Du seist Mackerin, dann nehmen wir dich mit.  
mackerin: Eigentlich gings mir um ein Gespräch über den Chat. Statt dessen Revierkämpfe mit einem kleinen i. Schwarzer Schimmel, meinetwegen. Die Zuschreibungen männlicherseits wollen sich schließlich irgendwo hin wenden lassen - natürlich eine kaputte Strategie. Aber Rausschmiss ist auch keine Lösung, mein Herz. Das Problem ist ein anderes: Alles weibliche ist unbewohnbar und jenseits davon ist auch kein Platz.  
Doro: Der letzte Satz ist soo schön. Von wem stammt der? Von Dir, mackerin?  
mackerin: Puh. Erleichtert. Da ist noch wer. Hab ne Weile drüber nachgedacht, aber es ist wirklich meine postfeministische Überzeugung. Es bleibt einfach nichts. Auch wenn das fatalistisch klingt.  
mackerin: Praktische Frage: Gibt es einen queeren Chat?  
Kolja: irgendwie finde ich den "chat-text" ziemlich gestelzt. was ist das? eine coming-out-übung von nicht-kursiv? ein feministischer diskurs für kursiv? auf jeden fall bekomme ich nicht heraus, ob jemand nervös geworden ist...  
Kolja: ich denke, dass jede/r mit dem eigenen körper überprüfungszwangfrei tun sollen darf, was eigener wille ist. und in mir steht auch sicher keine wertung für motive zu... da ich aber davon ausgehe, dass der text "konstruiert" ist, will ich hier feststellen, dass es mich die inhalts-flache begründung von nicht-kursiv ärgert: "Ich möchte schön sein, ich möchte begehrt werden. Ich stelle mir vor, ich hätte langes weiches Haar, Brüste und alles das, was andere verrückt macht..."  Körperpolitik
vielleicht: ist es von beidem ein bisschen, ein "Genre" der Literatur, bruchstückhafte Fetzen im Chatmix serviert. Und, Kolja - ist das schlimm? habenhalt nicht alle den Feminismus mit Löffeln gefressen, oder den angefangenen Brei stehen gelassen.  
Kolja: es ärgert mich, weil trans-sein damit zur naiven banalität abgestempelt wird.  
Kolja: zum thema nervosität hätte ich jedoch einen lesehinweis anzubieten.  hausaufgabe: die ersten 5 absätze lesen!
Die dumme Glatze: Kolja, ist Dein Verdacht, der chat sei konstruiert, Dekonstruktivismus?  
Kolja: Dumme Glatze: In der Sinnstrategie der obigen Erzählkonstruktion Dekonstruktivismus verorten zu wollen implizierte eine Artikulation wider die gesichere Erkenntnisbildung im methodologistischen Diskurs. Auf Deutsch: Ja!  
Elisabeth List schreibt: "Wer die neue Sprache der 'Dekonstruktion' nicht beherrscht, mit ihren Vokabeln nicht jonglieren kann, ist nicht 'in', nicht 'interessant'. (...) Anders gesagt: Theorien, auch feministische und natürlich nicht nur die poststrukturalistischen, können zum 'symbolischen Kapital' werden, akkumuliert in den Händen einer neuen Elite von Meisterdenkerinnen." (List, Elisabeth: Politik, Geschlecht, Lebensform. erspektiven feministischer Theorie und Praxis. In: Grosz-Ganzoni, Ita-Maria (Hg.): Widerspenstige Wechselwirkungen. Tübingen 1996)  
Aber: Kolja, wäre es nicht schön, wenn trans-sein banal wäre, so gewöhnlich wie ???  
Kolja: banal wäre okay, ja. aber die unterstellung von naivität gepaart mit dem erhobenen zeigefinger in richtung feminismus (wie in diesem "chat"), ist eben das gegenteil davon.  
Lore: Ich finde, dass es einen offenen inhaltlichen Widerspruch zwischen Feminismus und MtF-Transen gibt: der Feminismus lehrt zurecht, man solle versuchen, auf einer weiblichen Position beharren und Weiblichkeit aufwerten und ausweiten (z. B. soll "Stärke" als weibliche Eigenschaft begriffen werden können). MtFs werden da zu Reaktionären, die es nicht schaffen, ein eigenes Bild von Weiblichckeit gegen das patriarchale durchzusetzen. Auf einer persönlich-subjektiven Ebene leuchtet mir das Bedürfnis von MtFs unmittelbar ein, auf einer strukturell-theoretischen Ebene leuchtet mir das feministische Argument ein.  
Kolja: in diesem "chat" wurde "konstruiert": mtf sind nicht in der lage, diesen widerspruch zu reflektieren und benötigen feministische belehrung. und mit erhobenem zeigefinger sattelst du nun noch drauf, dass die reflektierende mtf-transe (deren existenz allerdings vorher abgestritten wird), um pc zu sein, nicht wirklich frau sein wollen darf? verstehe ich deinen feministischen anspruch da jetzt ganz richtig?  
Der Scheff: schlägt vor, für die strukturell-theoretisch korrekte MtF den Begriff Mann-zu-Müsli-Lesbe einzuführen und bezweifelt, daß das die Identitätsfindung von MtF soo wahnsinnig befördern wird.  
Der Scheff: postuliert, daß strukturell-theoretisch korrekte Schwule unproportionierte und unattraktive feminine und leicht dickliche Männer in schlampiger Kleidung besonders anziehend finden müssen. Ich bin der Martin, nee?  
Die dumme Glatze: ist gewillt, ganz proletarisch-diktatorisch die symbolische Kapitalistin Lore zu enteignen, indem er grimmig nachfragt, was strukturell-theoretisch ist. Das Wort Ebene kenne ich schon aus dem Geometrieunterricht und die Poeebene vom Geographielehrer.