Freundschaft, Liebe und Sex in den Zeiten des automatischen Subjekts
von Mausebär

Geht euch das auch so? Dass man oft keine Lust mehr hat, irgendetwas zu erklären? Da sitzt man nun mit ziemlich netten, ziemlich lecker aussehenden Leuten zusammen, das Bier ist kühl, die Nacht ist lau, die Sterne funkeln, man ist nicht mehr ganz nüchtern, aber immerhin noch so, dass man weiß, es wäre besser für alle Seiten, wenn das Thema weder "Genua" noch "Kommunismus" wäre. Und plötzlich: "Genua". "Na ja: die haben aber auch echt krass demonstriert...", und zehn Sätze weiter: "Klar ist Arbeit Scheiße, aber sich einfach so durchfressen...". Danach ist der Abend zu Ende und man fährt heulend nach Hause. Das Maximale, was an solchen Abenden rauszuholen wäre: "Kommunist, aber trotzdem ein netter Mensch."

Da gibt es diesen süßen ... hm ... Puschelskater, der ums Verrecken nicht rauskommt, seine Kumpels dürfen "es" nicht wissen. Und ich frage mich: Mausebär, ist das nicht n bisschen viel für dich, wenn dich jemand immer wieder in dein früheres Leben herabzieht, das längst überwunden ist? Und ich gucke mir seine Freunde an, die "es" nicht wissen dürfen und frage mich: Warum sind die so wichtig? Sind nicht Freunde wichtiger, statt cooler Kumpels, die dümmlichen Skaterslang sprechen und sich so merkwürdig mackrig begrüßen?

Andererseits: Warum nur muss man sich mit allen netten Menschen in seiner Umgebung immer über alles verstehen? Was ist so schlecht daran, sich einfach mal wohlzufühlen (have fun oder eben Schppassss haben!!) und: Woher weiß ich, dass mein Gegenüber nicht die selben Probleme mit mir hat, dass also auch er das ihm Wichtigste in seinem Herzen verschließt? (Natürlich ist Kommunismus wichtiger als Skaten, aber es gibt eben kein verbindliches Entscheidungskriterium dafür.) Wohlfühlen? Hm. Wir alle sind vermutlich auf diesen Selbstbetrug angewiesen, den Selbstbetrug, der uns lachen lässt inmitten von Arbeitsidioten und irgendwelche Sexpartner umarmen, die wir verachten, vielleicht, weil wir uns an ihnen wärmen können. Diejenigen, denen ich mich nahe fühle, kann ich nicht umarmen, diejenigen, die ich umarme, verachte ich. Wie lange geht das gut und was ist die Alternative? Ist das vielleicht ganz normal - die unterm Kapital mögliche Zärtlichkeit eben? (Oder geht euch das anders - habt ihr schönere Erlebnisse?) Sie sind ja keine Schweine, sie sind nett, lachen schön, riechen gut, sehen mir in die Augen und doch scheinen sie manchmal keine Seele zu haben. Der Sex mit ihnen ist Krampf. Wie sieht denn Sex gegen den Wert aus, Sex als Kritik am schlechten bürgerlichen Abziehbild, der Karikatur von Sex? Sex, der nicht verseucht wäre durch Unter- oder Überreflexion? Spontaner, befreiter, heftiger verfeinerter Sex eben, nicht zwanghaft und auch nicht tierisch?

Dann gibt es ein paar schwule, irgendwie linke Betriebsnudeln, absolut entspannte Poser, die "alles wollen" - Kohle UND Auto UND Alternativsein UND gesellschaftlich anerkannt UND schwulenbewegt. Hauptsache: ja nicht Inne-Halten, einen Begriff von dieser Gesellschaft entwickeln, schonungslos Kritik üben, sondern immer nur die "schöne Maschine" (Robert Kurz) am Laufen halten, wenn auch diesmal linksherum.

Ja, es gibt auch andere: Bestimmt eine Handvoll Leute (v.a. Frauen) fällt mir ein, bei denen alles anders ist. Da gibt es diese Vertrautheit, Selbstverständlichkeit und Wärme, die daher kommen, nichts verschweigen und verschließen zu müssen, nicht auf den Kommunismus und nicht aufs Schwulsein verzichten zu müssen, nicht begründen zu müssen, warum Arbeit, Bullen, Staat scheiße sind. Wo die Ablehnung dieser Gesellschaft nicht aus Mitleid mit hungernden Kindern in der dritten Welt kommt, sondern aus dem Leiden am Alltag entsteht, nicht Einwände gegen die Gesellschaft sind, sondern Hass. Wo plötzlich ganz klar ist, dass WIRKLICH die anderen die Idioten sind und nicht man selbst. Wo die Haupttugend Ehrlichkeit ist und niemand ein Bild von sich malen muss. Wo trotz (oder gerade wegen?) äußerlicher Distanz Wärme ist.

Die Frage ist ja auch: Wieviel Dummheiten kann ich von meinen schwulen Bekannten ertragen, ohne diejenigen zu verraten, die mir wirklich was bedeuten? (Denn wirklich konsequent zu sein, hieße, einfach nur noch die obige Handvoll übrigzubehalten.) Andererseits: Geht mir nicht der Kontakt zur schwulen Normalwelt verloren, wenn ich ihr sage, was ich von ihr halte, verrate ich nicht auch viele schöne Erlebnisse, die ich bspw. mit dem Puschelskater hatte? Und habe ich, wenn ich konsequent bin, überhaupt noch Sex? Er ist schließlich selten genug geworden und ich nur in Spuren konsequenter... ;-)

Tja, und dann landet man eben doch wieder bei irgendsoeinem Fetischidioten in der Wohnung und denkt eben ein paar Stündchen nicht an den Kommunismus, sondern ans Vögeln. Es ist peinlich. Und jedesmal ist ein Bier mehr nötig, um diesen Scheiß noch geil zu finden. Und doch: In Zeiten, in denen nicht nur der Sex, sondern Jegliches verseucht ist vom Bescheid-Wissen, Wissen-wie-der-Hase-läuft, in der Vergnügtsein tatsächlich Einverstandensein heisst, in der eben die Bedürfnisse noch nicht verfeinert sind, wie im Kommunismus (Marx), in diesen Zeiten ist doch kaum anderes möglich als: Theorie lesen, Musik hören, saufen, ficken. Oder? Was meint ihr? Ist es nicht so, dass grassierende Partysucht Freundschaft, die diesen Namen verdiente und auch Bewusstsein vom Leiden an dieser Gesellschaft verhindert? Party - eine einzige große Absetzbewegung in Dummheit und Bewusstlosigkeit? Oder hat doch die Partyfraktion um Robert M. recht, die da der Linken Protestantismus unterstellt?

Fragen über Fragen. Immer öfter sind sie zum Heulen.

Ich nehm´s persönlich
und bring es zu Papier
das macht mich ehrlich
und vielleicht hilft es mir.
Nichts was ich berühre ist von Dauer
nichts bringt das Verlorene zurück
Das Einzige was bleibt ist meine Trauer
der Schmerz und die Erinnerung an das Glück

Denk ich an ...
Sascha B.: Lieber Mausebär, ich glaube, der Puschelskater braucht seine Peer-Group. Und sei es nur dazu, sich von ihr zu emanzipieren. Kannst Du Dir eine schöne Jugend vorstellen ohne solche "Kumpels"? Ich hatte so eine Jugend - "ohne" - und fand das damals gar nicht toll (und musste das sogar nachholen....). Der Puschelskater wird schon noch merken: Was bleibt? Bedenklich wird´s erst, wenn er späterhin inseriert: "Skaterboy, 45, sucht...".  
Jörg: Wenn Du keine Lust mehr hast, anderen etwas erklären zu wollen, interessieren sie dich wohl auch nicht wirklich. Oder eben nur sexuell, mehr nicht. Wenn Dich mehr interessiert, gib Dir Mühe, mehr Mühe. Wenn Du sexuelle Objekte suchst, begib dich auf genau die Ebene (Darkroom, Park ...), aber erwarte nicht mehr als Sex. Ansonsten: Versuch mal andere zu verstehen, die sehen dich als "linken Spinner". Wer etwas "KLAR HAT", denkt auch nicht mehr drüber nach, hab Genua und Kommunismus nicht KLAR. Du musst mit den Puschelskatern schon über Genua und Kom. reden, sonst bleibt es bei Enttäuschungen ... . Und vielleicht muss man auch nicht mit jeder geilen Schnitte Sex haben!  
Ralfcgn: Jörg, Du hast ja so recht - echt. Aber tun Deine Einsichten nicht auch arg weh?  
mausebär: grrrr.... jörg... klar hast du recht. na ja: ich hab keine lust, zu erklären und schon hör ich mich reden und erklären über verwertung, bullengewalt und was weiss ich. und: wenn ich zu heftig erkläre, ham die erst recht die nase voll, oder?? das große Problem IST doch die trennung in geile sexidioten und leuten, denen man sich nahe fühlt. das ist doch nicht die LÖSUNG, sondern ein PROBLEM! na ja: im übrigen hast du einfach recht, aber es tut weh (s. Ralfcgn).  
Jörg: wenn Du erklärst, hast Du es klar und den anderen wird klar gemacht. Darin liegt das Problem. Nein, alle Menschen sind nicht gleich, es gibt sehr wohl Katholiken als auch Kommunisten. Du bekommst sie vielleicht in die gleiche Bierrunde, die Differenzen werden dabei aber nicht wirklich abgebaut. Wenn Du hingegen jemanden begehrst/liebst/..., wird automatisch mehr erklärt, du möchtest, dass Du verstanden wirst.  
Jörg: Und es ist immer noch der der bessere Gesprächspartner, der sich am besten auf sein Gegenüber einstellen kann, der die Bsp. so wählt, dass sie in das Umfeld des Gesprächspartners passen. Um das zu wissen, mußt Du dich für ihn interessieren! (ihn nicht nur äußerlich begehren) Wenn seine Stiefel dein Fetisch sind, ist auch erst mal nur die Fetischebene da, mehr nicht.  
Jörg: Viel aufwendiger, aber interessant: erst im Kopf begegnen, und "Sex/Fetisch/..." gemeinsam entdecken. Dauert lange, und vor allem nicht schnell zu realisieren. Der "schwule" schnelle Sex, bietet wenig Tiefgang (zu mindest selten), aber Du möchtest ihn. Wie oft lernst Du denn überhaupt "geistig" interessante Menschen kennen. Wie oft triffst Du "neue" Gesichter auf der "Hirnebene"? Wenn ich für mich antworten darf, bin 36, sehr selten. (wirklich ehrlich 1..2 pro Jahr, 50% sind Frauen, bleiben von den Männern 10%, die vielleicht schwul sind ... . Und dann sollen sie noch gut aussehen ... .  
Jörg: Mausi, Du beklagst die Quadratur des Kreises.  
mausebär: da ist was dran: wenn ichs auf sex abgesehen habe, brauch ich nicht rumzuheulen, wenn da nur max. sex zurückkommt. nur: bei langjährigen freunden kann ich doch eigentlich erwarten, dass die mich nicht trotz der kommunistischen schrulle gut finden, sondern sich wenigstens bemühen, herauszubekommen, was da dran ist. es war ja nicht nur bierrunde - wir fassen uns an und können auch beim musikgeschmack gut miteinander.  
mausebär: wahrscheinlich ist das die quadratur des kreises, oder die utopie bei adorno (da, wo die gegenstände unterm verweilenden blick des gedankens anfangen zu sprechen, da, wo man "... auf dem Wasser liegen und friedlich in den Himmel schauen" kann, "'sein, sonst nichts, ohne alle weitere Bestimmung und Erfüllung' "). ich sträube mich dagegen, aus der beschreibung des ganzen falschen zu folgern, dass ich es verstehen müsste, also: dass ich einsehen müsste, dass diese trennung in "hirnebene" und "sex" weiterbestehen muss.  
mausebär: das eben meine ich: das automatische subjekt kapital prozessiert vor sich hin und zieht uns alle in sich hinein, so dass wir uns gegenseitig (wie in der objektorientierten Programmierung) als funktional klar definierte moduln behandeln, die immer wissen, wen sie ansprechen müsssen für sex und wen für die gesellschaftskritischen bedürfnisse. mit dieser trennung kommen wir aus "der ganzen scheiße" (marx) nicht heraus, im gegenteil (s. auch den beitrag von jens zu sex). aber -und da hast du wieder recht- genau damit wird es ziemlich einsam um einen herum.  
ratz: Lieber Mausebär, gerade du reitest doch immer wieder auf der Trennung Sex/Hirn herum und lieferst ganz kluge eherne Begründungen dafür, die dir auch gleich noch einen Schuldigen liefern: das Kapital. Damit kann man sich dann schön in seine idyllische Schmollecke verziehen.Wenn du Kommunist bist, dann solltest du auch wissen, dass das Kapital zwar mächtig, aber nicht alles ist und dass die Geschichte und dass deine Geschichte von Menschen gemacht wird.  
Captain Howdie: Mausebaer, ich kapiere auch den Zusammenhang nicht, daß das Kapital Schuld hat, wenn Du die umarmst, die Du verachtest, und nicht die, die Du begehrst. Kannst Du mir das mal erklären?  
mausebär: oh jetz wirds kompliziert. mensch captain, IHR alle sollt MIR hier was erklären, weil ichs echt nicht mehr kapiere. was ich meinte: kapital ist der verselbständigte tauschwert, wert der sich selbst genügt, wert um wert zu schaffen, um wert zu schaffen, um wert zu schaffen... es gibt hier nur einen quantitativen unterschied.  
mausebär: diese ekelstruktur zieht sich auch durch unser nicht-ökonomisches leben. auch wenn niemand mehr da ist zum kuscheln, will ichs trotzdem und suche mir leute, die mich regelmäßig enttäuschen, leute, die ich mag, weil sie lieb zu mir sind, nicht, weil sie mich verstehen wollen. aber sie gehen mich eigentlich nichts an, sie sind nur lieb.  
mausebär: mich würde interessieren, welche Probleme IHR alle habt, die ihr auf die gesellschaft, so wie ihr sie verfasst glaubt (vielleicht seid ihr ja gar keine marxisten), zurückführt. oder ist es so -wie ichs hier herauszuhören glaube- dass es diese ursache gar nicht gibt, und ich einfach nur eine anonyme instanz für mein ureigenes zeux verantwortlich mache?? (so a la ratz: kommunisten sitzen nicht in der schmollecke und vergessen ihren historischen optimismus nie.). hm: reite ich wirklich auf der trennung von sex und hirn rum? auch hier im text??  
Captain Howdie: Ich kenn Leute die völlig links sind - oder Anarchist oder Marxist etc. und die ganz happy schwul durchs Leben düsen und viel Spaß am Sex haben und das gut auf Reihe kriegen - Neid! (Von mir selber würde ich sagen, ich krieg´s so halbwegs hin - mit zunehmendem Alter etwas mehr). Was ich sagen will: ich glaube, das Kapital schafft erschwerte Bedingungen, um ein erfülltes Sexleben zu haben, macht es aber nicht unmöglich, da die eigene Persönlichkeit ein nicht zu unterschätzender Faktor ist - und da ist es egal, ob jemand Punk, Nonne, Marxist, FDP´ler (oje!) oder Surfer ist.  
Captain Howdie: Die "Nonne" nehm´ ich zurück!  
Sascha B.: Gegenthese, Captain: Der Kap´talismus schafft gute Bedingungen für ein erfülltes Sexleben (weil die Verwertungskriterien von Kap´talismus und Sex - besonders im Fetischbereich - prima übereinstimmen). Der Kap´talismus schafft allerdings erschwerte Bedingungen für: (zwischen)menschliche Beziehungen! - Und, Mausebär: tja, ich denke wirklich, dass sich aus Deinem Text die Trennung von Sex und Hirn herauslesen lässt. Und natürlich die grosse Sehnsucht nach Überwindung dieser Trennung :-).  
mausebär: tja sascha: kapitalismus ist prima für (besinnungslosen) sex und scheisse fürs herz. na klasse - noch eine trennung, die die welt nicht braucht und abgeschafft werden muss. kein ausheulen, nur eine illustration: ich schaffs nicht mehr, mich lustvoll verprügeln zu lassen, ich kriege carlo giuliani nicht aus dem kopf. dreimal hab ich versucht, härteren sex zu machen, es geht nicht. all das ist böse, auf vernichten und töten bezogen.  
mausebär: ...wie diese scheiss gesellschaft uns in den knochen steckt: diese sucht, recht haben zu wollen- der mehrwert des diskussionsprodukts muss realisiert werden!- als sieger aus debatten herauszugehen, ich weiss, wovon ich da rede ;-) ich will mich ändern, ich will da raus.  
Stjopa: Sascha, hat Sex im Fetischbereich automatisch Verwertungsbedingungen? Sexualität ist ja bekanntermassen eine der ältesten Güter, insofern immer schon verwertbar, in den Griff kriegen lässt sie sich aber bis heute nicht ganz, sagt mir das ständige immer wieder Kreisen hier auf etuxx. Ich habe da auch ein Problem mit den Utopien von Befreiung, die in meinem Kopf und dem Köpfen um mich herum herumspuken. Da sollen alle Spaltungen überwunden und alle Widersprüche gelöst sein. Lässt sich aus der Perversion keine zerstörerische Kraft mehr ziehen, die uns eine Weile wenigstens überleben lässt?  
Sascha B.: Perversion, Stjopa, die in dunklen Kellern oder bei zugezogenen Vorhängen ausgeübt wird, stellt die ordentliche Befruchtungssexualität ganz bestimmt nicht infrage, sondern bestätigt sie sogar. Und an Fetischen kann ich auch nichts Befreiendes entdecken; der Warencharakter (ein "labeling approach") ist allzu offensichtlich. Geilheit und Befreiung kann ich einfach nicht zusammenbringen. Ich würde jetzt gerne hören, dass das an mir liegt, weil ich dies und jenes falsch mache. Aber ich habe da wenig Hoffnung...  
emokopp: ähh.ich glaub mein problem ist eher dass ich mit irgendwelchen nicht-linxradikalen & punk & soweiter-menschenTypen einfach nix anfangen kann...und mir dann auch sex schwer in der praxis vorstellen kann. will nicht doofe gutaussehende in unsere wg schleppen und dann kein gespräch hinkriegen weil es keine basis gibt..das mit hass auf menschenStaatVerhältnisseUndsoweiter erklären zu müssen, was ich kaum erklären kann und was menschen glaub ich selber spüren müssen umz verstehen zu können. dann kann mensch auch sex und vielvielmehr...freundschaft..beziehung...kombinieren..was ich ja auch will...  
mausebär: jo, das mein ich in etwa. ich hab erst kürzlich entdeckt, was der emokopp meint. wenn doch wenigstens der dümmliche fetischsex, den ich bisher gemacht hab, noch geil wäre. aber er ist mir -wegen der leute, mit denen ich nix, aber auch nix zu schaffen habe- einfach nur noch peinlich  
Ratz: Warum ist Fetisch-Sex dümmlich? Und welcher Sex wäre denn intelligent? Habe nicht den Eindruck, als alte Fetisch-Else dümmlich zu sein...  
Lore: Lebst du eigentlich in einer Beziehung, Mausebär? Und wenn ja, ist es dann nicht normal, dass Sex außerhalb der Beziehung meistens sehr zweckorientiert ist und gar nicht zu intensiv werden darf, weil er sonst (Achtung: Liebe!) die bestehende Beziehung bedrohen würde?  
Sascha B.: Mal was aus´m Nähkästchen, um Mausebär zu bestätigen: Ich hatte Fetischsex mit nem Typen, der arbeitet in nem Boulevardtheater, und seine Ansichten und Inneneinrichtung waren entsprechend. Danach gab es einen Mailkrieg: ich hab ihm zu erklären versucht, dass da noch mehr zusammenpassen muss als nur der Fetisch - gerade auch, damit der Fetischsex geil ist. Er hat´s überhaupt nicht verstanden und mich glatt für verrückt erklärt...  
Stjopa: Das Wort Fetisch ansich ist schon unmöglich. Was es zuerst beschreibt ist in seiner Bedeutung kaum noch vorhanden. Nämlich die Objektivierung von sozialen Beziehungen in einem Gegenstand, dessen materielle Seite seinem ideellen Gehalt merkwürdig fremd gegenübertritt. Heute wird unter Fetisch meist die Fixierung auf eine Art Ersatzgegenstand verstanden, der anstelle von etwas "Eigentlichem" "Normalem" "nicht Gegenstandlichem" Befriedigung von Bedürfnissen verspricht.  
Stjopa: Beide Bedeutungen von Fetisch finde ich äußerst problematisch. Wenn von Fetisch die Rede ist, schwingt jedenfalls die Abwertung immer schon mit. Das ist seit den "Fetischen" der "Wilden" immer so gewesen.  
mausebär: nee ratz, ich meinte MEINE art von fetischsex. der war scheiße, weil er (s. Saschas beispiel) nix mit mir zu tun hatte. wenn stjopa aber -ganz richtig- das abwertende an "fetisch" benennt, muß auch dazu gesagt werden, dass die verfechter von so fetischsex das allzugern in kauf nehmen, um sich nicht weiter einlassen zu müssen (z. B. auf ska, ostdeutsche neubaugebiete, oi!, usw.usf.). - ja lore, ich lebe in ner beziehung; nur, das schließt doch nicht aus, dass es menschlich befriedigende beziehungen nicht nur zu heten, sondern auch zu schwuchteln geben darf.  
mausebär: ich will mich nicht verlieben, ich will, dass die leute anfangen nachzudenken, sich verunsichern lassen von dem toten carlo giuliani und nicht, daß sie mir ewige liebe aufdrängeln. ganz davon abgesehen, daß sich langjährige freunde (in die ich mich gar nicht mehr verlieben kann) einen scheissdreck dafür interessieren, was kapitalismus ist. sie können mich TROTZDEM, TROTZ meiner blöden ansichten leiden. also so, wie der emokopp sagt.  
mausebär: die gruppe "krisis" sagt sphärentrennung zu sowas: arbeit, freizeit, sex, theorie - alles fein säuberlich getrennt, in allen sphären können sich unterschiedliche leute bewegen, mit denen mich menschlich nix verbindet. all das macht man nur als arbeiter, poppender, theoretiker, nie als mensch. ich will, dass das leiden daran, an diesem ganzen falschen zustand, von den leuten, die ich mag, auch empfunden wird, sonst werden auch die mir peinlich.  
Christian: Wie kannst du leben mit dem Wunsch, die Leute um dich wecken zu wollen, aber gleichzeitig zu wissen, dass das nicht geht. Warum sollten die sich für Kom. interessieren? Was ist das, was du nicht erklären kannst? Die Welt kann man vielleicht nur ändern, indem man sie nicht ändern will. Apelle haben nie die Wirkung wie ein Vormachen. Den eigenen Umgang mit der Welt zu finden, ist wohl das eigentliche Ding der Stunde.  
Sascha B.: Also, Christian, sorry, was ist denn das für ein leerer Appell?! Ich lebe in keiner Beziehung, suche also (anders als Mausebär) durchaus sogar Liebe (seufz...), stelle aber auch an One-Night-Stands den Anspruch, beim Frühstück am nächsten Morgen miteinander mehr reden zu können als Smalltalk. Sex mit Freunden - das wäre vielleicht eine Empfehlung. Aber: "Die Welt kann man nur ändern, indem man sie nicht ändern will." - das ist pures esoterisches Schmalz! Das ist Selbstverleugnung und -unterdrückung; das ist nichts!  
mausebär: ach, ihr... die wahrheit ist zwischen euch beiden. vielleicht hilft die "negative dialektik" weiter. heute muss man die leute wecken wollen UND gleichzeitig so klug sein, um zu wissen, dass das nicht geht. aber immer: die welt als ganze (FALSCHE) ändern. den eigenen umgang mit der welt finden, nicht um zufrieden zu sein, sondern um stark zu sein für die kritik, die kritik, die auf den kommunismus zielt.  
mausebär: keine illusionen, und doch sich nicht vom "keine illusionen" zynisch machen lassen. wissen, dass man scheiße ist und es nicht als entlastung nehmen. oder wie christoph türcke sagt: "darin, wovon man nicht loskommt, nicht aufgehen."  
Lore: Ich versethe Christian da noch etwas anders: der Kommunist Slavoj Zizek meint auch, dass man sich ganz auf das Bestehende einlassen muss, um es zu verändern. Oder Erich Fried (der sicher kein Reaktionärer war): Es ist, was es ist, sagt die Liebe.  
Sascha B.: Moment mal, es ging doch gerade nicht um Liebe! Zwischen Lores Zizek-Zitat und Mausebärs Türcke-Zitat scheint mir doch ein Graben zu liegen. (Übrigens, Lore, glaubst Du jedem, der das, zugegeben rhetorisch brilliant, von sich behauptet, dass er Kommunist ist?) Wir üben uns hier im Tanz auf dem Drahtseil und haben offenbar soviel Gefallen daran gefunden, dass wir nach festem Grund schon gar nicht mehr Ausschau halten - kann das sein?  
emokopp: mbär: der emokopp sagte nix von leuten, die ihn rotz seiner blöden ansichten leiden können und die sich nich dafür interessieren, was kapitalismus ist. findz aber irgendwie schön, dass du auf mich bezug nimmst :-)...weiss nur nich wieso. hab glaub ich eigentlich auch noch ganz viel zu sagen aber ich glaub wenig was hier grade reinpasst. hör grade 'nur ein wort' von den grauen zellen & fühl mich komisch...zum 'thema'..den eigenen umgang mit der welt finden, nicht um zufrieden zu sein, sondern um stark zu sein für die kritik, die kritik, die auf den kommunismus zielt (mausebär)...find ich richtig.  
mausebär: jo, wie sascha vermisse ich auch grad die erdung. übrigens: eh ihr euch zurückzieht, sagt mir, ob ich zuviel schreibe, dann bremse ich mich. --- einlassen, na klar, sonst kriegt man nicht mehr raus, was draußen passiert. aber jedes einlassen ohne kritik ( = nein-denken, nein-sagen, nein-handeln, stur und uneinsichtig sein, nie konstruktiv mitgestalten wollen) führt zur verblödung per spaß unterm automat. subjekt. ich merke, dass ich nur mit dem festen willen zum drüber-hinweg-hören neue leute kennenlerne: "vielleicht meint er es gar nicht so." "vielleicht kann er sich nicht gut ausdrücken." "er hat hat eben noch nicht so intensiv drüber nachgedacht." "er ist ja jünger als ich."  
mausebär: "er lacht mich doch lieb an und er findet doch meine bunten haare klasse und er mag doch punkmusik"- so etwa läuft der selbstbetrug (s. text). langsam wird mir klar: nee, das ist kein ausdrucksproblem, das ist ein unterschied ums ganze. er gehört zur "diktatur der angepassten", er sieht nicht ein, dass er alles falsch gemacht hat und endlich aufgeben sollte (alles "blumfeld"). früher hätte mir das viel anlass zu zynischen späßen gegeben, heute bin ich nur noch traurig.-- es gibt fast niemanden mehr, der versteht, was hier läuft, die faschistischen carabinieri sind kein thema und wertkritik wird irgendwann wieder zur schrulle herabsinken, aus der heraus sie gerade jetzt große mode wird.  
mausebär: in dieser beschissenen situation bleiben fast nur noch asselpunker, durchgeknallte M/Ler und die nürnberger wertkritik als Verbündete, so komisch das auch scheint. die wissen noch, dass die ganze scheisse weg muß. - dieser park-sex und die fetischparties werfen einen zurück auf das pack, höchstwahrscheinlich ist ihr und damit mein sex automatisch verseucht, verseucht vom gerechten tausch (jeder soll -muss!- seinen spass haben!), vom marktgesetz (angebot/nachfrage), vom wertgesetz. -- ich glaube: in wirklichkeit ist nur der kommunismus geil.  
peggy: ... dass die ganze scheisse weg muss (liquidieren?) ... dieser parksex werfen einen (wen?) zurück auf das PACK (das ist..?)... worte eines potentiellen säuberers würdig. in rom beim ollen popel is ne stelle für dich frei. (oder in genua?)  
e.t. quette: peggy, das mit genua ist ein tiefschlag, mindestens unpassend, hat feuilletonqualität oder tazniveau, suchs dir aus. in genua haben nicht die linken geschossen und gesäubert.  
heinrich: lieber mausebär, deine enttäuschte sehnsucht in allen ehren, aber für einen so strikt fixierten super-linken finde ich den spruch vom pack irgendwie zu ... zu stalinistisch - äh, also jedenfalls nicht sehr vorteilhaft und gar nicht witzig - und auch nicht mal so locker zu tun! du musst ja nicht in' park, und wer da ist, ist ja wohl nicht automatisch pack, sondern allenfalls parknutzer...  
Sascha B.: Peggy, Heinrich: In der Reklamation von Etikette und zivilen Umgangsformen gegenüber Leuten, die mal (eine grundsätzlich berechtigte) Wut packt und die dabei über´s Ziel hinausschiessen, seid Ihr schnell und stark. Euer Unbehagen reduziert sich auf Umgangsformen. Ein deutliches Zeichen dafür, wie prima Ihr Euch eingerichtet habt in der "Neuen" oder welcher Mitte auch immer. Das ist der erste Schritt. Den zweiten werdet Ihr vollzogen haben, wenn Ihr selber von "Pack" sprecht, aber mit anderer Stossrichtung: gegenüber "Sozialschmarotzern", "Asylanten" etc.  
Sascha B.: Dies soll keine Unterstellung sein, sondern eine Befürchtung. Gegen einigermassen verzweifelte linke "Aussenseiterpositionen" vorzugehen mit dem Rekurs auf bürgerlich-liberale Sprachregelungen, finde ich (zu) billig. Und so ein Stalinismus-Vorwurf, Heinrich, ist überdies peinlich. (Erinnere Dich mal an Deine eigenen (evtl. früheren) Vernichtungsphantasien). "Pubertär" als Urteil hätte ich ja noch verstanden. Im Übrigen schäumt Mausebär keineswegs nur, sondern kann sein Unbehagen ziemlich gut (und nachvollziehbar) benennen.  
Sascha B.: Ein Letztes: In diesen Formen des Kommentierens (Liegt das am Medium?) wird deutlich, womit ich ganz grosse Schwierigkeiten habe: Ein einzelnes Wort, ein Halbsatz wird benutzt, um sich darauf "einzuschiessen". Ich selbst habe irgendwann Texte für ETUXX nur noch derart geschrieben, dass Reaktionen provoziert werden sollten. Hat zwar "geklappt" - aber das ist eben sehr oberflächlich. Als Redakteur schaut man dann nur noch: Gibt es heute einen neuen Beitrag in "meinem Foo"? Ja, geil, darauf hol´ ich mir jetzt einen runter! - Hat nicht von Euch Leserinnen und Lesern jemand eine Idee, wie Diskussionen hier auch anders (substantieller) laufen könnten?  
Captain Howdie: ICH HABE...es wäre toll, wenn man/frau/tier nicht immer den eindruck hätte, bei e-tuxx gibt es nur 3-5 stammschreiberInnen, die sich privat auch alle kenne, sich gegenseitig mit ihren meinungen auf die schulter klopfen und sich eh kaum neues zu sagen haben, weil sie ihre meinungen schon kennen - ein paar interessante meinungen gab´s bei dem beckham-forum, auf die wurde von seiten der "altbekannten" aber herzlich wenig eingegangen, ich hatte eher den eindruck, die werden nicht ernstgenommen. gerade unterschiedlichkeit ist aber spannend.  
mausebär: hm. peggy ich verstehe deinen vorwurf auch nicht wirklich. dass die ganze scheisse weg muss (u. nicht die menschen!, von säubern hab ich nicht gesprochen), meint marx und jede/r gute kommunist/in. also -bruch mit der gesellschaft. mir wäre auch lieb, wenn die diskutantInnen hier von ihren eigenen erfahrungen berichten würden.  
Sascha B.: Aber, Captain: es IST nun mal leider so, dass sich überschaubar wenige Leute hier an den Diskussionen beteiligen. Ich war allerdings immer dafür, Pseudonyme nicht laufend zu ändern, auch wenn so noch deutlicher wird, wie wenige wir sind. Leute sollten ange"sprochen" und wiedergefunden werden. - Das Beckham(Punk-)Forum hatte vielleicht zu sehr einen Sponti-Spass-Charakter, um da ernsthaft auf etwas bzw. jemanden einzugehen. Dabei hast Du natürlich recht, dass es wichtig ist, "Unterschiedlichkeit" zuzulassen.  
Sascha B.: (Weiter:) Sehr heftig sind mal wir z.B. auf ein paar CSD-Mainstream-Homoehe-BefürworterInnen losgegangen, die wurden (auch von mir) angepisst, kaum dass Sie einen Satz geäussert hatten... Andererseits: Texte wie der von Mausebär oben (und die meisten hier auf ETUXX) dienen z.B. der Selbstvergewisserung; dagegen habe ich gar nichts. Und um mich mal ganz weit vorzuwagen: Ich habe auch nichts gegen idiotenfreie Räume.  
mausebär: danke, sascha.  
Stevemark: Also stoppt mich wenn ich was Dummes sage: vielleicht wäre es die schnellere Lösung, wenn Du mal ein paar Jahre lang deinem Puschelskater ein WIRKLICHER Freund wärst (also das tun würdest was IHM Spass macht anstatt immer an Dein eigenes Vergnügen zu denken) ... Weisst Du überhaupt, was IHM gefällt? ... wen ER liebt ... warum ER Angst hat? geht tiefer Jungs, dann kommt plötzlich jene Umarmung, bei der alles stimmt ... Love ... open eyes ... care. And believe me: It lasts for a LONG time!  
raissa: steve, liebe zu nur einem menschen, davon ändert sich die welt nicht; deine liebesbotschaft ist ideologie. aber du triffst trotzdem einen punkt: in der diskussion hier scheint es nur ein etweder/oder zu geben -- das 'jetzt', den kapitalismus, und das 'andere', den kommunismus. wir leben im jetzt, haben also leider pech, denn es gibt kein richtiges leben im falschen. kein ausweg und keine suche danach, sondern heulendes selbstmitleid. ein merkwürdiger narzissmus, da hast du recht.  
raissa: wenn du nicht nur von einem puschelskater schreiben würdest, dem mausebär ein freund sein könnte, wenn du also nicht nur flucht in eine zweierbeziehung und die ausgerechnet mit einem schwulen sahneträumchen vorschlagen würdest, dann wäre ich wohl einverstanden. aber die viel gesuchten auswege werden sich nur praktisch finden und jenseits von jammern und klagen und warten auf den weltweiten untergang des kapitalismus.  
raissa: sex = wahre liebe = einheit der seelen = befreiung: das ist doch quatsch mit soße. sex kann angenehm sein auch mit jemandem, den man vor dem frühstück wieder wegschickt. und andererseits kann man mit genügend schrägen vögeln linke sachen (politik) machen, ohne mit ihnen ins bett zu gehen. was ist das eigentlich für eine vorstellung, alle euere genossen müssten vor allem gut gebaut sein und sich wünschen, gerade mit euch sex zu haben? (che sah gut aus, lenin nicht so, marx erst recht nicht, aber malcolm x wär schon okay gewesen... -- ungefähr so?)  
mausebär: erstmal: dank an euch alle, dass ihr hier so heftig diskutiert. - ich konnte mich vielleicht nicht gut verständlich machen. 1. ich hab mit dem skater keinen sex. 2. ich habe einen festen freund, will und brauch also keine beziehung (mehr). - alles richtig, das mit dem sex auch ohne liebe. ich will das absolut nicht denunzieren, hab das jahrelang gemacht und werde es auch weiter machen. für mich stimmt es auch nicht, dass ich, überspitzt gesagt, nur mit kommunisten vögeln will.  
mausebär: deine vorwürfe, stevemark, treffen auf mich -hoffe ich!- nicht zu (s. text, ich rede ja auch von meiner unsicherheit ihn zu übergehen), aber deine aufforderung mit dem tiefer-gehen will ich mir trotzdem gern zu eigen machen.  
mausebär: protestantische lustfeindlichkeit ist wirklich nicht meins. nur: man ist in so völlig verschiedenen welten. damit konnte ich mich früher abfinden (so wie heinrich: man muss ja nicht in den park gehen und wer es tut, weiss, das da kaum die geilen anarchos warten) und will es heute nicht mehr (so wie der emokopp). und natürlich: ich will den puschelskater nicht verlieren, es tut mir gut, wenn wir zusammen sind, er gehört wirklich zu den Lieben. und umso trauriger ist es, wenn er nicht weiss, wovon ich rede.  
Captain Howdie: Ich bin aber ein geiler Anarcho und gehe trotzdem in den Park! (Naja, gut, an geilen Anarchos wimmelt es da meistens nicht gerade - kann schon frustrierend sein - aber nicht immer!  
Sascha B.: Mal was Grundsätzliches: Ich habe diesen "Foo" mit dem "Label" "Freundschaft" versehen - und darüber gibt es offenbar noch Missverständnisse... Mausebär muss immer wieder betonen, dass er KEINE Beziehung sucht (z.B.). Und dass es weniger um Sex geht (z.B.) - Es gibt auf ETUXX im Moment übrigens auch eine Rubrik: "Sex"...  
Eule: für Raissa: danke, dass es mal eine gesagt hat. Ansonsten dreht sich die Diskussion im Kreis wie das Tapetenmuster im Hintergrund. Und so lange Mausebär diese Trennungen so aufmacht, wird er diese Widersprüche wohl aushalten müssen. Und wenn er älter wird (und das tut er wohl gerade), dann dreht sich dieser Kreisel nicht mehr so gut, erst wird der Kopf anspruchsvoller, später kommen die Schwimmringe und Falten, ... Mausebär, Du hast ein Problem mit dem Alter, autonome Wechseljahre  
mausebär: das stimmt schon mit den widersprüchen und v. a. mit dem alter. dennoch noch mal die rückfrage: ist nicht die gefahr riesengroß, dass rationale begründungen für die ganze scheisse = kapitalismus (u. damit verbunden gut gemeinte lebenshilfe-ratschläge, auf die ich s hier ja auch abgesehen habe ;-) diese gesellschaft stabilisieren???  
Eule: Mausi, das tun sie, aber das tust du auch, wenn Du dir'n Eis kaufst. Vergiß doch bitte den Schalter, der das auf einmal ändern könnte. Rede doch bitte nicht immer von jetzt und irgendwie bald, wie von einem Relais getrennt. Nein, eine Auseinandersetzung mit Dir und Deinen Phantasien und deinen Esslüsten und deinen Ideen mußt du jetzt machen! Für jetzt nicht für den/die/das "Gute Kommende". Jetzt willst Du ficken, und jetzt ist die Gesellschaft so, verschiebe nicht das Ficken!  
mausebär: keine bange, das mache ich nicht, Eule. siehe den Abschluß meines Textes im Conne-Island-Newsflyer.  newsflyer-text
nu!c: mausi, wahrscheinlich ist ein forum mit nur 700 erlaubten zeichen pro beitrag ungeeignet für mehr als meinungsäußerungen (auch für: analyse). also kommt hier (m)eine meinung: "nein-denken, nein-sagen, nein-handeln, stur und uneinsichtig sein" (zitiert aus deinem newsflyer-text) -- das geht nicht auf in persönlichen beziehungen. und ich glaube nicht einmal, dass es eine grundlage für politik sein kann. wenn es so absolut daher kommt, ist das 'nein' selbst, was du eine "fetischkategorie" nennst. zum 'nein' muss der beginn von etwas neuem, anderem kommen -- der immer ein nur kleiner anfang ist (ein beispiel, das du kennst: homoland).  
nu!c: so ein anfang ist unmöglich ohne gestalten-wollen und ohne kompromisse. zwar muss man aufpassen, dass die kompromisse nicht faul werden und die gestaltung nicht systemstabilisierend. aber das ist wie eine waage: auf der einen seite hängt, was du nicht ertragen kannst, auf der andren, was du (politisch oder mit den freunden/genossen/etc.) erreichen willst. -- bei dieser rechnung kann man sich etwas vormachen. immerhin aber hat man eine praxis, die vielleicht über den kapitalismus hinausreicht (was klagen sicher nicht können). und sie gibt auch ein besseres lebensgefühl als ewiges seufzen...  
Strukturanalyse: 700 erlaubte Zeichen pro Absatz bei unendlich vielen erlaubten Absätzen können dem Verständnis aber sehr dienlich sein.  
Sascha B.: Dein "Waagen-Bild", nu!c, ist zwar rührend sozialpädagogisch, aber sachlich vielleicht doch etwas verfehlt. Eine Waage wird tariert auf ein Gleichgewicht hin (meinst Du damit gar das seelische?). Immer, wenn du auf die eine Waagschale etwas d´raufpackst, muss ein Gegengewicht auf die andere. Und wenn gar nichts d´rauf liegt, weder links noch rechts (!) - dann ist die Waage auch im Gleichgewicht. Das scheint mir eher ein Teil des Problems zu sein als eine Lösung.  
Sascha B.: Damit meine ich nicht, man sollte in Ruhe den Verhältnissen zuschauen, wie sie immer unerträglicher werden, noch auch Frieden schliessen damit. Was ich vermisse, drückt genau Dein letzter Satz aus: wo ist denn unsere PRAXIS, die über den Kap´talismus HINAUSREICHT?  
nu!c: warum ist das bild verfehlt? eine waage muss doch nicht im gleichgewicht sein. mit ihr lässt sich auch messen, was schwerer wiegt: das abgenervt-sein oder die gemeinsamkeit mit den anderen (kollektivität). -- übrigens brauchst du das "hinausreichen" nicht so hoch hängen. damit ist nichts "jenseits des" gemeint, sondern: praxen, die entstehen aus dem wunsch nach einem weg dorthin.  
Sascha B.: Eine Praxis, die hinausreichen WILL, oder wie? Sorry, vielleicht bin ich ja so phantasielos, aber das kommt mir esoterisch vor (mein Missverständnis ist, ich gebe es zu, ein bisschen auch Absicht). Eine Praxis, die die Verhältnisse überwinden will, muss aber, finde ich, diese Überwindung schon enthalten. (Hilfe, ist das abstrakt! Wir dürfen ruhig konkreter werden!)  
Stjopa: sascha und nu!c, ihr hattet wohl viel Zeit letztens?  
Stjopa: ansonsten: können die verhältnisse nicht auch missbraucht werden?, krumme wege, ausweichen, untergraben, sabotage und diversion sind für mich eher eine ethik, als das streben nach höherem. Dazu gehört auch verweigerung, solange sie nicht einer selbstlähmung gleichkommt. Nicht alles was ich tue muss ich daran messen, ob es die Welt dem Kommunismus näher bringt, es reicht manchmal auch wenn es mich überleben lässt.  
Sascha B.: Das ist ja schön, Stjopa; wir haben jetzt auch verstanden, dass Anti-Intellektualismus eine Deiner Attituden ist - jedoch helfen "Überlebensrezepte" uns hier nicht wirklich weiter...  
heinrich: es gehört ja vielleicht hier nicht her, aber mich interessiert doch sehr, lieber stjopa, was du mit krummen wegen, ausweichen, untergraben, sabotage, diversion und politisch fragwürdigem handeln, das dich überleben lässt, anfängst, sollte zufällig noch zu deinen lebzeiten der kommunismus über uns kommen, bzw. durch uns kommen... das scheinen mir für die befreite gesellschaft dann doch eher unzureichende (über)lebensstrategien zu sein?!  
Sascha B.: Heinrich, alter Faker: Du weisst doch, dass der Kommunismus durch uns bestimmt nicht kommt: Du hast Deinen Eid geleistet, und ich bin (und habe mich selbst) als linksliberal apostrophiert. Ich arbeite allerdings daran, diesen Ruf zu ändern! Und Du? - Stjopas "Durchwurschtelstrategien" sind ja auch eigentlich eher: Taktiken (You got the difference?). Müssen wir halt mitschleppen sowas auf dem Weg zur Weltrevolution...  
off: habe die endlosdabatte nur überflogen. aber mausebär, was ist jetzt der knackpunkt? du willst leute um dich haben, die schwul sind, die nett sind und die die krisis aufm nachttisch liegen haben. und sie sollen lust auf sex mit dir haben, der nicht warenförmig ist. dass das so einfach hinhaut ist ja schon deshalb schwierig, weil es unter den schwulen kaum linke mit den "richtigen durchblick" (=wertkritik) gibt. oder andersrum bei den wertkritikern kaum schwule.  
off: aber ich halte deine kleine "utopie" für berechtigt! mit gleichgesinnten n stück neue welt leben. da hilft doch nur a) die durchblicker schwul zu machen oder b) den schwulen zu ner erleuchtung zu verhelfen oder c) die anderen einsamen linken schwulen zu sammeln, die da verstreut im lande leben.ich bin ja auch heute erst durch zufall auf diese seite gestossen und hätte nicht gedacht, dass es sone vernetzung gibt. die gigi war das einzige, was ich kannte. warum rumlamentieren. trefft euch doch alle einfach mal zu gutem, nichtentfremdeten sex und zu guten gesprächen und schon wächst was vom neuen leben...  
mausebär: hi off, ja manchmal versuchen wir sowas. aber - es ist halt so sauschwer, sich in der ganzen scheiße nicht mies, verklemmt, protzig (also unmenschlich) zu verhalten. klaro dass man es trotzdem versuchen sollte. ach ja... "krisis" auf m nachttisch, dat wär gut... :-)  
off: hm, ich galub ich hab gestern nacht ziemlich altklug dahergelabert. lag wohl dran dass ich deinen text ein wenig zu jammerig fand. aber du hast schon recht. es is ne total bekackte situation, wenn einen das "bescheidwissenwiederhaseläuft" in den ekel vor den alltagsritualen treibt, man in ne mischung aus faktischer intellektueller vereinsamung und leicht überheblichem avantgardistischem elitebewusstein verfällt.  
off: und dann in seiner eigenen praxis nichtmal das einlösen kann, was man in der theorie und phantasie als besseres leben erkannt hat. hat doch was von unverschuldeter tragik und liegt nicht bloß am fehlenden willen zur umsetzung!! man versuche doch nur mal in nem chat wie gayforum ne politische diskussion anzufangen. unmöglich. aber alle sehen sich danach nicht nur gefragt zu werden: woher? beschreib dich mal! was suchste?  
Carl Gustav von Brinckmann (1787): An Mausebär Die Wahrheit, Schönster! ist, daß nie Das Herz Befriedigung bei einer Freundschaft findet, Die ohne Geistesernst und sanfte Simpathie Nur leichter Freuden Kranz umwindet; Denn diese Rosen welken früh, Und unter lauter Wiz und Scherzen Des zauberreichsten Munds, bei Tändelei und Spiel, Wo Z e i t v e r t r e i b das höchste Ziel, Ermattet doch zuletzt das feinere Gefühl, und öde Leere bleibt im Herzen.  
kalle: mensch, gustav, dis haste aber prima gesacht. und wer meint jetzt, dass ausgerechnet die "krisis" gegen die öde leere hilft? gehts nicht ne nummer kleiner? und vielleicht könnte der mausebeer sogar noch was lernen, wenn bei seinen gefährten was andres linkes auf dem nachttisch liegt? aber will er das überhaupt?  
Sascha B.: Brin(c)kmann? Das muss wohl ein Vorfahre dieses Arztes aus der "Schwarzwaldklink" sein... Salbungsvoller Bullshit, Herr Doktor! Mausebär (das möchte ich gerne bestätigen) ist übrigens durchaus der Selbstkritik fähig, wenn bei jemandem "mal was anderes Linkes auf dem Nachtisch liegt". Kalle, es gibt auch eine Einfühlsamkeit, die jeden Idealismus tötet! Und dagegen hab ich was!  
mausebär: danke sascha, aber ich fand kalle gar nicht soooo tötend. kalle: ja, das will der mausebär (mittlerweile wieder). aber hier gehts ja nicht um die krisis. sondern -mehrere nummern kleiner- u. a. darum, dass ich schon sehr zufrieden wäre, wenn irgendjemand anderes zum saufen, ficken, kuscheln, pissen, quatschen da wär als: bullen, uniform-fans, tuntenglatzen, new-economy-wixer und kreativdesigner. von wegen: anspruchs-mausebär. - wie weit runter solln die ansprüche denn noch??!!  
mausebär: ach ja: bei gewissen puschelskatern liegen weder linksruck-flyer, wildcat-zirkulare, noch krisis und bahamas auf m nachttisch. sondern einfach ein hochglanz-mag mit süßen jungs. "... Ermattet doch zuletzt das feinere Gefühl, und öde Leere bleibt im Herzen."  
dipl. psych. hartmut prügelpeitsch: mausebär, ich finde, deine arroganz sollte mal aus dir rausgeprügelt werden!  
Kritischer Blick von außen: Typisch deutsche Jammermentalität. Schuld sind sowieso die anderen bzw. die Umstände. Hauptsache, man muß sich selbst nicht ändern. Weil als Deutscher hat man ja sowieso recht.  
off: jetzt machen sich die diktatoren der anpassung auch schon hier unverhohlen breit! entzieht dem prügelpeitsch die lizenz! aber dalli! seit wann hat denn selbstachtung was mit arroganz zu tun??  
Sascha B.: Der "kritische Blick von aussen" postuliert die allerneueste Innerlichkeit! Eine gedankliche Spitzenleistung! Du könntest im Zirkus der Selbstunterdrückten damit auftreten! Währenddessen gehen wir in´s linksautonome Kloster und fragen uns: Was haben wir nur falsch gemacht, dass wir so kritisch sind gegenüber den Verhältnissen...  
mausebär: hey hartmut: stats? schick ma n pic! swap!  
Carl Gustav: war das schon alles an loorbeerkränzen für den dichter??  
hartmut prügelpeitsch: das bstätigt mich in der richtigkeit meiner diagnose und behandlungsmethode ;-)  
off: das linksautonome kloster scheint sich bei dir ja zu ner fixen idee zu entwickeln, die dich in alle foren verfolgt, sascha. magst du nicht mal nen startartikel dazu schreiben, um alle kastrationswilligen und vom-abt-geprügelt-werden-will-SMler und mönchsschnullianschmachter in eine zelle zusammenführt??  
Sascha B.: Na, hallo Off: Du sagst: Fixe Idee. Ich würde das eher bezeichnen als: Running Gag. Beziehungsweise: Es gibt ja auch sowas wie die Homolandwoche (Infos dazu auch hier auf Etuxx). Was meine (wirkliche) Sehnsucht dazu betrifft: ich fände es schon gut, einmal ne Woche lang "im Off" eine Selbstverständigungsdebatte der radikalen schwulen Linken im Jahre 2001 hinzubekommen! Ca. 1000 Teilnehmer stelle ich mir vor (und das ist - wenn denn alle mal kämen - nicht nur gesponnen...). - In Klostern sind übrigens eher Einzelzellen angesagt. Die Verabredung würde dann lauten: "Deine oder meine Zelle?".  
off: gibt auch klöster, wo alle in einen schlafsaal gepackt wurden.... aber ernst: und diese homolandwoche ist nicht zu soner selbstverständigungsdebatte geeignet?? ist das eher n sexcamp oder was theorielastiges?was wäre denn an einem kloster als setting anders? die selbstdisziplin und asketische ausschaltung der fleischlichen bedürfnisse? das kann doch kein linkes, emanzipatorisches ideal sein!!  
Leo: Zur obigen Diskussion um die Vielschichtigkeit der Begrifflichkeit Fetisch folgender Linktip  Fetisch
remember!: wie konnte in der dikussion eigentlich diese passage von mausebär nichtbeachtet untergehen: ich schaffs nicht mehr, mich lustvoll verprügeln zu lassen, ich kriege carlo giuliani nicht aus dem kopf. dreimal habe ich versucht härteren sex zu machen, es geht nicht. all das ist böse, auf vernichten und töten bezogen. schickt hartmut prügelpeitsch lieber mal n pic von carlo....  
on: härterer Sex ist kein besserer Sex, und auch der Mauserbär darf sich ändern! Auslöser für das veränderte Sexverhalten kann vieles sein, auch Carlo.  
Sascha B.: Da capo!  
ratz: remember, jetzt fahr die moralkeule mal wieder ein. niemand zwingt dich, so genannten "härteren sex" zu haben. aber nur weil mir schokoladentorte nicht schmeckt, muss ich ihre herstellung nicht gleich verbieten.  
Dipl. psych Hartmut Prügelpeitsch: Ein Foto von Giuliani habe ich bereits, danke.  
remember!: ratz, mir gehts hier nicht ums gschmäckle. aber mausebärs erfahrung ist doch nicht uninteressant: er sieht eine verbindung von gesellschaftlichen zuständen und sexuellem verhalten. und weil ihn die gesellschaftliche gewalt ankotzt oder angst macht oder hass hervorruft, zieht er konsequenzen für seine sexualität. oder sie ziehen sich selbst!! er kann nicht mehr lust an gewalt empfinden. ist doch ein klasse beweis gegen die trennung von politik und privatismus. und du willst das gleich wieder auf ein kaffeklatschproblem runterziehen bzw. aufs private sofa verbannen. ich seh da mehr drin.  
nn: remember!, was du aber auch darin solltest: es ist nich die einzige verbindung, die da vorkommt. das ganze liest sich wie: "wer s/m-sex hat, ist nur zu unsensibel, die gesellschaftlichen gewaltverhältnisse zu spüren." ist womöglich reaktionär. -- falls du das nicht gemeint hast, schreib was du an mausebärs bemerkung interessant findest. vielleicht hat er einfach nur erzählt, wie es ihm geht? so ganz ohne einen aufruf zu dieser oder jener konsequenz im hinterkopf?  
mausebär: ja nn, so wars. trotzdem sind mir remembers! überlegungen näher, klar. was die konsequenzen angeht: sie zogen sich selbst und vielleicht wirds mal wieder anders, kann ja sein.  
mausebär: hey ratz, ich weiß ja jetze wer du bist. also: ich und SM verteufeln - wirklich nicht!! nur dein schokotortenbeispiel hat viel von bürgerlichem gleichheitsgefasel an sich (ich erinnere mich an diskussionen mit dir, wo du diese argumentation, die ich damals vortrug, mittels foucault ziemlich demontiertest).  
mausebär: würdest du diese argumentationen erweitern in richtung: "wer nicht arbeiten will, solls halt nicht tun, nur er soll anderen nicht den spaß am geld madig machen wollen?". - oder hält dich doch noch was davon ab??  
Leo: Wenn das Verhältnis zwischen Anspruch und Alltag zu verworren war, hat mir folgendes Zitat wieder eine klarere Sicht verliehen: "Für den, der nicht mitmacht, besteht die Gefahr, daß er sich für besser hält als die andern und seine Kritik der Gesellschaft mißbraucht als Ideologie für sein privates Interesse. Während er danach tastet, die eigene Existenz zum hinfälligen einer richtigen zu machen, sollte er dieser Hinfälligkeit eingedenk bleiben und wissen, wie wenig das Bild das richtige Leben ersetzt." (Adorno)  
ratz: das zitat von adorno iss toll, schön geschwollen, aber irgendwie richtig. wo isses raus? mausebär, du hast recht, wenn du einwendest, dass man die differenz und eigenqualität von sm nicht vergessen darf. aber zu einer differenzierteren einschätzung bin ich auch erst bereit, wenn nicht undifferenziert sm verteufelt wird. remember: ich glaube es ist nicht richtig, sm-praktiken mit gewalt gleich zu setzen. gewalt ist etwas anderes. es gibt so viele arten, sm zu erleben und sich anzueignen, wie es sm-er gibt.  
ratz: mausebär, was hat es früher für dich bedeutet, dich lustvoll verprügeln zu lassen und warum hat der tod von giuliani etwas daran geändert?  
mausebär: hm. keine ahnung. bei meinem obigen statement über carlo schwingt schon so was moralinsaures mit. also: ich hab mir noch keine rechenschaft gegeben. ich krieg halt keine geile szene in meinen kopf, wo das verprügeln prima passt. ist so - und soll von niemandem als unbedingt zu ziehende konsequenz verstanden werden. wirklich nicht!  
ratz: Kann man sich denn überhaupt auf lustvollen Sex gleich welcher Art einlassen, wenn einem zum Kotzen zumute ist?  
Sascha B.: Nee, dann geht nur kuscheln... Aber ich hab den Mausebär andersherum verstanden: "Harten Sex" versucht, dann kam ihm Carlo in den Kopf und andere Szenen, und dann klappte das nicht mehr mit dieser Art von Sex... DAS kann ich sehr gut nachvollziehen.  
Ich: nicht. Vorher konnte ich das Elend der Welt, mit ihren und meinen Widersprüchen leben, jetzt nicht. Mag sein, mir geht es nicht so.  
schlagt die vergeltungsschläger: hm, mausebär, was macht eigentlich dein sexualleben seit dienstag, den 11.9. mir sind seither so viele verbalterroristische blödschwätzer im fernsehen über den weg gelaufen, dass ich jemanden brauchen könnte, den ich verprügeln kann (ersatzweise für bush, schily, scharping, struck, scholl-latour, hansi fischer....)  
mausebär: hm. ohne pic und/oder persönlich kann ich nix dazu sagen. - ansonsten: ich würd mich freuen, wenn mir das verkloppt-werden wieder spaß machte.  
Leo: zu ratz: Minima Moralia, Aph. 6  
schlagt die vergeltungsschläger: sorry, mausebär, war eigentlich kein antrag, sondern der versuch, in gestalt dieser anfrage zu fragen, ob die gewaltverhältnisse "draussen" auch lust auf oder das bedürfnis nach gewalt "drinnen" anstacheln kann. und wer wäre da eine bessere testperson, nach deren erfahrungen man sich erkundigt, als du, der du ja offensichtlich sexuell recht sensibel auf die politische großwetterlage reagierst ;-)  
stjopa: übrigens, mausebär: Carlo wurde nicht erschlagen sondern erschossen. Hattest Du auch Kopfschussfantasien beim Sex (vorher)? Zweitens: warum ist dir der harte Sex nicht vergangen bei der Nachricht, deutsche Polizisten haben einen Abschiebehäftling im Flugzeug erstickt? Ganz klar: Carlo war ein Schnuckel: vom Erstickten gab es nicht mal ein Gesicht, was sich in deinem Hirn einbrannte. Mir kommt heftigeres in den Kopf, als der tote Carlo, wenn ich Sex habe. Und das ist auch gut so.  
stjopa: Fühl Dich bitte nicht angepisst. Ich finde Deine Reaktion verständlich, aber in dem Text oben liest sie sich unheimlich dumm. ich bin eigentlich nach tt lektüre nur so schockiert über die Vereinfachungen die hinsichtlich Gewalt und Sex so herumgeistern unter "linken" Schwuchteln. Schreckliche Phantasien.  
ratz: danke, leo!  
mausebär: nochmal: das war nicht normativ gemeint u. sollte niemandem den sex vermiesen! mir gehts im mom so u. das kann ich nicht ändern. - stimmt, carlo war n schnuckel u. deshalb reagiert schwuchtel so heftig. der vorwurf trifft. trotzdem ist mein sex beeinflusst. - aber jetzt vielleicht: wieder weg von diesem thema, oder?!  
Sascha B.: Also, wenn hier irgend jemand tatsächlich deshalb "so heftig" auf Carlo Giulianis Tod reagiert haben sollte, WEIL der "ein Schnuckel war", würde ich mit dem zusammen zumindest keine Politik mehr machen wollen. Will jemand vielleicht noch recherchieren, wieviele "schnucklige" clerks im WTC umgekommen sind? Die Hungertoten in aller Welt sind natürlich weit weniger "schnucklig". Schade aber auch.  
remeber!: was habe ich nur angerichtet!ihr seid jetzt alle ziemlich unfair zu mausebär! erstmal finde ichs kontraproduktiv, jemanden so anzupissen, weil dann irgenwann niemand mehr "die hose runterlässt", wie mausebär das ja getan hat. gehört ja auch weng vertrauensvolle offenheit dazu, nicht nur ne politische these zu posten, sondern von eigenen erfahrungen zu erzählen. und anstatt diese erfahrung dann zu enutzen, um erstmal ihre mechanismen zu verstehen, wird gleich moralisiert (dazu nachträglich an ratz: ich wollte nie moralisieren, sondern fand das phänomen schlicht diskussionswürdig  
remember!: ). und was carlo angeht: warum darf man über seinen tod nur aus politischen gründen wütend sein, und nicht auch weil da ein schnuckel umgekommen ist, den man vielleicht gerngehabt hätte, wenn man sich denn je etc. etc. dann musst du auch jede politische kunst ablehnen, sascha, weil da "schönheit" oder "affekt" benutzt werden und nicht nur das intellektuelle argument!