Welt-Weit-Werbung
oder: die Netzlaufmaschen werden immer größer

Während das Internet für die einen anarchistischer Kampf- und Tummelplatz (von der Online-Demo bis zum Fetischpornoring) ist, wollen andere auch mit und im Netz Geld verdienen. Doch inzwischen dürfte es sich auch bis zum Gelegenheitssurfer rumgesprochen haben, der Rubel im Internet rollt nicht so, wie noch vor ein paar Jahren prognostiziert. Wie bei anderen Medien wird das Geld im Web damit gemacht, dass geenter- und geinfotaint wird, bis die Schwarte kracht, um darauf bezahlte Werbung zu pfropfen.

Wie teuer diese ist, wird unter anderem beim bedruckten Papier an der Auflagestärke, beim Fernsehen über die Einschaltquote und beim Internet in sogenannten Seitenaufrufen festgelegt. Doch der Kurs dieses eigenwilligen Masses "Seitenaufrufe" ist in den letzten Monaten ordentlich gefallen. Und das obwohl sich die Frontschweine des Kapitalismus, wie die Werbebranche sich beschimpfen lassen muss, täglich neue Bimmelbanner einfallen lassen müssen. Insider glauben, dass die ewige Pop-Auf-Und-Lies-Mich-Fenster mehr und mehr ignoriert werden oder Filtersoftware sie gleich wegblendet.

Das Image einer Firma lässt sich durch eine Interseite vielleicht noch aufpolieren, Geld verdienen jedoch kaum, zu mindest mit Inhalten nicht. Die TAZ fragt, wie viel ist Ihnen die Onlineausgabe wert, die FAZ-Führungsetage sagt, man könne sich das Verschenken von intellektuellem Inhalt nicht mehr lange leisten. Große Pforten des Internets, zum Beispiel www.exite.de machen dicht. Die Umsonst-Musiktauschbörse Napster wurde dann jetzt auch in die Bertelmannsche Bezahlzwangsjacke gestopft. Alles, was nichts kostet (E-Mail-Dienst GMX oder Webspeicherplatzanbieter my-files.de), hat inzwischen eine sogenannte "Premiumvariante", bei der der angefixte Kunde dann für Geld mehr bekommt. (bei GMX zum Bsp. größere Dateien empfangen kann). Der israelische Wörterbuchanbieter www.babylon.com will ab heute auch 20 Dollar im Jahr.

Und das ist erst der Anfang. Pessimisten meinen, dass sobald ein besseres Internetbezahlsystem existiert, wird vor immer mehr renommierten Seiten ein Cashcounter mit dem Konto verbunden sein. Oder man bezahlt ähnlich einer Autobahnmaut für schnelle oder exklusive Information (zum Beispiel Börsenkurse, neue Pornobildchen) oder für einen komfortableres oder genaueres Suchen (www.mp3.com). Eine Vermarktung wird über eine Bezahl-bei-Abruf-Zone abgewickelt.

von Commander Spatz

zum Thema bisher auf etuxx erschienen:
Anmerkung der Redaktion: Und wie ist das bei etuxx? Die Redaktion hat sich von Beginn an dafür entschieden, keine nervige Werbung bannern zu lassen. Die Redakteure wollen mit ihrem Projekt kein Geld verdienen. Dafür, dass etuxx immer online ist, wir die Seite technisch einfach redaktionell bedienen können und einen entsprechend großen Webspace für Diskutierfunktionen im Hintergrund bereit stehen haben, zahlt unser Verein etuxx e.V.. Und PS: Wer etwas für uns übrig hat (geistig und finanziell), kann etuxx unterstützen. (Spendenkonto: etuxx e.V. bei der Postbank Berlin BLZ: 10010010 Konto: 647353109.) Der Verein ist als gemeinnützig anerkannt und stellt auf Wunsch steuerabzugsfähige Spendenquittungen aus. (e-mail an redaktion@etuxx.com)

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Ron: Für den netz-commander und den onair: Passend zum Thema: Es heißt, ein neues Medium verdränge angeblich kein altes. Die eingehende Stimme "This is London..." des BBC-Auslandfunks auf den Kurzwellen in Nordamerika, Australien, Neuseeland und den pazifischen Inseln wird ab 1.7.2001 verstummen. Grund: die BBC muss sparen und setzt aufs Internet, aktuelle hören 1,25 Mill. die Nachrichten per Radiowelle und 1,5 Mill. hören die Nachrichten via Web in diesem Gebiet.  
c. spatz: Richtig Ron, das macht die BBC. Aber 1.) Es ist ein Teil der am höchsten technologisierten Welt betroffen. 2.) Das Sparen der BBC heißt: Kosten zum Hörer "verlagern". Die BBC produziert weiterhin ihre Nachrichten, stellt sie ins Netz. Sie spart Sendeanlagen und Transponder, denn für das Surfen muss der Webhörer bezahlen. 3.) hat meines Wissens diese Ankündigung der BBC auch einen Proteststurm ausgelöst. 4.) aber auch "im Busch" ist die Kurzwelle technisch einfacher zu empfangen als sich einen Internetanschluss legen zu lassen.  PS: das sagt BBC-World im Original dazu
jens: Mensch Commander, da warst Du ja der Zeit voraus??? Habe heute im Spiegel gelesen, was ich letzte Woche schon auf etuxx las: "If you can't bill it, kill it, ... Was nicht abgerechnet werden kann, steht zur Disposition. ... Die Branche müsse weg von der Kostenlos-Kultur."  Schluss mit kostenlos
Prof.Dr.Dr.mic.el.Meassure: Auf die Gefahr hin, in diesem Winkel von etuxx vergessen zu werden: ein kleiner historischer Abriss - und ein Ausblick.  
Prof.Dr.Dr.mic.el.Meassure: Die ersten Bediener von Maschinen, Dampfmaschinen damals, waren hochausgebildete und hochbezahlte Spezialisten. Es dauerte über hundert Jahre, bis aus diesem Arbeitsfeld ein Subproletariat entstand, dessen elende Lebensbedingungen man schon zum Zeitpunkt ihrer Entstehung für anachronistisch gehalten hat. Die gleiche Entwicklung bei den Bedienern von Elektromotoren. Dito Benzinmotoren. Vom stolzen Spezialistentum zum ungelernten und ungeschützen Billigjob.  
Prof.Dr.Dr.mic.el.Meassure: So wird es auch der IT-Branche ergehen (deren unwichtigster Teil das werbefinazierte www. ist). Wir sind die Prolos von morgen. Wir können unser Windows, ASP, Java, und sonst nix. Wir sehen von der Welt nur www. Bis uns eines Tages eine Botschaft aufrüttelt.  
Prof.Dr.Dr.mic.el.Meassure: Ihr müsst das Eigentum an den Betriebssystemen ergreifen! Wem die Betriebssysteme gehören, der hat die Macht! Befreit Euch von euren Nutzerlizenzen. Oh ja. Denn ein Gespenst geht um in den Newsgroups und den Netzen. Das Gespenst des freien Systems.  
Prof.Dr.Dr.mic.el.Meassure: Hundert Jahre, einige Bürgerkriege, und ein paar Gulags später: das letzte "freie" Betriebssystem der Welt schaltet sich selbst ab. Weil es technisch den Anschluss verloren hat und die Prozesse nicht mehr bewältigen konnte. Ein Tag aus seiner wechselvollen Geschichte jedoch ist zur Legende geworden: die Erstürmung Redmonds und anschliessende Abschaltung Bill Gates' mittels eines Elektroschockers.