Falls ein Virus durchkommt, ist das Spiel aus
Für UNICEF haben die MacherInnen vom "Moorhuhn" ein "Stop AIDS"-Spiel entworfen, was da heißt: CATCH THE SPERM. Es ist ein Fangspiel, wo mensch mit einer Kondompistole Spermien aber auch Viren fangen muss - falls ein Virus durchkommt, ist das Spiel aus. www.unicef.de. ---> catch the sperm. Ohne das Spiel zu kennen und mit Respekt für die sicherlich gute Absicht hier meine spontane Reaktion: "Falls ein Virus durchkommt, ist das Spiel aus" Das ist ja entsetzlich fatalistisch. Was bedeutet das für HIV-positive Menschen? Sind wir seit Vancouver mit der Lebensperspektive in Dauer und Qualität nicht glücklicherweise etwas weiter ??? Mich würde interessieren, wie Positive das selbst sehen. Vielleicht sehe ich von außen zu schwarz ?

-- von Dieter Telge

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flotte Lotte: flott, flott diese Seite. Lieber Dieter, ich finde es durchaus begrüßenswert, wenn in Millionen Hinterzimmerchen und Vorzeigebüros, vom Sekretär bis zur Programmiererin, vom NPD bis zum PDS-Mitglied das Benutzen von Kondomen subtil ins Unterbewußtsein geschoben wird. Spielerisch lassen sich den meisten Leuten lieber etwas beibringen als mit "moralinsaure" Warnungen. Da kann man zu Erklärungsmodellen von HIV und AIDS sowie Therapie- und Testmethoden stehen wie man will.  
Freiwillige Spiele-Kontrolle (FSK): Flotte Lotte Sprüche. Das Spiel ist einfach nur scheiße (spielt ja, glaub ich, auch im Darm). Vor allem deshalb, weil es die alte nie wirklich hinterfragte Einteilung in Positive und Negative und den Mythos von der Erst-Infektion (von da an gings bergab) auf subtile Weise befördert. Abgelehnt.  
heinrich: was sich im darm abspielt, ist ja nun wirklich nicht immer scheiße (ich bin ja bei etuxx die kack-spezialistin), aber das ist hier ja nicht der punkt. mehr vielleicht ist der punkt, wieso das spiel ob seiner subtilen beförderung möglicherweise negativer (!) inhalte abgelehnt werden sollte - vor allem befördert es dann doch mehrheitlich ins wahrnehmungskoma gelangte diskussionen, und ich denke auch wie flotte lotte, dass die spielerische kondomwerbung so schlecht nicht ist. und zwar nicht nur wegen hiv, ob hiv nun wirkt oder überhaupt existiert ist da ja wohl schnuppe, andere viren gibt es doch wohl, oder sind plötzlich alle krankheiten hirninduziert?! (jetzt bitte keine homöopredigt!)  
heinrich: und dieses spiel ist eben, wie ballerspiele so sind, ein bißchen schwarzweiß konstruiert, also recht nah an der realität und der durchschnittlichen auffassungsgabe der menschheit. immerhin gibts ja im spiel, scheint's - wie in der echten welt - verschiedene viren und nicht nur böseböse hiven...  
heinrich: zu dieters bedenken: fatalistisch scheint mir das eher nicht, vielleicht - s.o. - etwas heftig schwarzweiß. und nur, weil die heutigen therapien jetzt (glücklicherweise) freundlichere lebensdauer und -qualität ermöglichen, ist mit dem durchkommen eines jeden virus - soweit er sich im organismus etablieren kann - irgendein spiel zunächst aus, und sei es "nur" das spiel mit der leichtfertigen ignoranz möglicher (geschlechts-)krankheiten durch sexuelle betätigung. das ist nicht schön, aber scheinbar schon genau so. ich bin aber nicht wissentlich hiv-positiv (gehe aber davon aus, dass es das gibt), vielleicht habe ich daher ein dickeres fell...  
Commander Spatz: hy skat-heinrich, oder dann doch nicht? Du hast soviel zu sagen hast, magst Du nicht eine Weltdarstellung deinerseits in der nächsten etuxx-Ausgabe abgeben, oder gar mal zu einer Red.-sitzung kommen, wir besuchen Dich auch. Titel deiner Zeilen "HH-Häufchenheinrich" (Ps: meine Angebote waren ernst)  commander_spatz@etuxx.com
heinrich: wen's interessiert: ich habe commander spatz fürs erste einen korb gegeben, damit ich meinen analen gelüsten weiter unorganisiert und pflichtvergessen nachgehen kann... aber ich denk drüber nach - wobei ich soviel zu sagen wohl nun auch nicht habe...  
Freiwillige Spiele-Kontrolle Teil 1: Sehr geehrter Herr Heinrich, leider tragen Ihre Argumente nicht dazu bei, die Bedenken der FSK auszuräumen. Es handelt sich hier um ein Spiel mit der HIV-Problematik, weshalb es eben nicht "schnuppe" ist, "ob hiv nun wirkt oder überhaupt existiert". Auch glauben wir nicht, daß die Realität schwarz weiß ist, wie Sie es behaupten ...  
Freiwillige Spiele-Kontrolle Teil 2: ... Das Spiel allerdings ist es schon. Es fördert auch nicht den zwanglosen Umgang mit dem Kondom oder regt gelangweilte Büroangestellte zu Diskussionen an. Die FSK sieht in dem Spiel keinen Nutzen, sondern im Gegenteil die Förderung niederer Instinkte wie schon beim Moorhuhn-Spiel ausreichend geschehen, nur diesmal auf die HIV-Problematik übetragen und umso schlimmer. Bis zum Eingang besserer Argumente bleibts bei der Ablehnung.  
nanü: warum eigentlich muss die kondom-benutzung "subtil ins unterbewusstsein geschoben" werden? (übrigens wäre eine analyse dieser metapher auch eine höchst reizvolle beschäftigung...) das ist doch eine blöde avantgarde-haltung: wir haben die richtige botschaft und müssen sie dem "volk" beibringen. kann eine botschaft, die von vornherein auf dem ausschluss von kranken und infizierten beruht, die richtige sein? und kann überhaupt irgendeine "botschaft", etwas, das man nur noch glauben muss, das richtige sein?  
hbk: ich finde, die braunen Viren mit den den hellbraunen Höckern, die sehen aus wie Schokolade mit ganzen Haselnüssen. ;-)  
Freiwillige Spiele-Kontrolle: Wehrter oder wehrte nanü! Natürlich geht es hier nicht um "Botschaften" im klassisch religiösen Sinn, eher um Manipulation, Konsens und die Hinterfragung derselben. Die Freiwillige Spiele Kontrolle setzt sich deshalb mit dem Phänomen des Spielens (genauer: des spielerischen Umgangs mit Realität) auseinander. Ähnlich wie ein Film ist auch das Spiel eine Abbildung von Realität auf mehreren Ebenen des Bewußtseins. Gerade darin ist es auch realitätsgestaltend, weshalb ein kritischer Umgang damit schon Sinn macht.  
heinrich: was wäre denn also ein akzeptables, akzeptable resp. erwünschte realität gestaltendes spiel? und wäre das nicht ebenso hybride manipulation? (und konsensbedürftig in mindestens einer sendungsbewußten gruppe?) ich finde ja kritischen umgang auch immer gut, mehr als nötig, womöglich - aber was soll ich denn nu spielen, fsk-prädikat-verdächtig? monopoly ist kpitalistisch-bäh, risiko ist militaristisch-bäh, hau-den-lukas ist gewaltverherrlichend-bäh und spiel des lebens heteroreaktionär-bäh... dann schon lieber auf schokolade mit ganzen haselnüssen abspritzen!  
edith: das spiel mag witzig sein, hab ich noch nich probiert, aber es hascht eben einen sehr problematischen effekt (wenn durch, dann aus) - wozu sollen wir AIDS aids schreiben, wenn ansonsten anything goes? vielen hiv-positiven wird es egal sein, aber die, die sich von "wenn hiv, dann aus" heute noch unangenehm berührt fühlen, werden gerade die sein, die sich weniger zur wehr setzen können und denen die "positive" grundstimmung nicht so liegt. ich weiß nicht, ob ein spiel so differenziert damit umgehen kann, aber strukturelle prävention sollte solche ansprüche stellen, oder nicht? nur daran kann die realität wachsen.  
dieter: wie wäre es also mit einem spiel "wenn das virus durchkommt, geht das leben mit hiv weiter" ?! hab ich eine lust, cofaktoren der erkrankung, opportunistische infektionen und killerzellen abzuknallen - mann, ey, da kommt in mir der rambo-reagan-dabbeljubush durch, daß es nur so kracht. aber das wollen wir lieber nicht problematisieren, gell ? anything goes ...  
Freiwillige Spiele-Kontrolle: Lieber heinrich, was heißt denn "fsk-prädikat-verdächtig"? Die Freiwillige Spiele-Kontrolle will weder Prädikate verleihen, noch Zensur ausüben; sie lehnt nur ab oder nimmt an, sie empfiehlt nicht einmal. Spielen Sie doch was Sie wollen! Kritisches Reflektieren hat noch kein Spiel verdorben.  
heinrich: lieber dieter, es hat doch aber keiner im/zum spiel gesagt, dass, wenn ein virus durchkäme, das LEBEN nicht weiterginge, es wird gesagt, dass dann das SPIEL aus ist. das spiel, nicht das leben. (oder hab ich was übersehen?) das leben geht mit hiv weiter, auch wenn das spiel schon lange aus ist - und manchmal geht es eben vielleicht nicht ganz so lange weiter. deswegen wahrscheinlich der subtile und spielerisch verpackte hinweis, dass das spielen miteinander mit kondom langfristiger andauern kann... und, liebe fsk: ihren letzten satz unterschreibe ich gerne auch!  
dieter: lieber heinrich, das klingt nach meiner mutter, die bei besonders brutalen sequenzen im tv zur beruhigung ihrer kinder sagte, der/die schauspielerIn hole sich doch anschließend die gage ab ... das spiel als metapher für das leben? frag doch junge leute, die vermutliche zielgruppe, welche assoziation es bei ihnen auslöst, wenn das virus durchkommt, wenn das spiel aus ist? warum ist denn das spiel dann aus? weil dann die pillen geschluckt werden und alles gut wird? nein, die unausgesprochene botschaft lautet doch, dann sei alles aus - fatal, denn wozu dann noch die prävention? altruismus? kluge sätze wie den letzten unterschreibe ich natürlich auch gern!  
heinrich: neinnein, ich meinte: das eine ist das leben, das andere ein spiel. ich finde, dass das trotz ballerlogik immer noch klar wird. also nicht: spiel als metapher für das leben, das siehst doch eher du so: wenn das spiel aus ist, dann denkst du an das leben, das ausgemeint sein könnte - ich empfinde das hier nicht so, diese unausgesprochene botschaft entsteht in mir nicht. nun bin ich vielleicht so jung auch nicht mehr, aber wenn so ein ballerspiel aus ist, ist das ballerspiel aus.  
heinrich: und die botschaft, die ich mitnehme ist: beim nächsten fick könnte der gedankenlose spaß (das spiel!) ohne schutz eben auch schnell vorbei sein, was bleibt, ist dann das weniger spaßige leben mit irgendeiner krankheit (wie lang andauernd auch immer). und das ist von hiv ganz unabhängig, es könnte doch auch hepatitis oder syphilis oder tripper sein, erstmal ist doch mit einer infektion ein bestimmter unbeschwerter zustand vorbei und man kanns meist nicht ignorieren. dieses spiel/dieser teil des spiels ist dann aus. so besser verständlich?  
nanü: heinrich, verständlich aber nicht zufrieden stellend. aids wird zu oft reduziert auf einen einzigen (biomedizinischen) faktor: hiv. meinst du im ernst, das ist okay? einige beispiele für was dabei aus dem blick gerät: es gibt andere gründe, kein kondom zu benutzen, als nur den, nicht genügend konditioniert zu sein. was ist mit verinnerlichter schuld, was mit 'wild und gefährlich leben', was mit totaler ekstase im sex... -- egal, ob man jeweils was dagegen oder dafür hat, davon ist nicht mehr die rede, wenn es nur noch um den virus geht. außerdem bleibt die einteilung in gesund/krank und die ist hierarchisiert über "wer krank ist, ist selbst schuld".  
willi: Das Spiel habe ich mir noch nicht angesehen - ich warte denn auf die nächste Variante die da heisst "Catch the Gay" oder "Catch the POZ" - von "Catch the Smoker" sind wir ja derzeit (damke dem politischen Sommerloch) auch nicht all zu weit entfernt...