Freiheit und Geld
leider ist es so: geld regiert die welt! und deshalb stehen "richtige" wie "falsche" transsexuelle vor dem dilemma, bittsteller/innen bei krankenkassen oder -versicherungen und gerichten zu sein. die knete, sich hormontherapie und operationen zu kaufen, haben die wenigsten. aber die krankenkassen und -versicherungen sind neben sozialen vor allem betriebswirtschaftlichen kriterien und "öffentlicher kontrolle" unterworfen. sie sind angehalten, "unnötige ausgaben" zu vermeiden. und NUR deshalb sind diese vielen medizinischen und psychologischen gutachten notwendig, weil dauerndes hin- und heroperieren zuviel kostet und weil eigentlich schon die eine transition die mitversicherten und die gewinnerwartungen "über gebühr" belastet.

und ansonsten hat das recht auf den eigenen körper und die freiheit der/des einzelnen zu gelten. ich sehe es so: wer, reflektiert oder unreflektiert, seinen körper verändern lassen will, der soll das tun dürfen. und diese freiheit bedeutet ebenso, verantwortung für sich selbst zu übernehmen.
wer, gelinge gesprochen, zu dämlich ist, sich die sozialen, körperlichen und psychischen folgen auszumalen, wer dies nur macht, um sich interessant zu machen und talkshow-gast sein zu können, aus einer stimmung heraus oder so, die/der hat, verdammt noch mal, genauso das recht auf seine eigenen fehler! (sie/er sollte später aber auch niemandem die ohren volljammern.)
das finanzielle dilemma existiert, ich kann den frust vieler tansen gegenüber diesen schillernd bunten talkshow-gästen verstehen, die "das verständnis" der gesellschaft gegenüber transsexuellen "gefährden". aber sorry, ich habe trotzdem nicht das bedürfnis, die intelligenz von leuten zu prüfen - auch nicht "zum schutz derer vor sich selbst"! jemandem den ratschlag zu geben, es nicht durchzuziehen, ist okay. es jemandem zu verbieten ist "vormundschaftlicher staat"!

transsexualität und fetischismus

auch ich gehe davon aus, daß es fetischist/inn/en gibt, die nicht transsexuell sind, sich aber dafür halten. aber, ich kann sie dafür weder moralisch verurteilen noch beschimpfen. leider kann man seinen körper nicht so einfach an- und ausziehen.
ich bin zu der überzeugung gelangt: die transition von nicht-transsexuellen untscheidet sich NUR in den entstehenden kosten von der wahl der tatowierung, über die man sich nach 3-4 jahren ärgert. doch niemand käme auf die idee, vor einer tätowierung ein psychologisches gutachten anzufordern. -- von Kolja
Yo
New C.: Das Tattoo zahlt man selbst, bei Missfallen: Pech gehabt, selber Schuld. Die O.P.s dagegen sind teuer + falls das Ergebnis korrigiert werden muss, sagen Kassen, Mitglieder, PolitikerInnen: Unser Geld umsonst ausgegeben. -- Also: einzelne gewinnen Freiheit, "alle" zahlen dafür. Ich finde das richtig + gut so. Aber viele werden das anders sehen...  
H.v.K.: Was bitte schön sind Fetischist/inn/en, die nicht transsexuell sind, sich aber dafür halten, Kolja? Kann Transsexualität gemessen werden, Kolja? Gibt es simulierende Transen, Kolja?  
Brenda: ich sehe das problem ganz woanders: wer seine geschlechtsumwandlung von einer krankenkasse bezahlt haben möchte, erklärt sich damit als krank und therapiebedürftig. drin liegt der unterschied zum tatoo. und dieses kranksein, dieses leiden, muss mensch sich dann auch noch von einem psycho-doc bestätigen lassen. und wer entscheidet, was die adäquate therapie ist? der/die betroffene? die krankenkassen? das bundesministerium für gesundheit? in den wenigsten bereichen der medizinischen versorgung kann der/die patient/in selbst entscheiden, welche "therapie" er/sie wählen möchte. darin liegt doch das übergeordnete problem!  
kolja: H.v.B.: dass es auch simulierende transen gibt, dass kann ich zwar nicht ausschliessen, finde es aber auch nicht wert, es zu diskutieren. und messbar ist das freilich nicht. aber dass es mir nicht darum geht, eine messmethode zu entwickeln, das hast du hoffentlich gelesen. ich gehe aber davon aus, dass es leute gibt, die ausschließlich körperlich vom anderen geschlecht fasziniert sínd und nach einer transition stärkere psychische probleme haben würde als vorher.  
kolja: Brenda: das übergeordnete problem liegt darin, dass es geld kostet.  
Brenda: das ist mir jetzt zu billig, deine argumentation. fast alles kostet geld. das ist nicht spezifisch. klar, der kapitalismus ist IMMER das uebergeordnete problem. aber das ist hier nicht die diskussion.  
kolja: doch, der artikel heisst "freiheit oder geld".  
Tippse: Sorry, Kolja, für den Abtippfehler!  
H.v.K.: Was heißt außschließlich körperlich vom anderen Geschlecht angezogen zu sein? Ich glaube so etwas gibt es nicht. Ich finde dein Text behauptet, es gebe etwas Wesentliches, an dem das Transensein hängt, und das dann auch berechtigen soll das "eigentliche "Geschlecht zu wählen. Kolja, so was gibt es nicht. Es gibt nur die Wahrnehmung von sich selbst. Da ist Körper von Geist nicht getrennt. Das ganze hängt natürlich auch mit den Bildern und Möglichkeiten zusammen, die uns unsere Umwelt anbietet. Wir wählen Überlebensstrategien. Ich finde zwischen richtig und falsch zu unterscheiden diskriminierend.  
H.v.K.: Ich finde auch, daß es abwertend ist, wie Du "Fetisch" als ein unvollkommenes Begehren darstellst.  
kolja: Tippse: bist du in der PDS? oder weshalb entschuldigst du dich? weil ich "oder" statt "und" geschrieben habe?  
kolja: H.v.K.: im gegenteil. es geht nicht darum, fetischismus als etwas unvollkommenes dazustellen, sondern darum, die aktuelle begutachtungspraxis für unnötig zu erklären. nach den icd 10 und den socs sind gutachter/innen aufgefordert, fetischismus auszuschließen. und allerdings ist transsexualismus (wiederum nicht durch mich) eben über körperlichkeit hinaus auch durch soziales unbehagen definiert.  
H.v.K.: Bleibt noch immer Dein Satz Kolja" Auch ich gehe davon aus, daß es fetischistinnen gibt, die nicht transsexuell sind, sich aber dafür halten. Mir geht es um das Wörtchen sind. Wo liegt für Dich der Unterschied? Vielleicht habe ich Dich nur falsch verstanden.  
kolja: Es meint nix weiter als die Annahme, dass es Leute gibt, die die Entscheidung zu einer Transistion hinterher bereuen. PUNKT. Alles weitere ist Wortklauberei.  
new c: kolja, brenda hat recht -- geld und medizinalisierung gehören zusammen. wer bezahlt die umwandlung, wenn es keine krankenkasse tut. ergo muss es für immer eine krankheit bleiben, außer uns fällt eine andere möglichkeit ein.  
H.v.K.: Hey, es gibt ja verschiedene Krankeiten. Nicht alle sind stigmatisiert. Wenn ich mir die Mandeln rausnehmen lasse, dann fühl ich mich doch vorher nicht fehlerhaft. Ich lass einfach einen Spezialisten ran, der das besser kann, als irgend ein Kurfuscher. Deshalb wird es immer was kosten.  
Brenda: und du willst im ernst transsexualität als krankheit wie eitrige tonsillitis? verstehe ich dich da richtig?  
H.v.K.: Nein, verstehst mich nicht richtig. Ich will nur dem einen überflüssigen Körperteil nicht mehr Wichtigkeit beimessen als dem anderen. Transsexualität ist noch was ganz anderes und liegt davor und dahinter. Aber unser gespanntes Verhältnis zu Krankheit kommt von unser Ohnmacht angesichts von Leuten, die an unserm Körper Veränderungen vornehmen oder?  
Brenda: Das ist mir jetzt zu pauschal. Wegen "Krankheiten" bin ich nicht immer mit Leuten konfrontiert, die an meinem Körper Veränderungen vornehmen. Nur mit manchen Krankheiten. Manchmal werden Bakterien gekillt, manchmal wird meine Psyche auf den Kopf gestellt, je nachdem mit welcher "Krankheit" ich mich in ärztliche Behandlung begebe...  
Brenda: Der Mensch aus dem Tattoo-Studie hingegen nimmt an meinem Körper veränderungen vor, ohne dass ich krank bin. Und das ist auch gut so. Ich weiss nicht, ob und wie ich Transsexualität definieren will, ich weiss nicht, ob der Begriff von Transsexualität erst durch einen chirurgischen oder pharmakologischen Eingriff entsteht oder ob schon der Wunsch, ein anderes Geschlecht zu haben, meine Transsexualität bestimmt. Solche Einordnungen sind - wenn mensch sie denn unbedingt vornehmen möchte - äusserst schwierig.  
Brenda: Aber egal WIE ich es definiere, es besteht ein Unterschied, ob ich mit meinem Körper selbstgewählt in ein "Studio" gehe, wo jemand tätig wird - als Mischung aus Handwerkerin und Künstler (oder umgekehrt) - oder ob ich mir einen ärztlichen Eingriff wünsche, finanziert über eine öffentliche (oder schlimmstenfalls auch private) Krankenversicherung.  
Brenda: Wer die öffentliche Zahlung solcher Eingriffe aus KRANKENkassen fordert, impliziert automatisch immer auch die medizinische Indikation. Die stellt in diesem Fall natürlich der/die psychiatrisch/psychologisch tätige ÄrztIn. Wer sonst? Etwa der/die PatientIn selbst? Und wäre das dann in allen anderen Bereichen von Krankheit auch so?  
H.v.K.: In Amiland gehen die Leute viel häufiger zum Therapeuten, der "die Psyche auf den Kopf stellt" als hier. Der Unterschied: sie zahlen es auch häufiger selbst. Der zweite Unterschied: bei Selbstzahlern ist die Erfolgsquote höher. Geld heilt mit. Provozierende Frage: Wenn die OP was kostet: sind dann vielleicht die wenigen, die sich das dann leisten können zufriedener mit ihrer Umwandlung? Sie haben ja schließlich ein ganz shönes Opfer gebracht und sich was geleistet. Tatoos sind übrigens auch umso schicker, je großer und aufwendiger und damit teurer sie sind.  
H.v.K.: Ich glaube wirklich Trassexualität ist noh jenseits davon. Eine individuelle Sache, die aber nicht unabhängig davon ist, was die Gesellschaft so vogiebt, an Konzepten (von Geschlecht, Verhalten u.s.w.) und von Möglichkeiten (Gesetze, Akzeptanz u.s.w.).  
H.v.K.: Ich will gar nicht zwischen Krankenkasse oder selbstbezahlt entscheiden müssen. Aber der Druck des Geldes ist noch ein wenig schlimmer, als der einer "medizinischen Notwendigkeit".  
Kolja: Okay, ich bin wohl viel zu sehr aus der DDR, als dass ich es normal finde, das man OPs selbst bezahlen sollte... Aber ich denke, und das war Sinn des Statements, dass diese ganze Begutachtungskacke nur dafür da ist, Krankenkassen möglichst Kosten zu ersparen. Und genau das stinkt mich an. Es geht nicht darum, abzuklären, ob man sich anschließend wirklich wohler fühlt, besser zurecht kommt... Und darüber, ob und warum es gut ist, das die OPs bei Indikation gezahlt werden müssen, darüber hab ich gar keine Lust zu diskutieren, weil mir das sowieso klar ist. Aber dadurch entsteht eben genau diese Unfreiheit in der Entscheidung.  
H.v.K.: Kapitalismus eben. Da gibt es nur Freiheit in der Entscheidung wenn Du Unternehmerin bist oder Konsumentin mit Kohle. Aber Du wohnst doch nu schon über 10 Jahre in der BRD Kolja.  
Kolja: Deshalb muß ich nicht alles an der BRD Okay finden. Und vor allem guck ich trotzdem den Phänomenen auf den okonomischen Grund. :-)  
H.v.K.: Ich hab da 'nen Problem: Wie ist das zum Beispiel mit Abtreibungen? Ist das vergleichbar? Soll das auch kein Arzt machen? Und wer soll das bezahlen? Die Schwangere etwa?  
Brenda: Schätzken, die gültige Gesetzgebung ist tatsächlich derart, dass Schwangere in der Regel ihre Abtreibungen selbst bezahlen. Ausser die Schwangerschaft gefährdet ihr eigenes Leben; sie ist aufgrund einer Vergewaltigung schwanger oder das Kind hat eine Behinderung. Sic! Genau so beschissen ist das...  
Brenda: Und wer hat denn überhaupt gesagt, dass Geschlechtsumwandlungen NICHT von ÄrztInnen vorgenommen werden (sollen)? Wir haben doch hier überhaupt nicht darüber diskutiert, wer die Eingriffe vornimmt (vor allem die chirurgischen), sondern wer die Kostenverantwortung bzw. die Entscheidungshoheit hat. Das ist doch eine ganz andere Diskussion!  
nu!c: kennt ihr eigentlich den tgg-entwurf? hab ihn eben (im sonntagsclub) kennengelernt + bin überhaupt nicht begeistert. schreibt zweigeschlechtlichkeit fest (man muss sich dem 'anderen' geschlecht merklich angleichen -- aber wie soll das gemessen werden?) und ersetzt drei gutachten durch anderthalb. außerdem ein ganz und gar schwammiger versuch, das "problem" zu lösen das "die gesellschaft" mit intersexualität hat: immer soll alles schön kohärent sein. aber da macht der entwurf nicht viel anders. wenn er realisiert wird, ist es fast vom regen in die traufe.  
Schreibt die Zeit / haarsträubend: Anders als man früher glaubte, sind Kinder bei der Geburt kein weißes Blatt, was ihre geschlechtliche Identität angeht. Die alte feministische These "Mädchen und Jungen werden gemacht und nicht geboren" ist falsch. Schon vor der Geburt wirken Hormone im Mutterleib auf das Gehirn des Fötus und prägen die Identität als Junge oder Mädchen. Das haben Studien mit intersexuellen Patientinnen bewiesen. Obwohl die Eltern sie konsequent als Mädchen erziehen, spielen viele von ihnen lieber mit Autos und Legos statt mit Puppen. Häufig haben sie eher Jungen als Mädchen zu Freunden.  
Hier der Link: Oh!  Intersexualität
Kolja: Hi nu!c, ich war gestern auch dort (Dresdner "Bastard"). Ich habe mich wenig um die Projektgruppe gekümmert. Die waren mir einfach zu lieb! Und es ist nicht optimal, was da rausgekommen ist. Es gibt einige gute Punkte: Namensänderung im Standesamt (nicht mehr vor Gericht), Verringerung der Anzahl der Gutachten... Vor Willkür (bei Gerichten und Krankenkassen) schützt es nicht und das ist doch eigentlich das Hauptproblem. Und: Amtsrichtern wird direkt die Definitionsgewalt übertragen, wie das "Erscheinungsbild" von Geschlechtern zu sein hat.  
nu!c: hej, kolja, warst du das mit den vielen genauen kritikpunkten? das hat mir ja sehr aus der seele geredet... :o) und c.schenks sachen gefielen mir auch. ärgerlich fand ich u.a., dass miriam die hürden "nicht zu niedrig" wünscht. (und sie ist ja nur eine von vielen), das will mein kopf nicht verstehen.  
Kolja: nu!c, ja mit §§-Aufzählung und Zitaten und so, das erste Statement vom Dresdner Tisch. Und wer bist Du? ;-) Ich finde Christina ja sowieso genial, generell ist alles immer total logisch und konsequent überlegt.  
Kolja: Ich habe den Eindruck, das Transen, die hohe Hürden fordern, dies einfach aus Angst davor formulieren, dass sie sonst in ihren Wünschen nicht ernst genommen werden. Eben immer dieses Festlegen von "richtigen" und "falschen" Transen. Finde ich gruslig, bevormundend usw. Mein Artikel hier ist ja auch ein Reaktion auf solche Debatten in Mailinglisten oder Leserbriefen.  
nu!c: kolja, ja, in der einteilung richtig/falsch liegt das problem. richtig ist eigentlich immer nur man selbst. oder jedenfalls muss es falsche geben, damit man selbst "richtig" ist. was kann man da machen? warum gibt es eigentlich kein gefühl dafür, dass es für andere schwerer wird + dass das ja wohl blöd ist? also solidarität oder freundschaft oder so? (die fehlen aber natürlich an den verschiedensten stellen...)  
nu!c: an dem abend im s.c. habe ich mich vor allem über den realpolitischen ansatz des entwurfs geärgert: es ging da um das "machbare" und darunter wird immer nur das verstanden, was in der gegenwärtigen logik hängen bleibt. als wäre nichts machbar, was für die zukunft mal eine bessere ausgangssituation herstellt. -- wäre es nicht z.b. 'machbar', eine diskussion darüber zu beginnen, warum gutachten überhaupt nötig sein sollen?  
nu!c: am meisten ärgert mich ja an real(lobby)politikerinnen ihr ewiger vorauseilender gehorsam. einen gesetzentwurf von vornherein schwammig zu schreiben ist doch idiotisch. ist doch besser mehr zu fordern, als wahrscheinlich rauskommen kann, damit für kompromisse platz bleibt. (das haben sogar die gelben gewerkschaften begriffen.) sonst besteht das ergebnis nur im klopfen auf die eigene schulter: "wenigstens haben wir was angestoßen..." -- ätzend.  
Kolja: ja, sehe ich auch so!