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Wahrscheinlich falsch geparkt II    ( Teil I)
Baella van Baden-Babelsberg immer noch im Gespräch mit SHEva alias Alex


Baella: Z.B. dass sie zuletzt als angehende Medizinerin ihr Praktikum in einer Arztpraxis absolvierte.

Alex: Ich bin dort als Frau angekommen, war aber als Mann angekündigt. Da wurde ich gleich gefragt, wie ich es denn lieber hätte. Das war allerdings eine schwule Praxis, die ich mir auch deswegen ausgesucht hatte.

Baella: Und die Patienten? Wie haben die reagiert?

Alex: Von allen Patienten hat mich im Laufe der Zeit nur ein einziger gefragt. Der weiße Kittel stellt schon eine Autorität dar. Sie haben es so hingenommen. Vielleicht haben sie gedacht, dass ich ein bisschen seltsam bin, so mit tiefer Stimme. Aber Ärztinnen sind ja meist eher der sportliche Typ. Damit gehe ich ganz gut durch. Jedenfalls bin ich als Frau bisher immer ernst genommen worden. Was wohl auch daran liegt, dass ich als Frau immer sehr selbstbewusst auftrete und auch auftreten kann. Ich bin nicht die süße Kleine. Wenn ich einen Raum betrete, reagieren die Leute auf mich.

Baella: Du kannst dich auch gut inszenieren, oder?

Alex: Der weiße Kittel hilft auch. Ich mache mir einen Knoten ins Haar und rausche in den Raum. Als ich noch nicht eindeutig war, wurde ich viel öfter blöd angemacht.

Baella: Ich weiß nicht mehr, wie wir drauf kamen, wahrscheinlich war es das Thema "Inszenierung". Als ich zuletzt noch vom o- und atonalen Studio Im Seidenflügel schwärmte, verriet mir SHEva, dass sie zur Zeit in einer viel zu kleinen Wohnung lebt, dafür aber schon seit zwei Jahren glücklich und intim befreundet ist. Da konnte ich leider nicht mithalten.

Alex: Er ist schwul und hat alle Fasen zusammen mit mir erlebt. Er hat mir einen großen Teil der Angst, die ich vor dem Verlassenwerden hatte, genommen. In der Schwulen-Szene ist es ja sehr schwer, jemanden zu finden, wenn man weiblich erscheint. Er steht zu mir und hat dadurch auch bewirkt, dass ich viele Schritte schneller machen konnte.

Baella: Aber wenn er schwul ist und du immer mehr zu einer Frau avancierst, könnte es irgendwann doch Probleme geben?

Alex: Ich habe ihn schon mal gefragt, ob er sich inzwischen nicht einen Mann suchen will. Aber er will das nicht, wobei wir auch eine offene Beziehung führen. Er lässt mir damit die Freiheit zu experimentieren, wie ich auf Hetero-Männer wirke.

Baella: Apropos Wirkung auf Hetero-Männer: Wie wirkst du denn auf deinen Vater?

Alex: Meine Eltern? Oh weh, die kamen schon mit meinem Schwulsein nicht zurecht. Inzwischen wissen sie, dass ich als Frau in Berlin lebe, wollen das aber nicht so gern hören. Demnächst muss ich ihnen sagen, dass ich Hormone nehme, weil ich irgendwann auch ein Statement zu meiner sichtbaren Veränderung abgegeben muss. Sie machen sich Sorgen. Es wird sehr schwer werden, das zu akzeptieren. Sie leben nach wie vor auf dem Dorf, kennen die Großstadt nicht und haben natürlich überhaupt keinen Kontakt zu transidentischen Menschen, um sie besser kennen zu lernen. Für sie ist das, was ich mache, sehr, sehr extrem.

Baella: Warst du so etwas wie ein Nesthäkchen?

Alex: Ich war ein Wunschkind. Nach ewigen Wünschen bin ich dann in Erscheinung getreten. Als Frühgeburt. Von daher bin ich sehr behütet aufgewachsen, was es mir schwer macht, mein Ding durchzuziehen und ihnen es nicht gerade leicht macht loszulassen. Sie fragen dann auch mal: erklär doch mal, was macht denn die Frau in dir aus, aber ich kann das nicht erklären, ich fühl das so, ich kann das nicht auf eine sachliche Ebene bringen. Eine Frau zu sein, macht ja so vieles aus.

Baella: Diesen Satz fühlte ich mich bemüßigt, noch einmal zu wiederholen. "Eine Frau zu sein, macht ja so vieles aus". Und als hätte diese Wiederholung mich aus einem Traum gerissen, fiel mir sogleich siedend heiß ein, dass ich ja Irmgard Knef besuchen wollte.