SCHWULE UND HIPHOP.
Debatten haben keinen Flow.

Ende Dezember stellte jemand auf "etuxx-Aktuell" einen Hinweis zur Diskussion üer Schwulenfeindlichkeit im deutschsprachigen HipHop, die auf den Internet-Seiten des Österreichischen Rundfunks lief. Wenn man im Netz in die "entgegengesetzte Richtung" recherchiert, also herauszufinden versucht, wie und wo HipHop und Homosexualität wohl auch "zusammengehen", stößt man neben dem schwullesbischen Netzwerk "RainbowFlava" von der us-amerikanischen Westküste auf die Gruppe "Schönheitsfehler" aus Wien.

Deren Texte bewiesen, so heißt es, dass auch HipHop schwul sein könne. Als Beleg dafür dienen verstreute, verborgene Zeilen wie: "Bist du schwul? Vielleicht, kann sein..." oder: "Ja, wir haben Sex, egal ob mit nem Mann oder mit ner Frau...". Das klingt ziemlich "unfunky" und ist es auch; die musikalischen und lyrischen Qualitäten von "Schönheitsfehler" bleiben in bescheidenem Rahmen. Allein: dass es sie gibt und dass sie HipHop-Veranstaltungen in schwulen Clubs machen, ist bemerkenswert.

Bemerkenswert scheint mir auch das Vertrauen vieler Leute, die sich in der ORF-Debatte ernsthaft mit der Problematik auseinandersetzten, in die Aufgeklärtheit, die "Erwachsenheit", die "Selbstreinigungskraft" der HipHop-Szene. "Homosexuelle", so schreibt etwa Juicey, "sind keine kleinen Hosenscheisser, die gleich in Deckung gehen, wenn jemand mit Papierkugeln schießt. ... Diese 'Künstler' wissen einfach nicht, wovon sie reden; deshalb können sie auch nicht ernstgenommen werden." Und Snaida: "Innerhalb der HipHopHeadz kommen so lasche 'Ich-bin-cool-Du-bist-schwul'-Texte eh nicht an."

Powiee stellte die Frage: "Kann man 'schwul' als sozusagen wertfreien Kraftausdruck gebrauchen?", woraufhin Suckdog zu dem Schluss kommt: "Schwarze untereinander dürfen sich 'Nigga' nennen, aber wenn du als Weißer einen Schwarzen 'Nigger' nennst, bekommst du auf's Maul, und zwar zu Recht. Genauso ist es bei den Schwulen."

Wenn man diese Diskussion mit denen in den USA über HipHop und Homosexualität vergleicht, könnte man sich glüklich schätzen, im alten Europa zu Hause zu sein. Der bemerkenswerteste Text, den ich im Internet dazu gefunden habe ("Confession Of A Gay Rapper" by Jamal X), zeugt von Verbiegungen und Verklemmungen, die doch hoffentlich hinter uns liegen: "I believe that a man is made for a woman and a woman is made for a man, but only a man knows what a man needs and feels. Only a man can satisfy another man. ... There are a lot of brothers out there who are real for the public - but behind closed doors...?" Schwule im HipHop haben das offenbar noch immer vor sich: Come out of the closets!

 

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